Sieben Fragen an Michaela Pelz

Michaela Pelz an ihrem Lieblingsleseplatz. Foto: © A. Pelz

Michaela Pelz wurde 1962 in Stuttgart geboren. Sie ist Gründerin und Chefredakteurin von krimi-forum.de sowie Moderatorin von Lesungen und Krimi-Abenden, Laudatorin und Workshop-Dozentin. Außerdem ist sie Mitglied der Jury des Deutschen Krimi Preises und des Stuttgarter Krimipreises sowie Organisatorin der Glauser-Jury Roman. Heute lebt die Ex-TV-Redakteurin nach Arbeitsaufenthalten in Italien, England, den Philippinen und NRW mit Mann und zwei Kindern als freie Journalistin, Texterin, Übersetzerin und ehrenamtliche Hospizbegleiterin in Oberbayern.

Für Kriminetz beantwortete Michaela Pelz sieben Fragen.

Kriminetz: Wir haben uns bei der Criminale des Syndikats in Aachen persönlich getroffen. Was bedeutet für dich das Syndikat?

Michaela Pelz: Dieser Zusammenschluss so vieler krimiaffiner Personen ist einfach fantastisch, weil es dort für jeden Aspekt dieses vielfältigen Genres passende Experten gibt. Durch die Mischung von Alter, Nationalität, Geschlecht, sowie Spezialisierung oder Nebeninteressen ist jedes Treffen wie eine große Wundertüte. Hinzu kommt: Was in den diversen Gremien des Syndikats an politischer Arbeit und Einsatz für die vielen Autorinnen und Autoren stattfindet, die sonst alle allein unterwegs wären, ist immens wichtig.

Toll sind natürlich auch die Möglichkeit des Austausches untereinander und die angebotenen Fachweiterbildungen. Außerdem liebe ich die Treffen an der Criminale-Bar!

Kriminetz: Du organisierst für den Friedrich Glauser Preis, Sparte Roman, die Jury. Was reizt dich an dieser Aufgabe?

Michaela Pelz: Vor einigen Jahren war ich selbst Mitglied dieser Jury. Dabei habe ich erfahren, wie komplex und auch zeitaufwändig es ist, dieser Verantwortung gerecht zu werden und alle Bücher aufmerksam zu prüfen.

Darum liegt mir viel daran, die Rahmenbedingungen für die Jurorinnen und Juroren möglichst optimal zu gestalten, damit diese sich nur auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren können.

Toll ist natürlich auch, auf diesem Weg einen Überblick über den Großteil der deutschsprachigen Neuerscheinungen erhalten und so teilweise auch auf Titel aufmerksam zu werden, die mir sonst möglicherweise entgangen wären.

Kriminetz: Mit der Plattform Krimi-Forum sprichst du Krimi-Leserinnen und –Leser an. Woran liegt deiner Meinung nach die ungebrochene Leselust am Genre Kriminalroman?

Michaela Pelz: Ich glaube, dass sich seit den Zeiten von Grimms Hausmärchen wenig geändert hat: Hart arbeitende Menschen suchen Zerstreuung und Ablenkung von ihrem Alltag, egal ob durch actiongetriebene Hochspannung oder knifflige Tätersuche. Der eine mag es dann vielleicht nicht ganz so blutrünstig, dafür mit Schauplätzen, die er wiedererkennt, während die andere sich für die Einbindung gesellschaftlich relevanter Stoffe interessiert oder tief in die Täterseele eintauchen will.

Dabei sehnen sich die meisten Krimifans nach einem Ende, an dem die Übeltäter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden – oder der Gentleman-Gauner der Polizei wieder elegant ein Schnippchen schlagen kann.

Mittlerweile ist die Auswahl außerdem so groß, dass jeder Krimifan seine Nische finden kann, egal, ob das Herz eher für einen Whodunnit in Island oder einen Politthriller im Outback schlägt.

Kriminetz: Eine deiner vielen Aktivitäten besteht darin, Workshops für Kinder für kreatives Schreiben zu geben. Nimmt man bei diesen Workshops auch für sich selbst was mit?

Michaela Pelz: Das Schöne an den ganz unterschiedlichen Dingen, die ich beruflich tue: Ich nehme IMMER etwas für mich selbst mit!

Bei den Kinderkursen ist immer wieder überraschend, wie viel Ideenreichtum in den Köpfen schlummert, von dem die Mädchen und Buben oft selbst nicht wissen, dass sie ihn haben. Besonders gern arbeite ich mit Grund- und Mittelschülern, die sich mit dem Lesen und Schreiben schwer tun: Wenn wir dann gemeinsam Geschichten ersinnen, Figuren zum Leben erwecken, uns diesen vielleicht durchs Theaterspielen nähern und dann bei den Überarbeitungsrunden am fast fertigen Produkt feilen, dann blühen sie ganz oft auf und wachsen über sich hinaus. Der Stolz und die Freude über das, was sie erreicht und geschaffen haben, erfüllt dann nicht nur meine jungen Kursteilnehmenden.

Außerdem gibt es oft viel zu lachen, ob nun bei den Geschichten mit Quatschwörtern oder bei den blutrünstigen Alternativenden von langweiligen vermischten Meldungen aus der Zeitung.

Kriminetz: Berufliche Stationen haben dich in andere Länder geführt, unter anderem auf die Philippinen. Was hat dich dort am meisten fasziniert?

Michaela Pelz: Da der Aufenthalt in Manila als Praktikantin bei der United Coconut Planters Bank während meines Studiums stattfand, ist er schon ein paar Jährchen her *lacht*. Es war tatsächlich auch meine allererste Fern-Reise überhaupt und ich hatte schon ganz schön weiche Knie, als ich in der Abflughalle im Frankfurter Flughafen saß.

Das erste, was mich dann (noch im Flieger) erstaunte, war die unglaubliche Begeisterung, mit der die Einheimischen (und das erstaunlich richtig) laut die Songs mitsangen, die ihnen per Kopfhörer vom Bordprogramm vorgespielt wurden. Stichwort Musikalität: Auch meinen allerersten Karaoke-Auftritt auf einer Bühne vor 250 Leuten hatte ich auf den Philippinen, als ich in einem entzückenden, pfirsichfarbenen Brautjungfernkleid … - aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden …

Aber, ganz im Ernst: Es ist ein wirklich wunderschönes Land, das mich tief beeindruckt hat, und zwar in erster Linie, weil ich dort ausnahmslos herzliche, gastfreundliche und an anderen Kulturen interessierte Menschen getroffen habe. Selbst mitten in den Reisterrassen, in einem Dorf ohne Strom und Wasserleitung, das man nur nach stundenlangem Fußmarsch erreichen konnte, sprach mich jemand auf die kurz vorher erfolgte Wiedervereinigung Deutschlands an. Wohlgemerkt, in einer VOR-Internet-Zeit.

Ich glaube, da muss ich wirklich nochmal hinfahren…

Kriminetz: Wie hast du zu der Aufgabe gefunden, ehrenamtlich als Begleiterin auf dem letzten Weg, den wir irgendwann alle einmal gehen müssen, tätig zu sein?

Michaela Pelz: Neben dem Krimi gehört meine Leidenschaft schon ganz lange auch dem Kinder- und Jugendbuch. Hier hatte ich mich schon früh auch auf Titel konzentriert, die sich mit Sterben und Tod beschäftigen – sei es in Form von Sachbüchern zum Thema, aber auch Romane.

Eine Bekannte, die dies wusste, erzählte mir von der Ausbildung als Hospizbegleiterin, die ich dann 2006/2007 absolvierte. Seitdem gehe ich einmal die Woche auf die Palliativstation der örtlichen Klinik (nicht zu verwechseln mit einem Hospiz – davon haben wir, leider, im Landkreis kein einziges, sondern müssen auf die beiden in München zurückgreifen), wo ich mit den Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehörigen spreche, manchmal aber einfach nur bei ihnen sitze. Tatsächlich habe ich dann sehr oft das Gefühl, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein – es bedeutet den Menschen, die ich begleite etwas, mir aber auch.

Zusätzlich gehe ich zusammen mit einigen Kolleginnen in Grund-, Mittel-, Realschulen und Gymnasien, um dort unterschiedlichen Klassenstufen von unserer Arbeit zu erzählen, manchmal auch Workshops durchzuführen.

Das ist ebenfalls immer sehr bereichernd.

Kriminetz: Verrätst du uns deinen Lieblings-Leseplatz?

Michaela Pelz: Oben auf meiner Dachterrasse steht eine „Mupfel“ aus Korb, die mag ich sehr gerne.

Oder, wenn es draußen zu unwirtlich ist, packe ich mich auch schon mal auf die himmelblaue Couch, ebenfalls im obersten Geschoß.

Grundsätzlich ist für mich aber jeder Ort, an dem ich mit einem Buch Platz finde, perfekt.
Sogar ein Sitz in der S-Bahn oder im Zug.

Übrigens erkennt man mich dort daran, dass ich in Schnelllesemanier mit dem Finger über die Zeilen husche, bevor ich blitzschnell umblättere ;-) – manche Menschen finden das ziemlich verstörend, andere starren mich ungeniert an und ganz mutige fragen auch schon mal nach, ob ich _WIRKLICH_ so schnell lese ;-) (dabei bin ich gar nicht mehr sooooooooo flink, schaffe grade mal etwa 100 Seiten in der Stunde …)

Kriminetz: Vielen Dank, Michaela Pelz, für die Beantwortung der sieben Fragen.

Michaela Pelz: Es war mir eine große Freude – danke für das Interesse an meinem Leben und meiner Arbeit!

Zum Krimi-Forum hier klicken

Michaela Pelz und Claudia Schmid lernten sich bei der Criminale des Syndikats in Aachen persönlich kennen. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz