Sieben neue Fragen an Fenna Williams

Fenna Williams ist aktives Mitglied in der George Orwell Society, bei den Mystery People, im Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, im Syndikat und – mit besonderer Liebe – bei den Mörderischen Schwestern. Beim ambitionierten Stadtschreiberprojekt der Stadt Eltville hat sie die künstlerische Leitung inne. Foto: © UM Lauterbach

Fenna Williams ist das Pseudonym der Schriftstellerin Ute Mügge-Lauterbach. Sie studierte an der Freien Universität Berlin Amerikanistik, Lateinamerikanistik und Niederlandistik. Danach belegte sie Kurse in Creative Writing am Bellevue Community College/Seattle, USA, und schloss schließlich am ICE der Cambridge University mit dem Diploma ab. Seither coacht sie mit Hingabe Kollegen und Kolleginnen aller Genres, sowohl in Kursen als auch 1-zu-1 bei besonders kniffligen Schreibfragen.

Sie brachte längere Zeit in Kanada, Brasilien, USA, GB und Belgien zu und war bereits während ihres Studiums als Studienreiseleiterin tätig. Heute organisiert die Schriftstellerin eigene Studienreisen zu speziellen Themengebieten: Literatur und Wein in Venedig und Venetien, Whisky in Schottland und Shakespeare in Stratford-upon-Avon und London. Sie ist Whisky-Expertin und hält Kurse und Tastings im ganzen Land. Worte und Whisky sind ihr wichtig.

Unter dem Namen Auerbach & Auerbach führt sie die bekannte Krimiserie um die Haushüterin und Übersetzerin Pippa Bolle für den Ullstein Verlag weiter, deren erste sechs Teile unter Auerbach & Keller erschienen. Fenna ist aktives Mitglied in der George Orwell Society, bei den Mystery People, im Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, im Syndikat und – mit besonderer Liebe – bei den Mörderischen Schwestern. Beim ambitionierten Stadtschreiberprojekt der Stadt Eltville hat sie die künstlerische Leitung inne.

Für Kriminetz.de beantwortete Fenna Williams sieben neue Fragen.

Kriminetz: Du bist kürzlich von den Mörderischen Schwestern mit der »Goldenen Auguste« ausgezeichnet worden. Auch an dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet diese Ehrung für dich?

Fenna Williams: Die Goldene Auguste ist Anerkennung, Motivation und Applaus von allen Mörderischen Schwestern, mit denen ich täglich an unserem Vereinsziel arbeiten darf. Die Auszeichnung wird alle 3 Jahre an eine Person vergeben, die sich national und international für den deutschsprachigen, von Frauen geschriebenen Kriminalroman einsetzt. Für 2024 waren 5 Frauen nominiert, denen ich allesamt die Statuette gegönnt hätte; ich gebe aber auch zu, dass ich bei dem Gedanken wie meine Gold-Guste zu strahlen beginne, weil die Mehrzahl der Abstimmenden sich für mich entschieden hat.
Meine neue Mitbewohnerin hat einen Ehrenplatz in meinem Arbeitszimmer bekommen und inspiriert mich seit Tag 1 ihrer Ankunft mit alldem weiterzumachen, weshalb sie bei mir einziehen durfte. Sie ist Antrieb, weiter Fortbildungen und Begegnungen im In- und Ausland durchzuführen und dafür zu sorgen, dass Autorinnen und Leserinnen sich weltweit auf freundschaftlicher und professioneller Basis vernetzen.

Kriminetz: Laudatorin bei der Preisverleihung war deine Kollegin und Freundin Gitta Edelmann. Gab es eine besonders berührende Stelle?

Fenna Williams: Die Laudatio war von Anfang bis Ende so herzlich, ich habe Mühe einen besonders schönen Satz herauszugreifen. Deshalb zwei, die von der Bandbreite zeugen, in der sich die Rede bewegte: von literarisch-liebevoll bis witzig-wertschätzend. Mein enger Freund William Shakespeare wurde mit Thy friendship makes us fresh! zitiert, und die Zuhörenden zum Lachen gebracht mit eigenen Versen:

Es war einmal ein junger Otter
der las so gerne Harry Potter
doch außerhalb Mamas Kontrolle
las er noch lieber Pippa Bolle.
Die Fenna Williams hat‘s geschrieben,
bei einem Buch ist‘s nicht geblieben.
Dazu hat sie noch Tag und Nacht
für Krimi-Frauen viel gemacht
und weil das jede Schwester wusste
kriegt sie die goldene Auguste!

Kriminetz: Wie wichtig ist deiner Meinung nach Netzwerken generell für Autorinnen und Autoren?

Fenna Williams: Unerlässlich! Durch Netzwerken kann man nicht nur schreiben, sondern leben lernen. Jede Begegnung fügt meiner Schreibwelt eine neue Facette hinzu, bereichert mein Kaleidoskop der Möglichkeiten mit neuen Ideen. Und das ganz mühelos, sozusagen als zusätzliches Geschenk einer Begegnung mit anderen offenen Menschen unseres Berufs. Ich habe so nicht nur unerschöpflichen Leseschatz zu meiner Verfügung, sondern schon Aufträge im In-und Ausland bekommen. Aber was noch mehr zählt: Ich kann Kolleginnen und Kollegen jederzeit um Hilfe und Information bei einem Projekt bitten, durch ihr Wissen und ihre Hinwendung lernen. Außerdem: Sich vernetzen macht auch auf der persönlichen Ebene unglaublich Spaß, denn aus gemeinsamen Arbeiten entstehen oft Freundschaften - Stärkung der eigenen Lebens- und Erlebenswelt inklusive.

Kriminetz: In Eltville gibt es ein neues Stadtschreiber-Projekt. Leiter ist Ulrich Bachmann vom Eltviller Wein- und Kulturverein, du bist die künstlerische Leiterin dieses Projektes. Magst du etwas darüber erzählen?

Fenna Williams: Sehr gerne! Die »Weinschreibereien« des Wein- und Kulturvereins der Stadt Eltville am Rhein sind einzigartig in der deutschen Kulturlandschaft. Von 2024 bis 2027 werden jedes Jahr bis zu 15 AutorInnen eingeladen, für 3 bis 7 Tage in die Weinstadt zu kommen. Hier wird alles für sie getan (der organisatorische Leiter Ulrich Bachmann nennt das »betreute Recherche«), damit im Anschluss eine Kurzgeschichte von 8- 12 Seiten geliefert werden kann, die widerspiegelt, auf welche Weise dieser Ort die Teilnehmenden inspiriert hat. Die Geschichten haben dann die Chance in einer Anthologie aufgenommen und zusätzlich honoriert zu werden. Für die 1. Anthologie zeichnet die Autorin Gitta Edelmann als Herausgeberin verantwortlich, die sich auch als langjährige Lektorin einen Namen gemacht hat. Die 2. Anthologie wird von der Autorin und Germanistin Regina Schleheck betreut werden und für Nummer 3 ist Mareike Fröhlich, Autorin und Dozentin an der Deutschen Akademie für Medien, gewonnen worden. Für die erste Kurzgeschichtensammlung sind bereits Beiträge aller Genres – von historisch bis mörderisch – eingetroffen. Dabei wurden sowohl Schreibende aus der unmittelbaren Nähe der Stadt, als auch KollegInnen aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und Kanada berücksichtigt. Es macht ungeheuren Spaß die SchriftstellerInnen in Eltville zu treffen und danach zu lesen, welche Geschichten aus ihren Aufenthalten entstehen. Jeder und jede scheint ein anderes Eltville mit nach Hause zu nehmen. Die Anthologien werden ein Hoch auf die Vielfalt – im allerbesten Sinne.

Kriminetz: Ich durfte ja auch schon als Schreibstipendiatin eine Woche im zauberhaften Eltville verbringen und sage dazu nur: »Ich kam als Gast und ging als Freundin!« Verrätst du deinen persönlichen Lieblingsplatz in Eltville?

Fenna Williams: Oh, das ist schwer! Da gibt es viele Orte. Ich liebe die Lage des Klosters Eberbach und genieße den Blick von der Bubenhäuser Höhe in Rauenthal hinunter ins Rheintal, aber am häufigsten bin ich am Weinstand in Hattenheim anzutreffen. Aus einem umfunktionierten riesigen Weinfass heraus servieren jede Woche andere WinzerInnen ihre Produkte und man kann den Tag mit einem guten Tropfen direkt am Rhein ausklingen lassen, auf der Wiese mit Picknick oder unter hohen alten Bäumen bei Spundekäs mit Brezel – mit ein wenig Glück inklusive Sonnenuntergang, aber immer inmitten netter Menschen. Ich wollte ursprünglich meine Geschichte für die Anthologie dort spielen lassen, aber ich bringe es nicht fertig, da eine Leiche abzulegen. Es ist einfach zu idyllisch.

Kriminetz: Oft zieht es dich in die Ferne. Du bist auch schon auf den Spuren von George Orwell gereist?

Fenna Williams: Ich bin Mitglied der George Orwell Society, um die Bedeutung von Orwells Büchern in der heutigen Zeit zu unterstreichen und fahre deshalb immer wieder an Orte, an denen er selbst recherchierte und schrieb. Seine Texte sind heute beißend aktuell und ich will erklären können, warum sie geschrieben wurden und uns Warnung sein können. Dabei habe ich das große Glück in Begleitung von Richard Blair, George Orwell Sohn, reisen zu dürfen und so zusätzliche, auch persönliche, Informationen zu bekommen: von der einsamen Insel Jura in Schottland bis hinunter nach Marokko, von den Schauplätzen des Spanischen Bürgerkrieges in Katalonien, an denen sein Vater kämpfte, bis zu Orwells Grab in Sutton Courtney, unweit der Themse. Und natürlich mache ich auch immer wieder kurze kreative nicht-fiktionale Texte daraus. Wer weiß, vielleicht auch mal mehr.

Kriminetz: Worauf darf sich deine Leserschaft als Nächstes aus deiner Feder freuen?

Fenna Williams: Über die »Weinschreibereien« habe ich eben schon gesprochen. Da kümmere ich mich, zusammen mit der Lektorin und Herausgeberin Gitta Edelmann, um den Inhalt der 1. Anthologie des Projektes unter dem Titel »Stadt – Wein –Fluss – Geschichten in Rheinkultur«. Außerdem entsteht unter meiner Leitung eine internationale Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel »READ ME«, an der Schriftstellerinnen aus 6 Ländern von Irland bis Kroatien teilnehmen, und die in Deutsch und Englisch erscheinen wird. Zusammen mit meiner Ermittlerin Pippa Bolle knobele ich an neuen Fällen für Ullstein. Die werden meine Haushüterin nach Irland, Gibraltar, die Schweiz und Belgien führen und – falls Pippa es mal so richtig exotisch möchte – in den dunklen Harz und zu seinen Wasserprobleme. Wenn sie sich dafür entscheidet, wäre das auch für mich persönlich sehr schön, denn ich dürfte endlich einmal über den Ort schreiben, an dem ich geboren bin.

Kriminetz: Vielen Dank, Fenna Williams, für die Beantwortung der sieben Fragen.

Link zur Website Fenna-Williams.com und zu den Weinschreibereien.de.

Die »Goldenen Auguste« der Mörderischen Schwestern ging 2024 an Fenna Williams! Foto: © UM Lauterbach