Sieben Fragen an Oliver Schlick

Oliver Schlick in Darmstadt, wo er mit dem Glauser-Preis des Syndikats ausgezeichnet wurde. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Oliver Schlick wurde 1964 in Neuwied/Rhein geboren. Nach Abitur und Zivildienst studierte er Sozialarbeit an der FH Düsseldorf. Seit mehreren Jahren ist er in der stationären Jugendhilfe und der Flüchtlingsarbeit tätig. Oliver Schlick lebt in Düsseldorf, und wenn er nicht schreibt, verbringt er die Zeit mit dem Sammeln von Schneekugeln und Blechspielzeug sowie dem exzessiven Hören von »The Cure«.

Sein Jugendbuch »Miranda Lux – Denken heißt zweifeln oder Warum jede Geschichte zwei Seiten hat« war für den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis 2017 nominiert.

Sein Kinderkrimi »Rory Shy – Das Rätsel um Schloss Eichhorn« wurde 2023 bei der Criminale in Darmstadt mit dem Glauserpreis des Syndikats ausgezeichnet.

Für Kriminetz hat Oliver Schlick sieben Fragen beantwortet.

Kriminetz: Was war das für ein Gefühl in der Centralstation in Darmstadt, als einer aus drei Nominierungen mit dem Glauserpreis für den besten Kinderkrimi ausgezeichnet zu werden?

Oliver Schlick: Die Freude war natürlich riesengroß. Band 1 der Rory Shy-Reihe war ja bereits 2021 nominiert. Ich habe schon die Nominierungen als große Ehre und Wertschätzung empfunden und bin sehr glücklich, dass »Das Rätsel um Schloss Eichhorn« nun mit dem Glauserpreis 2023 ausgezeichnet wurde. Ich empfinde den Preis auch als Ansporn, weiterhin Qualität abzuliefern. Besonders schön war es aber auch, dass ich bei der Veranstaltung viele andere AutorInnen kennenlernen und mich mit ihnen austauschen durfte.

Kriminetz: Ist es herausfordernder, Krimis für Kinder zu schreiben als für Erwachsene?

Oliver Schlick: Natürlich ist man bei Kinderkrimis in der Wahl und Darstellung der Verbrechen etwas eingeschränkter als im Erwachsenenbereich: Explizite Gewaltdarstellungen und sehr blutige Verbrechen scheiden aus. Zudem muss man immer die Sprach- und Verständnisfähigkeit und die Erfahrungswelt der Zielgruppe berücksichtigen. Dabei macht es schon einen großen Unterschied, ob man für Achtjährige oder für Elfjährige schreibt. Eine weitere Herausforderung besteht sicherlich darin, einen Fall zu konstruieren, der für die jungen LeserInnen nicht zu kompliziert, aber auch nicht zu durchschaubar ist. Ansonsten gilt beim Kinderkrimi das gleiche wie bei einem Erwachsenenkrimi: Er sollte spannend und wendungsreich sein, über interessante Charaktere verfügen und für die LeserInnen die ein oder andere Überraschung bereithalten. Darum bemühe ich mich.

Kriminetz: Schüchternheit ist eine Eigenschaft, die man einem Detektiv nicht unbedingt zuschreiben würde. Wie kam Rory Shy in dein Autorenleben? Gab es einen bestimmten Auslöser für diese Figur?

Oliver Schlick: Rory Shy gab es schon, bevor es Rory Shy gab. Das klingt verwirrend, erklärt sich aber folgendermaßen: 2019 wurde mein Kinderbuch »Penny Maroux und das Geheimnis der 11« veröffentlicht. Die Protagonistin ist ein sehr unkonventionelles elfjähriges Mädchen, dem ich (in der Welt des Romans) auch eine unkonventionelle Lektüre an die Hand geben wollte. Daher kam ich auf die Idee, dass sie die Buchreihe »Rory Shy – Der schüchterne Detektiv« liest – von dem es zu diesem Zeitpunkt nur den Namen gab. Eine Lektorin des Ueberreuter-Verlags hat dann den entscheidenden Anstoß gegeben, als sie mich gefragt hat, ob ich es nicht vielleicht tatsächlich mal mit einer Geschichte über Rory versuchen wolle. So sind (bisher) fünf Bände über die Abenteuer des schüchternen Detektivs entstanden.

Kriminetz: Rory Shy ist ein Mutmacher für schüchterne Kinder. Es ist ja eigentlich nicht so übel, schüchtern zu sein, oder etwa doch?

Oliver Schlick: Ich habe nie verstanden, warum ein forsches, lautstarkes oder großspuriges Auftreten für ein Zeichen von Selbstbewusstsein gehalten wird. In den meisten Fällen wird durch ein solches Verhalten doch eher ein schwaches Selbstwertgefühl kompensiert. Schüchternheit gilt hingegen als Makel, dabei hat sie viel positive Seiten: Schüchterne verhalten sich in der Regel respektvoll, höflich und friedfertig und müssen nicht jeden Furz der ihnen durchs Hirn schießt, sofort als eigene Meinung in die Welt posaunen. Zudem entwickeln schüchterne Menschen oft eine sehr gute Beobachtungsgabe. Statt in jeder Situation sofort zu agieren, nehmen sie sich zurück und schauen sich sehr genau an, was um sie herum passiert.

Kriminetz: Eine der Figuren des Romanes plädiert auf S. 284 für eine fortschrittliche Erziehung, für eine bessere Schule. Welch wichtiger Punkt müsste deiner Meinung nach unbedingt an deutschen Schulen verbessert werden?

Oliver Schlick: Da fallen mir so viele Punkte ein, dass es den Rahmen dieses Interviews sprengen würde. Dazu gehören: viel kleinere Klassen, viel mehr gut ausgebildete und gut bezahlte Fachkräfte, weniger starre Lehrpläne und eine viel stärkere persönliche Förderung, die sich an den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der einzelnen SchülerInnen orientiert. Ich weiß, das kostet sehr viel Zeit (und noch mehr Geld), aber irgendwann muss man sich entscheiden, ob man die Bildungsmisere wirklich angehen und etwas verbessern oder ob man nur eine Alibi-Veranstaltung durchführen will.

Kriminetz: Ein Zitat auf S. 176 lautet »Wer den Tisch für Puppen deckt, der rührt auch schon mal Arsen in den Tee.« Macht Schrulligkeit an sich verdächtig?

Oliver Schlick: Ich hoffe sehr, dass sie das nicht tut. Das ist natürlich nur einer der flapsigen Sätze, wie sie Matilda Bond, Rorys quasselfreudige Assistentin, gerne mal raushaut. Im Gegenteil: Es sind gerade die seltsamen Schrullen, Macken und Eigenheiten, die Menschen interessant und das Leben farbenfroh machen. Verdächtig (und eher langweilig) finde ich Menschen, die keine Macken haben (oder die behaupten, keine zu haben). So heißt es im Text ja auch auf der folgenden Seite: »Taucht in einem Krimi irgendein Durchgeknallter auf, der mit Puppen Tee trinkt, prophetische Botschaften von einem ausgestopften Otter erhält oder sich nach Feierabend mit seinem linken Daumen unterhält, dann ist derjenige in neunundneunzig von hundert Fällen auch der Täter. Im echten Leben ist das nicht zwangsläufig so. Da sind die wahren Durchgeknallten meistens die, die ganz normal wirken.«

Kriminetz: Band 2 der Rory-Shy-Reihe, der Fall der Roten Libelle, erscheint im August auf Polnisch. Wird es eine Lesereise in Polen, begleitet von einer Übersetzerin, geben?

Oliver Schlick: Das wäre eine schöne Sache. Leider gibt es bisher keine entsprechende Anfrage. Aber eine schüchterne Lesereise durch Polen könnte ich mir sehr gut vorstellen und wäre sofort dabei.

Kriminetz: Vielen Dank, Oliver Schlick, für die Beantwortung der sieben Fragen .

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