Mara Lang, Jahrgang 1970, begann in ihrer Jugend zu schreiben, als ihr der Lesestoff ausging, und fand erst viele Jahre später wieder zu ihrer Leidenschaft zurück. Neben ihrer Arbeit als Grundschullehrerin veröffentlichte sie 2012 ihren ersten Fantasyroman bei Knaur. Seither sind mehrere Jugendfantasyromane erschienen und mit RUN 2015 ihr erster Jugendthriller. In ihrem nächsten Roman Girl in Black, der im Sommer bei Ueberreuter erscheinen wird, kombiniert sie Fantasy mit einer ordentlichen Portion Thrill. Mara Lang lebt und arbeitet in Wien.
Für Kriminetz beantwortete Mara Lang sieben Fragen auf der Leipziger Buchmesse 2016.
Kriminetz: Bisher hast Du vor allem Fantasy-Romane veröffentlicht. Wie kam es zu dem Jugend-Thriller „RUN“?
Mara Lang: Ausschlaggebend waren zwei Punkte:
1. Sehr oft bestimmen die Ideen meine Geschichten. Soll heißen: Zuerst kommt mir eine Idee und dann sehe ich zu, in welches Genre sie am besten passt. Bei „RUN“ war es die Idee, eine Datenbrille im Zusammenhang mit einem Verbrechen in den Mittelpunkt zu stellen. Das führte mich zum Thriller.
Danach habe ich mir überlegt, was sich mit einer solchen Brille alles anfangen ließe, was mich auf die Idee eines Spiels brachte. Und damit war auch klar, dass die Hauptfiguren Jugendliche sein müssen, einfach, weil sie sich eher auf eine solche Situation einlassen würden als Erwachsene.
2. Spannung zu erzeugen ist mir bei meinen Geschichten sehr wichtig, egal, in welchem Genre. Als Leser bin ich schnell gelangweilt und beim Schreiben ergeht es mir ähnlich. Mein vorrangiges Ziel – neben interessanten Charakteren und einem stimmigen Plot – ist es, den Leser ans Buch zu fesseln, wobei ja Spannung auf verschiedene Arten erzeugt werden kann. Nicht immer müssen die Figuren in lebensbedrohliche Situationen schlittern. Es reicht auch, den Leser im Ungewissen zu lassen und ihn mit kleinen Info-Häppchen zu füttern, sodass er unbedingt wissen will, wie es weiter geht. Das ist eine Kunst, an der ich hart arbeite und die mir mit jedem neuen Roman ein bisschen besser gelingt. Ich probiere gern Neues aus, also lag es nahe, mal einen reinen Spannungsroman zu schreiben.
Kriminetz: Welches Genre ist schwieriger zu schreiben – Fantasy oder Thriller?
Mara Lang: Mir fällt es schwerer, einen Thriller zu schreiben, weil das Genre an sich meiner Fantasie Grenzen setzt. In der Fantasy muss ich mich nicht zwingend an reale Gesetzmäßigkeiten halten (abhängig natürlich vom Genre der Fantasy – in der High Fantasy habe ich beispielsweise mehr Freiraum als in der Urban Fantasy), im Thriller sehr wohl.
Ich kann nichts erfinden, was es nicht gibt, sondern muss meine Möglichkeiten in der Realität ausloten. Da ich in Bildern denke, könnte man sagen, der Thriller ist für mich farbloser als die Fantasy, und das fühlt sich im Schreibprozess irgendwie einengend an. Während meine Ideen in der Fantasy förmlich explodieren, muss ich sie mir beim Thriller manchmal richtiggehend erarbeiten. Trotzdem hat der Thriller seinen Reiz und ich habe schon einige Ideen für Nachfolgeromane.
Kriminetz: Woher nimmst Du Deine Ideen für Deine Romane, was inspiriert Dich?
Mara Lang: Ideen gibt es wie Sand am Meer. Mich inspirieren Zeitungsartikel oder oft sogar nur Headlines, Infos im Netz, Fotos, Filme, Bücher, Begegnungen mit interessanten Personen und … und … und.
Das Schwierige daran ist nicht, eine Idee zu finden, sondern eine Geschichte daraus zu entwickeln, denn eine Idee allein macht noch keinen Roman. Es gibt Ideen, die ich im ersten Moment genial finde, aber dann doch verwerfen oder für später speichern muss, weil mir dazu momentan einfach nichts oder nicht genug einfällt. Dann wieder kommen mir Ideen in Form von kompletten Geschichten. Da heißt es schnell sein und sie aufschreiben, bevor sie mir wieder entgleiten.
Kriminetz: Erstellst Du von Deinen Figuren bereits im Vorfeld eine Art Biografie oder lässt Du sie sich erst im Laufe der Geschichte entwickeln?
Mara Lang: Teils, teils. Die Hauptfiguren arbeite ich so genau wie möglich aus, Nebenfiguren entwickeln sich oft erst beim Schreiben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich rächt, wenn ich mich vorab nicht intensiv genug mit meinen Figuren beschäftige. Irgendwann komme ich an den Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht und meistens liegt es an ungenügend ausgearbeiteten Figuren. Was bei Nebenfiguren nicht so ins Gewicht fällt, ist bei Hauptfiguren natürlich tödlich. Dann heißt es nacharbeiten, die Vergangenheit der Figur erforschen und nach Konflikten suchen.
Kriminetz: Kann es passieren, dass sich eine Figur, die Du vorher gar nicht im Blick hattest, plötzlich regelrecht in die Geschichte drängt und mitspielen will?
Mara Lang: Ja, das kann schon passieren. Dann überlege ich mir, ob das seine Berechtigung hat und warum ich das beim Plotten der Geschichte nicht in Erwägung gezogen habe. Ergebnis ist dann meist eine coole Nebenfigur, denn da müsste schon viel passieren, dass ich den ganzen Plot umstoße. Was ich aber sehr mag, ist, wenn sämtliche Figuren die Geschichte übernehmen und ich nur noch aufschreiben muss, was sie erleben. Da entwickelt sich beim Schreiben eine gewisse Eigendynamik, und ich warte jedes Mal sehnsüchtig darauf, weil der Spaßfaktor bei aller Arbeit, die das Schreiben erfordert, ab diesem Zeitpunkt überwiegt.
Kriminetz: Fließen auch persönliche Ereignisse/Erlebnisse mit in die Geschichten ein?
Mara Lang: Ich sag mal so: Meine Persönlichkeit oder Teile davon fließen immer in irgendeiner Form ein. Ich schreibe über Dinge, die mich interessieren, bewegen, mir am Herzen liegen oder mich sogar direkt betreffen. Spezielle Erlebnisse oder Ereignisse habe ich bisher aber noch in keine Geschichte eingearbeitet. Da geht es mehr um Emotionen, meine Weltsicht oder Dinge, die mich geprägt haben.
Kriminetz: Arbeitest Du eher strukturiert oder lässt Du Dich beim Schreiben treiben?
Mara Lang: Ich würde mich sehr gern treiben lassen, aber auf diese Weise lassen sich keine Romane an der Verlag bringen oder Deadlines einhalten. Verlage kaufen die Geschichten ja nach einem mehr oder weniger ausführlichen Exposé ein. Insofern bleibt mir gar nichts anderes übrig, als den Plot schon vorher genau auszuarbeiten, und dabei muss ich natürlich strukturiert vorgehen. Im Schreibprozess selbst arbeite ich kontinuierlich, manchmal flotter, manchmal weniger flott, je nach Szene und Abgabetermin. Insgesamt versuche ich, mich nicht zu sehr unter Druck zu setzen, da ich von Haus aus dazu tendiere.
Es gibt Autoren, die sich ein tägliches Schreibziel nach Wort- oder Seitenanzahl setzen, das könnte ich zum Beispiel nicht. Wenn es fließt, ist es gut, wenn nicht, auch kein Drama, dann klappt es am nächsten Tag bestimmt besser. Was ich aber mittlerweile mache, ist, mir fixe Schreibzeiten einzuteilen, die ich größtenteils auch einhalte.
Kriminetz: Vielen Dank, Mara Lang, für die Beantwortung der sieben Fragen!
Mara Lang: Ich bedanke mich ebenfalls für das Interview!