Sieben Fragen an Ulrich Tukur

Das Foto zeigt Ulrich Tukur auf der Ludwigshafener Parkinsel. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Der vielseitige Künstler Ulrich Tukur wurde in Viernheim geboren. Dem Studium der Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Universität Tübingen folgte eine Ausbildung zum Schauspieler an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Ein erstes Engagement führte ihn an die Städtische Bühne Heidelberg. Ulrich Tukur gilt als einer der renommiertesten deutschen Schauspieler seiner Generation, ist aber auch Musiker und Schriftsteller. Er gründete „die älteste Boygroup der Welt“, sie nennen sich Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys. Im Ullstein-Verlag erschien im letzten Jahr seine Novelle Die Spieluhr. Einige Jahre zuvor veröffentlichte er seinen Erzählband Die Seerose im Speisesaal. Ulrich Tukur erhielt sehr viele Preise, darunter den Adolf-Grimme-Preis und mehrmals die Goldene Kamera. Zuletzt wurde er 2013 mit dem Jacob-Grimm-Preis für Deutsche Sprache ausgezeichnet.

In zahlreichen Filmen hat er als Schauspieler mitgewirkt. Um nur einige wenige zu nennen: Die weiße Rose, Ein fliehendes Pferd, John Rabe und Das weiße Band. Im Oscar-preisgekrönten Film Das Leben der Anderen übernahm er die Rolle des Oberstleutnants der DDR-Staatssicherheit Anton Grubitz. In der TATORT-Reihe des hessischen Rundfunks spielt Ulrich Tukur den LKA-Ermittler Felix Murot. Für die Folge „Im Schmerz geboren“ haben sich die Filmschaffenden etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Entstanden ist ein ungewöhnlicher Tatort, in dessen Zentrum ein Konflikt zwischen zwei Figuren steht, die von Ulrich Tukur und Ulrich Mattes dargestellt werden. „Im Schmerz geboren“ erhielt beim Münchner Filmfest den Bernd-Burgemeister-Fernsehpreis. Beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen, wo beide Schauspieler zu Gast waren, wurde der Film mit dem Medienkulturpreis, dem Publikumspreis und mit einer besonderen Auszeichnung bedacht.

Der Vater zweier Töchter lebt mit seiner Frau in Italien.

Für Kriminetz beantwortete Ulrich Tukur sieben Fragen.

Kriminetz: Haben Sie noch einen Koffer in Viernheim stehen?

Ulrich Tukur: Hätte ich einen, wäre es heute eine echte Antiquität: Ein Lederkoffer aus den fünfziger Jahren. Ich hatte kaum laufen gelernt, da haben meine Eltern der Stadt den Rücken gekehrt und mich nach Westfalen verschleppt.

Kriminetz: Felix Murot ist ein ungewöhnlicher Tatort-Ermittler. Ist es Ihnen ein persönliches Anliegen, auf dem beliebten Sonntagabend-Sendeplatz neue Akzente zu setzen?

Ulrich Tukur: Es ist mir ein Anliegen, eine Figur zu spielen und weiterzuentwickeln, die einen besonderen Blick aufs Leben hat, um die Zerbrechlichkeit der Dinge weiß und aus einer melancholischen Distanz heraus agiert. Das setzt automatisch andere Akzente. Es ist ein ständiger Kampf gegen die Beliebigkeit von Massenproduktionen und eine Welt, die jeden Zauber verrät.

Kriminetz: Haben Sie beim ersten Lesen des Drehbuchs von „Im Schmerz geboren“ spontan gedacht, dass das gut gehen könnte?

Ulrich Tukur: Erst einmal dachte ich, das läßt sich ja gar nicht verfilmen, das ist so überbordend, daß es schief gehen muß. Aber es war reizvoll, ein solches Experiment zu wagen und wäre auch in Ordnung gewesen, dann mit wehenden Fahnen unterzugehen. Gerettet hat uns die leise Ironie, die den Film durchzieht und ihn bei aller Schwere schweben läßt.

Kriminetz: Sie sind Schauspieler, haben die „älteste Boygroup der Welt“ gegründet und sind schriftstellerisch tätig. Wofür „brennen“ Sie am meisten?

Ulrich Tukur: Wenn Sies wirklich wissen wollen: Zuerst kommt die Musik, dann das eigene Buch, gefolgt vom Theaterspielen und erst ganz am Schluß Film und Fernsehen.

Kriminetz: „Im Schmerz geboren" ist mit Zitaten gespickt. Verspürten Sie beim Drehen Lust, klammheimlich ein neues hinzufügen und falls ja, haben Sie es gemacht?

Ulrich Tukur: Da waren soviele Zitate und Querverweise, das hat gereicht.

Kriminetz: Sie leben mit Ihrer Frau in der Toscana. Bauen Sie dort Ihren eigenen Wein an?

Ulrich Tukur: In einer Erzählung meines Buches „Die Seerose im Speisesaal“, steht die Geschichte meines Todes, der mich in einem abgeschlossenen Weinkeller ereilt. Ich beschreibe die fatale Kohlendioxidvergiftung und wie es dazu kam. Seitdem glauben einige Menschen, daß ich einen eigenen Weinberg besitze und längst tot bin. Ich baue keinen Wein an und lebe noch.

Kriminetz: Bei der Vorstellung des Filmes in Ludwigshafen fiel der Ausspruch, Sie seien ein klassischer Mensch. Da fällt einem natürlich die Frage ein, wann Sie denn erstmals „Die klassischen Sagen des Altertums“ gelesen haben und ob Sie das in gewisser Weise geprägt hat?

Ulrich Tukur: Ich bin kein klassischer Mensch im Sinne der griechischen Mythologie. Ich bin ein altmodischer Mensch, der Wert auf Stil und Höflichkeit legt. Aber da Sie sich offensichtlich kundig gemacht haben, kann ich Ihnen bestätigen, daß mein direkter Vorfahre Gustav Schwab ist, der in romantischer Zeit die „Sagen des klassischen Altertums“ veröffentlicht hat. Mit diesem Buch bin ich groß geworden.

Kriminetz: Vielen Dank, Ulrich Tukur, für die Beantwortung der Fragen!

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