Sieben Fragen an Judith Voelker

Das Foto zeigt Judith Voelker. Foto: ZDF / © Gebrüder Beetz Filmproduktion/Tom Stöckl

Viele Gerüchte ranken sich um die Kaufmannsfamilie der Medici, „eine der berühmtesten Familien der Welt“, sie haben vorrangig mit Macht zu tun und mit Mord. In einem großen Forschungsprojekt wurde mit neuesten wissenschaftlichen Methoden das Florentiner Familiengrab der Medici untersucht und den Gerüchten um Mord mit Mitteln der Forensik nachgegangen. Ein Filmteam begleitete die Untersuchungen an den sterblichen Überresten von mehreren Mitgliedern der Familie im Rahmen einer Ausstellungsvorbereitung. Zu Wort kamen Historiker, Rechtsmediziner und Bioarchäologen. Das Doku-Drama wurde von der „Gebrueder Beetz Filmproduktion“ realisiert, Regie führte Judith Voelker, das Buch stammt von ihr und Alexander Hogh. Der Film „Mord im Hause Medici“ wird in Erstausstrahlung auf arte am 16.02.2013 um 20.15 Uhr zu sehen sein und in einer gekürzten Fassung am 24.02.2013 in der Reihe „Terra X“ des ZDF um 19.30 Uhr.

In den Reiss-Engelhorn-Museen wird vom 17.02. bis zum 28.07.2013 die Ausstellung „Die Medici – Menschen, Macht und Leidenschaft“ gezeigt. Deshalb wurde hier am Valentinstag des Jahres 2013 Teil I des Films als Preview vorgeführt, im Mittelpunkt steht dabei Isabella de Medici, die schöne und kluge Tochter von Cosimo I de Medici. Hochgebildet war sie, den Künsten und der Musik zugewandt. Anstelle der verstorbenen Mutter war sie die Erste Frau an der Seite ihres Vaters, „First Lady“ würde es heute wohl heißen. Isabella lebte zur Zeit der Renaissance. Die Epoche des großen Umbruchs in Europa gestaltete sich prachtvoll für die Medici. Isabella leistete sich für die damalige Zeit einiges an Freiheiten. Doch genau diese Freiheiten wurden der faszinierenden Frau zum Verhängnis in einer von Männern dominierten Welt. Als „Stern am Hof der Medici“ aber auch als Freigeist wurde die Ausnahmefrau gerühmt. Neben Bewunderung weckte sie Neid und Missgunst, vor allem bei ihren machtbesessenen und intriganten Brüdern. Ihr Leben und ihr gewaltsamer Tod bieten reichlich Stoff für einen historischen Krimi.

Drehbuchautorin und Regisseurin Judith Voelker war bei der Preview anwesend und beantwortete im Anschluss daran für Kriminetz sieben Fragen.

Kriminetz: Was ist, einige Jahrhunderte nach der Glanzzeit der Medici, immer noch derart faszinierend an dieser Familie?

Judith Voelker: Sex and Crime würde ich sagen. Das man in dieser Familie eigentlich in fast allen Generationen über Leichen gegangen ist. Und man wenig Skrupel hatte, unliebsame Gegner, sei es Verwandtschaft oder politische Gegner, aus dem Weg zu räumen. Aber eben auch, dass man innerhalb der eigenen Familie sich durchgesetzt hat. Und dass die eine oder andere Liebschaft vielleicht dem Ganzen zum Opfer gefallen ist.

Kriminetz: War es leicht, von den heutigen Medici das Einverständnis zu diesen Untersuchungen zu bekommen? Es wurden ja die Gräber geöffnet und die Körper untersucht. Waren die sofort einverstanden?

Judith Voelker: Grundsätzlich gab da es ein relativ breites Einverständnis, das zu machen, wenn auch nicht jeder das gut fand. Das Einverständnis zu geben, zu sagen, die Wissenschaft darf die Gräber untersuchen, ist eben nicht identisch damit, dass die Leute das auch immer persönlich unterstützenswert fanden. Es gab schon auch Familienmitglieder, die sagten, jetzt lasst doch mal bitte die Toten ruhen. Was interessiert uns das, was vor 500 Jahren passiert ist und die Medici haben soviel getan für unsere Stadt und für unser Land, da muss man doch jetzt nicht in alten Geschichten herumwühlen Was aber insgesamt dem nicht im Wege stand, im Namen der Wissenschaft die Gräber zu öffnen.

Kriminetz: Wieviele Körper wurden untersucht und an wie vielen konnten mit Methoden der modernen Forensik tatsächlich Morde nachgewiesen werden?

Judith Voelker: Insgesamt waren es 49 Gräber, die im Laufe der Zeit geöffnet wurden. An wie vielen Körpern man nun mit forensischen Methoden einen Mord nachweisen konnte, weiß ich nicht genau, aber es gibt definitiv drei bis vier Körper, an denen tatsächlich nachgewiesen werden konnte, dass sie nicht eines natürlichen Todes gestorben sondern dass sie eben anders ums Leben gekommen sind.

Kriminetz: In San Lorenzo gibt es auch anonyme Gräber. Konnte diesen anonymen Gräbern ihr Geheimnis entrissen werden?

Judith Voelker: Ja, einigen. Unter anderem Isabella de Medici, die der Stern von Florenz war, wie sie genannt wurde. Eine extrem selbstbewusste, gut aussehende und gebildete Frau, die sicherlich sehr ungewöhnlich war für ihre Zeit. Die hat man jetzt identifizieren können. Bei den anderen ist man noch dran, und da hoffen wir, dass wir vielleicht in einigen Monaten auch Ergebnisse haben.

Kriminetz: Weshalb wollten Sie ausgerechnet Isabella de Medici aus der Vergessenheit befreien? Der Film, der eben gezeigt wurde, handelt ja hauptsächlich von ihr. Was hat Sie an dieser Person so begeistert?

Judith Voelker: Was mich an Isabella so fasziniert hat ist, dass sie wirklich ihrer Zeit voraus war. Dass sie es sich geleistet hat, sich einen Liebhaber zu nehmen, das ist für diese Zeit sehr ungewöhnlich. Das hat es sicher hier und da mal gegeben, aber dass eine Frau aus dem Adel, ich will nicht sagen offiziell, aber so dass es sehr viele wussten, eine Liebschaft hatte und das nicht nur über zwei Wochen sondern über einen wirklich längeren Zeitraum. Das spricht sehr dafür, dass diese Frau sehr selbstbewusst war und einfach sehr genau wusste, was sie wollte und was sie nicht wollte und sich dabei eben auch den Familienregeln nicht angepasst hat.

Kriminetz: Entmystifiziert der Film die Herrscherfamilie oder bringt er sie heutigen Personen menschlich näher?

Judith Voelker: Ich hoffe, dass der Film uns die Medici näher bringt, weil man eben merkt, das sind auch nur Menschen mit ihren Leidenschaften und mit all ihren Vorteilen und Nachteilen. Vielleicht auch wie Isabella mit ihren Bedürfnissen, die sich nicht diesen Regeln gebeugt hat, sondern die gesagt hat, ich nehme mir einen Liebhaber. Gut, sie ist dem zum Opfer gefallen, das heißt auch nur, dass diejenigen, die sie umgebracht haben, ihr Mann und ihr Bruder, der das quasi unterstützt hat, auch nur Menschen sind mit ihren persönlichen Interessen und Leidenschaften.
Ich hoffe, dass die Medici einem näher kommen, auch wenn das nicht immer alles so toll ist, was die damals gemacht haben.

Kriminetz: Warum haben die sich eigentlich alle gegenseitig umgebracht?

Judith Voelker: Sicherlich zum einen eben auch aus politischen Gründen, die eine Rolle spielten. Da man auch innerhalb der Familie Konkurrenten hatte und da es so etwas wie Neid gab. Im Teil II geht es um einen Bruderzwist, wo der eine Bruder dem anderen seinen Titel und seinen Reichtum und seine Macht neidet. Da sind die ganz klassischen Motive, die in allen Variationen vorkommen. Aber eben auch, um die Familienehre zu retten. Das ist ein Punkt, der, so glaube ich, ganz wichtig ist. Die Familienehre hat damals eine wichtige Rolle gespielt und war sicher in vielen Fällen ein Mordmotiv. Die Familienehre und nicht nur politisches Kalkül.

Vielen Dank, Judith Voelker, für die Beantwortung der Fragen.

Infos zum Film auf der Website der Gebrüder Beetz-Filmproduktionen

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