Sieben Fragen an Marlene Bach

Das Foto zeigt die Schriftstellerin Marlene Bach. Foto: © bei der Autorin

Die Schriftstellerin Marlene Bach wuchs nahe der niederländischen Grenze auf. Ihre Studienzeit verbrachte sie in Bonn. Zu dieser Zeit schrieb sie erste Kurzgeschichten. Sie promovierte im Fachbereich Psychologie, veröffentlichte wissenschaftliche Texte und arbeitete als Psychologin in verschiedenen Institutionen.

1997 zog sie aus beruflichen Gründen zusammen mit ihrem Mann nach Heidelberg. Dort verfasste sie 2006 mit Elenas Schweigen ihren ersten Kriminalroman. Mehrere Bände sind seitdem gefolgt. Darüber hinaus schreibt sie weiterhin Kurzgeschichten. Im Jahr 2011 erhielt sie für eine dieser Geschichten den Walter-Kempowski-Literaturpreis.

Marlene Bach ist Mitglied im Syndikat, im Heidelberger Autorennetzwerk und im Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS).

Für Kriminetz beantwortete Marlene Bach sieben Fragen.

Kriminetz: Soeben ist mit „Samtschwarz“ dein aktueller Krimi im Emons-Verlag erschienen. Magst du unseren Leserinnen und Lesern erzählen, worum es darin geht?

Marlene Bach: Das übergeordnete Thema des Romans kann man vielleicht ganz gut in dem Satz zusammenfassen: Mit Gewalt lässt sich nichts zum Guten wenden.

Gleich zu Beginn verschwindet ein Mann, der attraktive Vinzent, auf mysteriöse Weise aus einer Pension in der Heidelberger Altstadt, und es ist unklar, ob er nicht Opfer einer Gewalttat wurde. Mila Böckle, die diese Pension betreibt, wendet sich an Hauptkommissarin Maria Mooser und bittet sie um Hilfe.

Bei der Suche nach Vinzent geraten die beiden in die Fänge einer Gruppe junger Menschen, die sich radikalisiert hat, und die versucht, eine bessere Welt zu erzwingen. Außerdem spielt ein wertvoller Füller eine große Rolle, der angeblich aus der früheren Heidelberger Füllerproduktion stammt und Begehrlichkeiten weckt. Der Füller ist der „rote Faden“ im Buch, und die LeserInnen erfahren – quasi nebenbei – noch einiges über verschiedenste Füller und Heidelbergs frühere Rolle in der internationalen Füllerproduktion.

Eine Geschichte, in der letztlich alles miteinander verwoben ist, mit ernstem Hintergrund, aber auch humorvoll.

Die Ich-Erzählerin der Geschichte, Mila Böckle, entspricht dabei nicht dem Repertoire von Figuren, die üblicherweise in Krimis auftreten. Sie ist von ihrer Art her eher eine Anti-Heldin, die manchmal leider auch Dinge tut, die man normalerweise besser sein lässt.

Kriminetz: Das heißt, es gab tatsächlich eine Füller-Fabrik in Heidelberg?

Marlene Bach: Ja, die Firma KAWECO, um die es im Buch geht, gab es wirklich. Heidelberg war sogar einmal die Hochburg der europäischen Füllerproduktion, etwas, dass ich selbst lange nicht wusste, obwohl ich in Heidelberg lebe.

KAWECO bedeutet „Koch, Weber & Company“, nach den Kaufleuten und früheren Besitzern Heinrich Koch und Rudolph Weber. Die Firma war in Heidelberg-Handschuhsheim ansässig und Anfang des letzten Jahrhunderts arbeiteten dort an die 1200 Menschen. Sie musste dann Ende der 1920er Jahre Insolvenz anmelden, aber die Marke wurde von anderen Firmen fortgeführt, und noch bis heute kann man KAWECO-Füller kaufen.

In Handschuhsheim gibt es seit einigen Jahren ein sehr informatives Füllhaltermuseum, in dem man erfährt, wie sehr einmal die Geschichte dieses Stadtteils mit der Füllerproduktion verwoben war. Dort habe ich viele hilfreiche Informationen zum Thema bekommen. Es ist schon erstaunlich, wie sich da eine ganz eigene Welt auftut.

Zum Beispiel wurden in Handschuhsheim auch sogenannte „Toledos“ hergestellt, das sind Füller mit einer speziellen Bearbeitung der Oberfläche, die heute sehr selten sind. Der Füller, um den es in meinem Roman geht, ist ein solcher Toledo.

Kriminetz: Deine Ermittlerin Maria Mooser wollte eigentlich in Rente gehen. Wie hast du ihr das ausgeredet?

Marlene Bach: Tja, das war ich wohl nicht allein. Es gab doch einigen Protest von meinen LeserInnen, der da eine Rolle gespielt hat. Frau Mooser hat sich in „Samtschwarz“ nun erst einmal beurlauben lassen, um zu prüfen, wie das so ist, ohne Arbeit. Aber schon die Beurlaubung bekommt ihr nicht, und sie versucht aus dem Café heraus, die Abteilung per Handy zu leiten.

Im Moment steckt sie in einem Dilemma: Sie merkt, sie kann nicht mehr so wie früher, aber ohne Arbeit geht es bei einem „Workaholic“ wie Frau Mooser eben auch nicht. Ein Grund, warum sie in „Samtschwarz“ ziemlich übellaunig ist – Mila Böckle, die zweite Hauptfigur, nennt sie nicht ohne Grund „das Krokodil“. So wie es aussieht, braucht Frau Mooser erst einmal eine neue Aufgabe als Perspektive für den Ruhestand. Da kommt es vielleicht ganz gelegen, dass sie bald Großmutter wird.

Kriminetz: „Samtschwarz“ ist nicht der erste Band, in dem die beiden Hauptfiguren Mila Böckle und Mario Mooser aufeinander treffen?

Marlene Bach: Der erste Band, in dem die beiden zusammen auftreten, ist „Endstation Heidelberg“, der 2016 beim Emons Verlag erschienen ist. Darin erfährt man, warum es Mila Böckle aus ihrer norddeutschen Heimat nach Heidelberg verschlagen hat.

Gleich bei ihrer Ankunft wird sie in einen Mordfall verstrickt, eine berühmte Alzheimer-Forscherin fällt ihr tot vor die Füße. Frau Mooser ermittelt in dem Mordfall. Leider hält Mila es mit der Wahrheit nicht so genau und kooperiert nicht, wie sie sollte. Um es mal direkt zu sagen: Sie belügt Frau Mooser nach Strich und Faden. Überhaupt ist Mila Böckle impulsiv, leicht chaotisch und nicht immer gesetzestreu. Wie man sich vorstellen kann, hat Frau Mooser damit so ihre Schwierigkeiten. Aber in „Samtschwarz“ raufen die beiden sich ganz gut zusammen. Es ging auch nicht anders, sonst hätten sie die Geschichte nicht überlebt.

Kriminetz: Momentan leiden alle SchriftstellerInnen aufgrund des bestehenden Kontaktverbots wegen Covid_19 unter dem Ausfall von Lesungen. Wie überbrückst du diese Zeit?

Marlene Bach: Ja, leider musste auch die Premierenlesung von „Samtschwarz“ in der Handschuhsheimer „Bücherstube an der Tiefburg“ abgesagt werden. Ich hoffe, dass sich später im Jahr noch die ein oder andere Veranstaltung nachholen lässt. Aber wie heißt es so schön: Hauptsache gesund. Dafür habe ich eine Audiodatei aufgenommen, in der ich den Roman vorstelle. Darin bekommt man einen kurzen Überblick über die Geschichte und ich lese eine Szene aus dem Buch vor.

Auch eine meiner Kurzgeschichten, die „Stadtvögel“, habe ich aufgenommen und ins Netz gestellt. Darin geht es in gewisser Weise um das „Alleinsein“, etwas, mit dem sich im Moment viele von uns zwangsweise auseinandersetzen müssen, deshalb dachte ich, es passt gut. Trotz des Themas eine witzige Geschichte, die – so hoffe ich zumindest – ein gutes Gefühl hinterlässt.

Solche Audiodateien zu produzieren, war für mich neu, hat aber dann zum Glück gut geklappt. Beides kann man auf meiner Website finden, falls jemand Lust hat, sich in Corona-Zeiten etwas vorlesen zu lassen. Mal etwas anderes zu hören als Nachrichten, die sich mit Leid und Bedrohung befassen, brauchen wir wohl im Moment alle ab und zu.

Außerdem habe ich angefangen, an einem Konzept für einen neuen Roman zu arbeiten, der in den Zeiten nach Corona spielt. Eine gute Perspektive.

Kriminetz: Du bist aus beruflichen Gründen vor über zwanzig Jahren nach Heidelberg gezogen. Hast du dich rasch heimisch gefühlt in der Kurpfalz?

Marlene Bach: Sich in der Kurpfalz heimisch zu fühlen, war nicht so schwer. Ich lebe in Heidelberg, eine schöne Stadt, und mir gefällt sehr, dass man hier so schnell „im Grünen“ ist. Am meisten geholfen hat mir aber, dass ich hier viele nette Menschen kennengelernt habe.

Da meine Bücher auch immer „Regionales“ beinhalten, habe ich mir außerdem viele Details in meiner Umgebung gut angeschaut, sodass mir Heidelberg wahrscheinlich vertrauter ist als irgendeine andere Stadt, in der ich gewohnt habe.

Im Stadtteil Handschuhsheim gibt es zum Beispiel einen „Neidkopf“ über dem Eingangsportal der Vitus-Kirche, das ist eine in den Stein gehauene Fratze, deren Funktion eigentlich ist, böse Geister abzuhalten. Der Neidkopf an der Vitus-Kirche aber sieht sehr nett aus, eher wie ein Smiley. So etwas hätte ich wahrscheinlich nie entdeckt, wenn ich nicht Krimis schreiben würde, die hier spielen, und für die ich auf die Suche nach kleinen regionalen Besonderheiten gehe. So hat mir auch das Bücherschreiben geholfen, mich heimisch zu fühlen.

Allerdings vermisse ich bis heute noch manchmal die Landschaft, in der ich groß geworden bin, das Grenzgebiet zu Holland hin, mit seiner Weite, den Seen und den Mooren.

Kriminetz: Wie sieht dein Arbeitsalltag als Schriftstellerin aus? Hast du eine feste Tagesstruktur oder wie handhabst du das?

Marlene Bach: Sobald ich eine Absprache mit dem Verlag und damit einen Abgabetermin habe, setze ich mir auch feste Strukturen: Ich arbeite morgens, mache dann eine längere Mittagspause, und arbeite am Nachmittag noch zwei, drei Stunden weiter. Es kommt aber darauf an, was gerade anliegt: Neuen Text produzieren kann man nicht beliebig am Stück, da sind die Zeitabschnitte kürzer, als wenn es ums Überarbeiten geht, da geht es dann auch schon mal länger.

Da so ein Roman vom Umfang her eine bestimmte Seitenzahl haben sollte, setze ich mir ein Seiten-Ziel für jede Woche. Das ist so berechnet, dass ich etwa vier Wochen vor Abgabetermin fertig bin, weil ich das Buch dann vorab schon in ein erstes Lektorat gebe. Ich habe das große Glück, dass meine Schwägerin Lektorin ist, sie macht dann ein erstes Lektorat, bevor das Skript an den Verlag geht.

Als ich noch in meinem Beruf als Psychologin gearbeitet habe, sah das anders aus. Da habe ich am Wochenende, am Abend und im Urlaub geschrieben. Jetzt kann ich das tagsüber tun und habe auch noch Freizeit, das empfinde ich als großen Luxus. Vor allem kann ich kontinuierlich am Text bleiben, eine neue Erfahrung.

Kriminetz: Vielen Dank, Marlene Bach, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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