Sieben Fragen an Regine Bielefeldt

Das Foto zeigt die Drehbuchautorin Regine Bielefeldt. Foto: © Hartmuth Schröder

Regine Bielefeldt studierte nach dem Abitur Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Im Anschluss nahm sie ein Studium der Audiovisuellen Medienwissenschaften an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam auf. Ihre Diplomarbeit trägt den Titel "Die situation comedy im deutschen Fernsehen - Vergleich der Genremerkmale deutscher und amerikanischer Produktionen". Bereits seit ihrer Studienzeit erarbeitet sie Drehbücher für Filme und Serien. Darunter sind so erfolgreiche Filme wie das zweiteilige Porträt über Aenne Burda. Für die dritte Staffel der Serie Charité hat sie zwei Folgen beigesteuert.
Ihre Erfahrungen und ihr über die Jahre angesammeltes Wissen über Job, Branche und Handwerk gibt sie mit Freude als Dozentin an der Drehbuchwerkstatt München, der Hamburg Media School, der HFF Konrad Wolf und der Filmakademie Ludwigsburg an den Nachwuchs weiter. Sie veröffentlicht auch Bücher: Bei dtv Junior sind von ihr erschienen: "Paula Prima und der Klassendieb" sowie "Paula Prima - Chaos in der Schulküche".
Nun hat sie mit MagicMom erstmals ein Drehbuch für die Reihe TATORT geschrieben. Regie führte Michaela Kezele. Den Münsteraner TATORT gibt es seit 2002 in derselben Besetzung mit Axel Prahl, Jan Josef Liefers und Christine Urspruch, die als Thiel, Boerne und Haller bereits über 40 Fälle zu lösen hatten. Die Folge „MagicMom“ hatte bei der Erst-Ausstrahlung am 5.3.2023 13,5 Millionen Zuschauer und damit einen Marktanteil von 40,7 Prozent (Quelle: Bavaria Fiction).

Für Kriminetz hat Regine Bielefeldt sieben Fragen beantwortet.

Kriminetz: Gehören Sie zu jenen Menschen, die jeden Sonntagabend pünktlich um 20.15 Uhr nach der Tagesschau TATORT gucken? TATORT ist seit Jahrzehnten fest im deutschen Fernsehen etabliert. Man holt sich quasi am Sonntagabend vertraute Bildschirmgesichter ins Wohnzimmer.

Regine Bielefeldt: Es gab eine Zeit, da war für mich der Sonntagstatort ein Fixtermin in der Woche, aber ich gebe zu, dass ich das Format vor allem in Kombination mit der allgemeinen Krimiflut im deutschen Fernsehen nicht mehr so attraktiv finde. Münster ragt als Krimikomödie aus allem heraus, deswegen schätze ich diesen Tatort. Ich denke, man muss perspektivisch nach neuen Ideen und klareren Ausrichtungen der Teams suchen, um den Tatort als starke Marke im TV-Geschehen zu positionieren und ihn (wieder) zu dem Must-see zu machen, der er so viele Jahre war.

Kriminetz: Gilt es als eine Art Ritterschlag, ein Drehbuch für diese beliebte Reihe zu schreiben? Haben Sie für diese Aufgabe sofort zugesagt oder haben Sie sich Bedenkzeit erbeten?

Regine Bielefeldt: Es ist definitiv der Ritterschlag. Und Münster ist aufgrund des besonderen Rufs quasi der doppelte. Und eine große Herausforderung. Angesichts der hohen Beliebtheitswerte der Münsteraner ist selbst Scheitern auf hohem Quotenniveau immer noch Scheitern … Als das Angebot kam, habe ich mir tatsächlich Bedenkzeit auserbeten, um besser zu verstehen, worin der Schlüssel des Formates liegt und habe dann ein paar Stoffideen skizziert. Sobald dieser Schritt getan war, lief alles ganz wunderbar und ich hatte eine Menge Spaß mit den Figuren!

Kriminetz: Über die Jahrzehnte hinweg greift die Reihe TATORT auch immer wieder gesellschaftliche Themen auf. So sind in MagicMom Influencerinnen im Mittelpunkt der Handlung. War das Thema Influencer-Szene für die Folge vorgegeben oder wurde es von Ihnen mit dem Redaktionsteam und der Regisseurin Michaela Kezele gemeinsam erarbeitet?

Regine Bielefeldt: Das Thema kam von mir. Mich hat das Spannungsfeld interessiert, in dem sich „Profimütter“ wie die Momfluencerinnen bewegen und das auch „Normalomoms“ nicht fremd ist. Was macht gute Mutterschaft aus? Das beschäftigt uns doch alle und nicht nur die Frauen, die online versuchen, diese Frage – gewinnbringend – zu beantworten. Der Tatort bietet die Möglichkeit, gesellschaftlich relevante, brennende, aufregende Themen über das Vehikel Krimi massenwirksam zu transportieren. Das ist eine tolle Chance, die ich gerne nutze.

Kriminetz: Haben Sie eine Vermutung, weshalb es einige InfluencerInnen gibt, die in dem heiß umkämpften Markt derart erfolgreich sind? Eigentlich müssten doch mittlerweile alle wissen, dass da oft sehr viel Inszenierung und Bildbearbeitung mit im Spiel sind?

Regine Bielefeldt: Da fehlt mir die echte Expertise. Was ich aber beobachte ist, dass Erfolg entsteht, wenn man ein breites Publikum mit einem speziellen Thema erreicht. Nehmen wir die Momfluencerinnen: Die sprechen mit ihren Erfahrungen, ihren Erlebnissen Frauen an, die in einer ganz ähnlichen Lebenssituation sind. Das stellt Nähe her und hat – nicht selten – einen konkreten Nutzen für die Leute, die diese Inhalte konsumieren. So eine Gruppe ist zwar nicht homogen, ihr gemeinsamer Nenner ist lediglich die Mutterschaft, aber sie ist zahlenmäßig groß und hat ein recht ähnliches (Konsum-)Bedürfnis. Das wiederum führt dann idealerweise zu Interesse bei der werbetreibenden Industrie und/oder Herstellern der passenden Produkte. Wenn ich morgen meinen YouTube-Kanal „Drehbuchschreiben“ aufmache, wird das mit ziemlicher Sicherheit kein Erfolg: Zu kleine Gruppe, zu speziell ...

Kriminetz: In MagicMom gibt es einen ganz speziellen Tathergang, für den Wissen über die Entstehung von Angio-Ödemen notwenig ist. Sie haben auch zwei Folgen für die 3. Staffel der Serie Charité geschrieben. Wie aufwendig war die Recherche über medizinisches Wissen?

Regine Bielefeldt: Medizinische Recherche ist immer aufwendig, weil es eine fremde, komplexe Welt ist, in der viel Halbwissen kursiert, das es von den echten Informationen zu trennen gilt. Aber genau das macht mir immer besonders viel Spaß. Ich interessiere mich generell für Medizin. Das Fach war Nummer zwei auf meiner Studienwahlliste. Die Entscheidung, Drehbücher zu schreiben, bedauere ich aber nicht. Als Autorin lerne ich jeden Tag was Neues. Zum Beispiel, wie man hereditäre Angio-Ödeme triggert.

Kriminetz: Der zweiteilige Film über Aenne Burda war ein großer Erfolg. Die Titelrolle spielte herausragend Katharina Wackernagel. Gab es in Ihrem Leben einen Bezug zu Aenne Burda, bevor Sie das Drehbuch zu dem Film über ihr Leben verfassten?

Regine Bielefeldt: Aber natürlich: Ich bin als Kind einer nähenden Mutter mit Burda-Moden aufgewachsen. Man vergisst so was nicht: Erst wird der Schnitt mit dem Rädchen auf ganz dünnes Papier kopiert, dann wird der Stoff zugeschnitten und genäht und dann hat man eine Hose. Zugegeben: Ich fand die Sachen schrecklich, aber auch das prägt. Wer jemals eine von Mutter selbstgenähte Breitcordbundfaltenhose tragen musste, der wird das ein Leben lang nicht vergessen. So was prägt!

Kriminetz: Sie leben in Baden-Baden. Dort hat der SWR seinen Sitz, der die Reihe TATORT gleich mit drei „Standorten“ bedient: Ludwigshafen, Stuttgart und Schwarzwald als Nachrücker für den Bodensee. Hätten Sie Lust auf mehr TATORT in Ihrem beruflichen Leben?

Regine Bielefeldt: So lange ich nicht selber als Täterin, Opfer oder Zeugin an einem echten Tatort bin: Immer! Aber Scherz beiseite, Sie haben ja nach den beruflichen Tatorten gefragt. Ich kann mir gut vorstellen, auch bei den ernsteren Vertretern des Sonntagskrimis eine Menge Spaß zu haben. Aber besonders würde ich mich freuen, wenn sich die Chance eröffnen würde, ein ganz neues Team an den Start zu bringen, das sich nicht nur durch den Spielort von den anderen unterscheidet.

Kriminetz: Vielen Dank, Regine Bielefeldt, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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