Sieben Fragen an Simon Beckett

Das Foto zeigt Simon Beckett. © Malte Braun

Simon Beckett ist einer der erfolgreichsten englischen Thrillerautoren. Er hat neben anderen Romanen die Reihe um den forensischen Anthropologen David Hunter geschrieben: »Die Chemie des Todes«, »Kalte Asche«, »Leichenblässe« und »Verwesung«. Mit »Der Hof« hat er kürzlich einen Thriller außerhalb dieser Reihe veröffentlicht. Der heruntergekommene Hof liegt in Südfrankreich und der junge Engländer Sean ist auf der Flucht vor der Polizei dort gestrandet. Doch nicht nur die halbwilden Schweine sind furchteinflößend. Der Besitzer des Hofes, Arnaud, lebt mit seinen beiden Töchtern und dem Enkel auf dem maroden Hof. Irgendetwas hat er zu verbergen. Sean, der in eine von Arnauds Eisenfallen getreten ist und sich dabei fürchterlich verletzt hat, darf sich in der verfallenen Scheune aufhalten, dafür muss er die alten Wände ausbessern. Aber irgendetwas stimmt hier nicht …

Für Kriminetz beantwortete Simon Beckett sieben Fragen.

Kriminetz: Den abgelegenen Hof in Ihrem aktuellen Roman könnte man sich auch gut in einer abgeschiedenen Gegend Englands vorstellen. Weshalb ließen Sie den Ich-Erzähler Sean nach Südfrankreich reisen?

Simon Beckett: Ich glaube nicht, dass es im UK irgendwo einen Ort gibt, der dieselbe Atmosphäre hat wie die französische Kulisse. Nicht nur das, vielmehr sind die Weinberge und Kastanienwälder wichtige Aspekte der Geschichte, die in der britischen Landschaft nicht vorstellbar sind.
Außerdem wollte ich Sean, den Icherzähler, in eine Umgebung versetzen, die sein Gefühl der Isolation und Bedrohung verstärken sollte. Er ist traumatisiert und verängstigt und flieht nach Frankreich, weil er eine romantische Vorstellung von Frankreich hat. Und als er dort ankommt, findet er heraus, dass die Realität dort ganz anders aussieht. Ich interessiere mich für Charaktere, die Außenseiter sind. Daher wollte ich, dass die Situation in der Sean sich wiederfindet, dies unterstreicht. Er ist dort ein Fremder, was das Spannungspotential steigert und die dramatische Situation betont. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn er im UK geblieben wäre.

Kriminetz: Der Hof scheint aus der Zeit gefallen zu sein. Die Szenerie könnte auch in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts spielen. Die Geschichte wird mit eleganter Langsamkeit erzählt. Hat es Überwindung gekostet, etwas Neues auszuprobieren?

Simon Beckett: Es war schwierig die richtige Stimmung zu schaffen, weil es auch wichtig war, die Leser zu fesseln und neugierig darauf zu machen, was als nächstes geschieht. Und das, obwohl die Ereignisse sich nur nach und nach entwickeln. Ich wollte auf subtile Weise ein bedrohliches Gefühl vermitteln, so dass der Leser sich praktisch in derselben Situation wiederfindet wie Sean selbst: Zu begreifen, dass da etwas nicht stimmt, aber nicht zu wissen, was.
Aber ich habe es genossen, mal etwas anderes als David Hunter zu schreiben. Denn mit dem Schreiben ist es wie beim Sport – wenn man immer dasselbe macht, wird das nur wenigen Muskeln zugute kommen. Daher ist es besser, hin und wieder an etwas anderem zu arbeiten.

Kriminetz: Beim Lesen hat mich immer mehr die Frage interessiert, was hat den alten Arnaud dazu gebracht, so zu werden, wie er ist. Wollten Sie das den Lesern nicht verraten?

Simon Beckett: Nein, nicht wirklich. Arnaud ist, wie er ist. Und alles, was dazu beigetragen haben könnte, dass er so geworden ist, liegt lange vor den Ereignissen in »Der Hof«. Jedenfalls glaube ich nicht, dass es immer möglich ist, genau zu erklären, warum Leute so werden, wie sie sind, egal ob sie nun gut oder böse sind. Arnaud ist ein komplexer Charakter und wenn ich versucht hätte, in seine Vergangenheit einzutauchen, hätte das die Geschichte zu sehr aus dem Gleichgewicht gebracht.

Kriminetz: Sie haben früher als Lehrer gearbeitet. Haben Sie manchmal Sehnsucht danach, jungen Menschen etwas beizubringen?

Simon Beckett: Ich habe einige Zeit als Englisch-Lehrer an einer ausländischen Schule in Spanien gearbeitet. Aber da habe ich sowohl Erwachsene als auch junge Leute unterrichtet. Und außerdem war es nur eine Aushilfstätigkeit, während ich mir überlegt habe, was ich langfristig machen wollte. Ich habe die Lehrtätigkeit nie als Berufung gesehen. Das Schreiben ist das, was ich immer machen wollte.

Kriminetz: Mit den Fällen um den forensischen Anthropologen David Hunter haben Sie sich in die Bestsellerlisten geschrieben. Wird es einen weiteren Fall für David Hunter geben?

Simon Beckett: Ja es wird einen neuen David Hunter Roman geben. Ich arbeite gerade daran.

Kriminetz: Hatten Sie selbst schon mit Toten in der Realität zu tun?

Simon Beckett: Nur bei meinem Besuch in der » Body Farm« in Tennessee, die mich auf die Idee zu »The Chemistry of Death« (Die Chemie des Todes) gebracht hat. Ich bin den echten Experten dankbar für ihre Hilfe bei der Recherche für meine Bücher, aber ich bin froh, dass ich ihnen die hautnahen Erfahrungen überlassen kann.

Kriminetz: Was macht Simon Beckett, wenn er nicht schreibt?

Simon Beckett: Denken, dass er jetzt eigentlich schreiben sollte.

Kriminetz: Vielen Dank, Simon Beckett, für die Beantwortung der Fragen.

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