Martin Eigler studierte von 1985 bis 1991 Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Danach absolvierte er ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin im Fachbereich Regie. Im Auftrag des ZDF realisierte er seinen dffb-Abschlussfilm Freunde mit Benno Fürmann, Christiane Paul, Erdal Yildiz und Matthias Schweighöfer, der im Frühjahr 2001 in den deutschen Kinos gezeigt wurde.
Martin Eigler ist Mitglied von plotpower, einem dreiköpfigen Drehbuchautoren-Team. Im Krimibereich entwickelte er gemeinsam mit Sven S. Poser die Reihen Solo für Schwarz und Stralsund, die er als Regisseur dann auch inszenierte. Außerdem realisierte er mehrere Fernsehfilme für das ZDF und die Reihe Tatort. 2017 wurde Martin Eigler mit Sönke Lars Neuwöhner und Sven S. Poser als Autoren der Fernsehserie Morgen hör ich auf (ZDF) mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet und außerdem mehrfach für den Grimme-Preis nominiert.
Für Kriminetz beantwortete Martin Eigler sieben Fragen.
Kriminetz: Wir haben Sie beim 20. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen am Rhein getroffen, wo ihr aktueller Ludwigshafen-TATORT Dein gutes Recht gezeigt wurde. Sie waren nicht zum ersten Mal mit ihren Filmen als Gast bei diesem schönen Festival. Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere dieses Festivals?
Martin Eigler: Das Festival ist ein großartiges Publikumsfestival und wird über Ludwigshafen hinaus von der ganzen Region angenommen und getragen und die Lage des Festivals am Flussufer ist wirklich sensationell. Bei gutem Wetter verbindet sich die entspannte Atmosphäre und das Interesse an den unterschiedlichen Filmen bei den Zuschauern auf ganz besondere Weise.
Kriminetz: Die Rolle der Patricia Prinz in „Dein gutes Recht“ wurde wunderbar ausgefüllt von der Schauspielerin Sandra Borgmann. War diese Besetzung von vorneherein klar und falls ja: hilft es beim Gestalten einer fiktionalen Figur, bereits die Person vor Augen zu haben, die sie spielen wird?
Martin Eigler: Ja, Sandra Borgmann zu besetzen, war schon eine ganz frühe Überlegung. Ich hatte mit ihr bereits in einer Folge der Thriller-Reihe „Stralsund“ und in einem Wirtschaftskrimi zusammengearbeitet. Daher wusste ich, dass sie eine große Bandbreite von Figuren glaubhaft gestalten und spielen kann und bei dieser Rolle war es besonders wichtig, dass neben der Härte zum Schluss auch die verletzliche Seite der Figur erlebbar gemacht wird. Dass dafür Sandra Borgmann die richtige Schauspielerin ist, darüber waren der Redakteur Uli Herrmann, der Produzent Nils Reinhardt und ich uns schnell einig.
Kriminetz: Patricia Prinz hat die eigentliche Hauptrolle in dieser Tatort-Folge inne. Finden Sie es bei einem Krimi reizvoller, Personen mit Tatbezug in den Mittelpunkt zu stellen als das Privatleben des Ermittlerteams weiter zu erzählen?
Martin Eigler: Menschen, die die Ordnung unseres Zusammenlebens durchbrechen und Verbrechen begehen, sind insofern interessant, weil dadurch immer wieder die Frage gestellt wird: Was treibt Menschen zu diesen Taten und gäbe es Möglichkeiten sie davon abzuhalten?
Wie können wir unser Zusammenleben möglichst gewaltfrei innerhalb der bestehenden Ordnung organisieren?
Dafür ist es notwendig zu verstehen, warum diese Menschen die Rechte anderer Menschen verletzen und rücksichtslos ihren eigenen Interessen oder Gefühlen folgen.
Die Ermittlerinnen stehen per Definition auf der Seite der Ordnung. Sie haben die Aufgabe, die Ordnung wieder herzustellen, wenn sie verletzt wurde und zu verhindern, dass sie erneut verletzt wird. Insofern entspricht der moralische Kompass der ermittelnden Personen allermeist den Vorstellungen von uns allen. Es gibt also selten etwas Überraschendes zu entdecken.
Insofern sind die Privatleben der Ermittlerinnen nur dann interessant, wenn sie mit der Arbeit eng verknüpft und mit dem Fall verbunden sind. Da dies aber nicht regelmäßig der Fall sein kann, entscheide ich mich dann doch oftmals gegen Privatstränge.
Kriminetz: Man scheint eher Dinge zu glauben oder nicht zu glauben, die zu der eigenen Erwartung passen. Ähnlich schon wie im Tatort Der Mann der lügt, bei dem sie ebenfalls Regie führten. Reizt Sie dieses Spiel mit der Erwartungshaltung besonders?
Martin Eigler: Ja, definitiv. Ich denke, dass es eine ganz wichtige Eigenschaft ist, dass wir immer wieder überprüfen und hinterfragen, warum wir welche „Einstellung“ haben. Oft wissen wir überhaupt nicht mehr, was der Grund für unsere Überzeugungen ist, wir wiederholen einfach das, was wir irgendwann mal überzeugend gefunden haben. Und ganz oft reduziert sich dieser Grund auf eine gute Geschichte, die wir gehört haben, eine Anekdote, die weitererzählt wird. Das hat aber oft wenig mit Fakten zu tun, sondern mehr mit einer Geschichte, die unsere Emotionen anspricht. In „Dein gutes Recht“ genauso wie im „Der böse König“ oder im „Der Mann, der lügt“ geht es darum, dass die Täter mit ihren Geschichten so geschickt manipulieren, dass es schwer fällt, dahinter noch die Wahrheit zu entdecken.
Aber dafür haben wir dann ja die Kommissarinnen, die diese verlogenen Geschichten irgendwann durchschauen.
Kriminetz: Wie muss ein Stoff oder Plot beschaffen sein, damit Sie sagen, o. k., das mache ich?
Martin Eigler: Ein Stoff muss mich entweder auf der psychologischen Ebene oder auf einer gesellschaftlichen Ebene ansprechen. Allerdings funktionieren auch die gesellschaftlich relevanten Geschichten nur dann, wenn psychologisch spannende Figuren im Zentrum stehen.
Kriminetz: Sie haben schon öfter mit dem SWR zusammengearbeitet, der als einer der wenigen Sender noch Eigenproduktionen durchführt. Welche Auswirkungen hat dies auf Ihre Arbeit am Set?
Martin Eigler: Der SWR hat wirklich einen besonderen Stellenwert in der deutschen Produktionslandschaft.
Bis vor Kurzem gab es dort alle wichtigen Gewerke und Fachabteilungen, also Glaserei, Schlosserei, Näherei, Schreinerei etc. unter einem Dach. Das benötigte der SWR für die Spiel-, und Talkshows und die Fiction Programme. Da waren hochprofessionelle, erfahrene Fachleute und Handwerker aktiv, die einen bei der Realisation eines Films unterstützt und beraten haben.
Die Wege waren kurz und die Kooperation zwischen den Abteilungen gut. Leider gehört dieses Modell der Vergangenheit an.
Kriminetz: Darf sich das Publikum auf einen weiteren Film der Reihe Tatort mit Ihrer Handschrift freuen?
Martin Eigler: Ja, ich bin gerade dabei einen weiteren Tatort-Stoff zu entwickeln – aber zum Inhalt möchte ich natürlich noch nichts verraten.