Sieben Fragen an Veronica Priefer und Johannes Kunkel

Veronica Priefer ist Headautorin und Showrunnerin, Johannes Kunkel ist Produzent, Autor und Showrunner der UFA Fiction Serie DER KÖNIG VON PALMA, die auf RTL+ ab dem 24. Februar 2022 läuft.. Foto: © Puria Safary

Veronica Priefer wurde 1982 in Berlin geboren. Sie studierte in London »Social Anthropology« (BA), in Barcelona Werbestrategie (MA) und war danach in Berlin und Barcelona als Werbestrategin für Kunden wie Audi und McDonald’s tätig. Mit 30 Jahren sattelte sie um und studierte Filmproduktion an der Hamburg Media School. Seit 2017 schreibt und produziert sie exklusiv für die UFA Fiction. Zu den bereits produzierten Serien an denen sie mitgewirkt hat, gehören Legal Affairs und der Der König von Palma. Letztere verantwortet sie zusammen mit Johannes Kunkel als Headautorin und Showrunnerin.

Johannes Kunkel, geboren 1985 in Köln, wuchs in Stuttgart auf und machte dort 2005 sein Abitur. Nach dem Studium im Fach Geschichte und Germanistik studierte er ab 2010 an der Filmakademie Baden-Württemberg das Fach (Film-) Produktion. Noch während des Studiums begann Johannes Kunkel bei der UFA Fiction zu arbeiten. Er verantwortete dort verschiedene TV-Filme als Producer, bevor er 2019 mit dem Netflix-Original Film »Betonrausch« sein Debüt als Produzent gab. Mit der Serie »Der König von Palma« betätigte er sich erstmals als Drehbuchautor und Produzent gleichzeitig.

Veronica Priefer ist Headautorin und Showrunnerin, Johannes Kunkel ist Produzent, Autor und Showrunner der UFA Fiction Serie DER KÖNIG VON PALMA, die auf RTL+ ab dem 24. Februar 2022 läuft. Regie führt Damian John Harper. Marvin Rössler ist Producer.

Kriminetz: Der Begriff Showrunner klingt für Branchenfremde zunächst ziemlich sportlich. Welches Tätigkeitsfeld wird damit umschrieben?

Johannes Kunkel: Sportlich stimmt, aber es ist eher ein Marathon, als ein kurzer »Sprint«- immerhin arbeiten wir jahrelang an solch einem großen Projekt und sind von der ersten Idee bis zur Sendeband-Abgabe in der Verantwortung für das Projekt.

»Showrunner« kommt aus dem amerikanischen Englisch, die Person ist eine Art produzentischer und kreativer Mastermind. Natürlich gibt es in Deutschland nicht die gleiche industrialisierte Herstellung von High-End Serien wie das in den USA der Fall ist. Deswegen ist der Begriff »Showrunner« in Deutschland auch Interpretationssache. Manche Showrunner schreiben nicht selbst, andere sind kaum am Set oder nur teilweise in der Postproduktion. Das ist bei uns immer noch Auslegungssache. Meiner Auffassung nach ist es aber die Verbindung der Budgetverantwortung kombiniert mit der kreativen Verantwortung – dem roten Faden – für das Gesamtprodukt. Eigentlich super: Die Gewerke, allen voran die Regie, können sich besser auf die jeweilige Kernkompetenz konzentrieren.

Kriminetz: Als Headautorin geben Sie den Plot der Reihe vor?

Veronica Priefer: Es geht vor allem darum, die Gesamtübersicht zu behalten. In unserem Fall haben wir von Anfang an viel in unserem Dreierteam, zu dem von Beginn an auch der fantastische Drehbuchautor Yves Hensel gehört hat, geplottet. Johannes und ich haben parallel dazu ein »Vision Statement« geschrieben, das für uns Drei der kreative Leitfaden wurde.

Vor allem hat Headautorinnenschaft auch viele Nächte ohne Schlaf bedeutet. Als sich zum Beispiel nach den ersten Fassungen im November 2020 viele strukturelle Änderungen ergeben hatten, war ich diejenige, die Weihnachten durchgearbeitet hat, um einen Fahrplan für die Überarbeitung im Januar zu haben. Das gehört dann auch dazu.

Kriminetz: Das Reisen wurde vor wenigen Jahrzehnten billig und damit erstmals für viele möglich. Mallorca wurde in den 90er Jahren zum Sinnbild für eine bestimmte Art zu reisen. Der Schein von bierseliger Feierwut hat jedoch den Hintergrund einer auf Anhieb verborgenen Welt, der in DER KÖNIG VON PALMA eine Rolle spielt. Massentourismus war ein einträgliches Geschäft. Welches Bild zeichnen Sie in der Reihe?

Veronica Priefer: Für uns spielen Zeit und Ort der Erzählung eine große Rolle: Mallorca 1990. Das war Post-Wende, Ekstase, Feierstimmung: Die gelebte deutsch-deutsche Wiedervereinigung fand auch an der Playa de Palma statt. Viele unserer Zuschauer:innen haben ihre schönsten Urlaubserinnerungen aus dieser Zeit.

Johannes Kunkel: Gerade der Ballermann hat sich in diesen Jahren stark verändert und wie kein anderer Ort die wilde Feierstimmung eines ganzen Volkes ausgedrückt. Es war eine glamouröse und ausschweifende Ära. Mit der Wende kamen immerhin 16 Millionen »neue« potenzielle Tourist:innen dazu und Mallorca war zu dieser Zeit das günstigste westliche Reiseziel unter Palmen.

Veronica Priefer: Im Jahr 1990 allerdings war von der Wiedervereinigung auf Mallorca statistisch noch nicht viel zu spüren. Dafür überwiegen die persönlichen Erinnerungen: Die ersten Pauschalreisenden aus der DDR wurden im April 1990 am Flughafen in Palma begrüßt.

Johannes Kunkel: In den 1990er Jahren war Mallorca ein heißes Pflaster. Sowohl was den Spaß-Tourismus angeht als auch die Machenschaften im Verborgenen. In dieser Ära wurde sehr viel Geld verdient und dabei mit harten Bandagen gekämpft. Von Korruption bis hin zu Mord, all das fand statt und wir haben uns davon inspirieren lassen. Aber die handelnden Personen und die Lebensumstände sind letztlich frei erfunden.

Kriminetz: Wie haben sich Ihre Recherchen gestaltet?

Veronica Priefer:

Die Recherche war überraschend aufwändig. Zuerst dachten wir: 1990, das ist ja nicht so lange her. Wir haben ja selbst Erinnerungen an diese Zeit. Aber das stellte sich schnell als falsch heraus. Zum einen ist das eine Zeit, die noch nicht gut im Internet dokumentiert ist, zum anderen hat sich wirklich viel verändert. Man denke an die Einstellung zum Rauchen und Alkoholkonsum, aber auch kompliziertere Themen wie Genderbeziehungen und Verständnis von Elternschaft.

Johannes Kunkel: Unser Glück war die Zusammenarbeit mit Ingo Wohlfeil, dem ehemaligen BILD MALLORCA Redakteur. Ingo konnte uns mit vielen Menschen vernetzen, zu denen wir sonst nur schwer einen Zugang gefunden hätten. Zu ihnen gehören beispielsweise die Bookerin der legendären Ballermann-Disco »Oberbayern« und der Booker des ebenso legendären »Riu Palace«. Die beiden waren sozusagen in ihrer Zeit Konkurrent:innen – waren jetzt aber beide als Berater:in für unsere UFA Fiction Serie dabei und haben auch alle Drehbücher gelesen.

Außerdem haben wir unglaublich viel recherchiert und sowohl mallorquinische als auch deutsche Zeitzeug:innen – vom ehemaligen Konsul bis zur Servicekraft – getroffen und fast jede Ausgabe des Mallorca Magazin 1989 bis 1991 gelesen. Zum Glück gibt es auch viele TV-Berichte und Boulevard-Artikel zu diesem Thema – auch im Archiv von RTL. In diesem Fall ist es in der Tat so: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.

Kriminetz: Auswanderer träumen davon, mit einem neuen Leben möglichst Vieles von dem abzustreifen, was ihnen im bisherigen Alltag lästig ist. Klappt das bei Matthias »Matti« Adler (Henning Baum) und seiner Filmfrau Sylvie, die von Sandra Borgmann (u.a. bekannt aus mehreren Filmen der Reihe TATORT) gespielt wird?

Johannes Kunkel: Zum Teil, aber genau darum geht es in unserer Serie: Wer schafft es, wer schafft es nicht. Es ist sicher kein guter Start, nur vor Problemen wegzulaufen. Es ist nicht einfacher, im Ausland Erfolg zu haben. Im Gegenteil, oft gibt es Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede, die den Start sehr schwer machen können. Silvie meistert in Folge 2 die bürokratischen Hürden, es klappt also einiges schon ganz gut. Die Probleme werden aber nicht kleiner mit der Zeit.

Veronica Priefer: Die Auswander:innen, die wir getroffen haben, waren lebensdurstig, abenteuerlustig und unkonventionell. Mallorca bietet Individualist:innen Möglichkeiten, von denen man in Deutschland nur träumen kann.

Johannes Kunkel: Trotzdem, der Traum eines Lebens unter Palmen kann schnell zum Albtraum werden. Salopp gesagt: Ein Pleitier in Deutschland wird es auch auf Mallorca nicht weit bringen. Um in der Gastronomie Erfolg zu haben, muss man diszipliniert, fokussiert und vor allem durchsetzungsstark sein – umso mehr, je größer das Stück vom Kuchen wird, das man beansprucht.

Veronica Priefer: Genau wie für unsere fiktive Auswandererfamilie Adler scheint es wichtig, die anfängliche Naivität schnell abzulegen. Wie eine langjährige Auswanderin uns erzählte: »Die Sonne auf Mallorca kitzelt die Probleme raus, vor denen du eigentlich davonlaufen wolltest. Es gibt keinen Schatten, um sie zu verstecken.«

Kriminetz: In Episode sechs gibt es Konzerte deutscher Schlagerstars, darunter auch neben anderen Jürgen Drews. Spielt er sich selbst oder wurde ein Double engagiert?

Johannes Kunkel: Jürgen Drews wird verkörpert von dem Charakterdarsteller Ben Hartmann. Immerhin spielt die Serie 1990 und da war Jürgen 30 Jahre jünger als heute. Allein schon wegen der Pandemie war das einfache Hin- und Herfliegen zu Dreharbeiten gar nicht so leicht möglich.

Kriminetz: Was verbinden Sie beide selbst mit der Insel?

Johannes Kunkel: Wir beide lieben die Natur, die gute Erreichbarkeit und das phänomenale Klima. Nicht, dass immer die Sonne scheinen würde, aber es ist doch deutlich öfter was vom blauen Himmel zu sehen. Auch die Möglichkeiten, die sich in der Freizeit bieten, sind toll. Wandern, Wassersport und vieles mehr. Zudem hat die Stadt Palma viel zu bieten, es wirkt für mich fast wie ein kleines Barcelona.

Veronica Priefer: Und dann natürlich die eigenen Urlaubserinnerungen aus den späten 1980ern und frühen 1990ern. Die Insel war immer auch ein Paradies für Familien. Ich habe noch ein Bild von meiner Mutter, wie sie mit mir auf dem Arm 1986 aus dem Flugzeug steigt. Dass da ein Flughafenfotograf stand und die Leute abgelichtet hat, war damals normal. Auf dem Rückflug hat man dann das entwickelte Foto gekauft. Solche Details haben wir in die Serie aufgenommen. Genauso wie die lustige Unsitte, früh aufzustehen, um Sonnenliegen vor allen anderen zu reservieren.

Kriminetz: Vielen Dank, Veronica Priefer & Johannes Kunkel, für die Beantwortung der sieben Fragen.