Sieben neue Fragen an Jennifer B. Wind

Jennifer B. Wind hat im Gmeiner Verlag die Anthologie »Einmal kurz die Welt retten« herausgegeben. Foto: © Manfred Wasshuber

Die Bestsellerautorin Jennifer B. Wind ist in der Steiermark geboren und lebt mit ihrer Familie südlich von Wien. Die ehemalige Flugbegleiterin mit Klavier-, Gesangs- und Schauspielausbildung schreibt für alle Altersklassen Romane, Drehbücher, Songtexte, Theaterstücke und Kurztexte. Ihr Debüt-Thriller Als Gott schlief wurde zum Bestseller und war für den Wiener Nachwuchskrimipreis nominiert. Auch ihre weiteren Werke standen auf der Bestsellerliste und waren unter anderem für den Fine Crime Award 2020 nominiert. In ihrer Freizeit setzt sie sich aktiv für Umwelt- und Tierschutz ein wie beim Umweltfilmprojekt »Planet Life«. Darüber hinaus ist sie Mitglied bei »Writers for Future«.

Aktuell ist im Gmeiner-Verlag die von ihr herausgegebene Anthologie Einmal kurz die Welt retten erschienen.

Für Kriminetz hat Jennifer B. Wind sieben Fragen beantwortet.

Kriminetz: Die Idee zur Anthologie »Einmal kurz die Welt retten« hattest du schon länger?

Jennifer B. Wind: Seit vielen Jahren schlummerte die Idee zu dieser Anthologie schon in meinen Gedanken, Schubladen und Rechnern, aber vor allem in meinem Herzen. Lange blieb dieses Herzensprojekt ein Wunschtraum, bis ich mich endlich entschlossen habe, an einen Verlag meines Vertrauens heranzutreten, und das mitten in einer Krise. Für mich war das so ein »Wenn nicht jetzt, dann nie« – Moment. Ich wollte keinen Tag mehr länger warten. Umso mehr freue ich mich, dass das Team vom Gmeiner Verlag mich von Anfang an voller Tatendrang unterstützt hat.

Kriminetz: Wie haben die Kolleginnen und Kollegen auf die Einladung zum Mitschreiben bei diesem Thema reagiert?

Jennifer B. Wind: Richtig toll! Die meisten Autor*innen, die bereits vor Jahren zugesagt hatten, freuten sich, dass das Projekt nun tatsächlich zustande kam. Sie alle sind dem Thema stark verbunden, was mir sehr wichtig war, bei der Auswahl der Mitautorinnen und -autoren. Viele kenne ich seit Jahren persönlich und habe mit ihnen auch teilweise schon mal zusammengearbeitet. Herausgekommen sind 24 grandiose Geschichten, die auf sehr unterschiedliche Art und Weise die drängenden Themen unserer Zeit behandeln und verarbeiten. Also nicht nur zu Umweltthemen, sondern auch andere gesellschaftsrelevante Themen wie Menschenrechte oder der Umgang mit der Einsamkeit durch die Pandemie.

Nicht alle Geschichten zeichnen unsere Zukunft in Grautönen oder malen sie komplett schwarz, manche zeigen, wie es sein könnte, wenn wir echte Lösungen fänden und alle zusammenhielten, anstatt uns mit Scheinlösungen und ineffektiven Alleingängen zufriedenzugeben. Man sagt ja oft, dass man erst hinterher weiß, warum etwas passiert ist. Ich denke, vermutlich wäre dieses Buch vor 10 Jahren zu früh auf den Markt gekommen. Mittlerweile sind wir viele – Gott sei Dank – und werden immer mehr Menschen, die auf diese Missstände aufmerksam machen, und das ist auch gut so.

Kriminetz: Eine erste Leserin hat mir geschrieben, sie findet die Hintergrundfakten zu den einzelnen Tex-ten sehr gut, da dies zum Nachdenken und zum Recherchieren anregt. Waren die Mitarbeitenden im Verlag von dieser Idee auf Anhieb angetan oder war Überzeugungsarbeit nötig?

Jennifer B. Wind: Ich habe mit dem Gmeiner Verlag hier wirklich großes Glück und bin sehr dankbar, dass sie alles getan haben, damit dieses Buch so erscheinen kann, wie ich es mir ausgedacht habe. Im Exposé stand allerdings auch schon drin, dass es Hintergrundfakten zum Buch geben wird. Die Statements von allen Autorinnen und Autoren haben sie auch sehr gern angenommen.

Dann hatte ich noch die Idee mit den Kapitel-Trennern passend zu den jeweiligen Themen, auch hier fanden sie die Idee super, ebenso die Vignetten-Zeichnungen. Alles in allem ist es eine tolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe, von Anfang an und auch jetzt natürlich noch, was zum Bsp. die Pressearbeit angeht wie das Aussenden von Bloggerexemplaren.

Dass sie das Buch dann noch so toll fanden, es als Spitzentitel zu platzieren war noch ein Bonus, mit dem ich nie gerechnet hätte. Ich bin rundum sehr zufrieden. Auch ich habe nun schon einige Rückmeldungen erhalten, dass gerade die Hintergrundfakten sehr gut ankommen. Das freut mich natürlich sehr.

Kriminetz: Die Texte im Band handeln in der Zukunft. Weshalb hast du nicht die Gegenwart dafür gewählt?

Jennifer B. Wind: Wir kennen alle die Gegenwart und wie toll sie sich dafür eignet, die Wahrheit zu verdrängen. Es kommt ja immer noch klares Wasser aus dem Hahn, wir haben genug zu essen, leistbaren Wohnraum und keiner merkt, dass die Ressourcen zur Neige gehen. (Ich rede hier bewusst nicht von der dritten Welt, wo das natürlich anders ist) Genau deshalb sehen sich die meisten Menschen in unseren Breiten auch nicht gezwungen, etwas an ihrer Lebensweise zu ändern.

Man bekommt oft zu hören »Ach, was juckt mich das, ich lebe ja jetzt und nicht in 50 Jahren«. Viele sehen gar nicht wie privilegiert wir sind. Dass es nicht selbstverständlich ist. Mit Geschichten, die die »nahe« Zukunft »zeigen«, wie sie aussehen könnte und vermutlich aussehen wird, wenn wir nichts ändern, erreicht man die Menschen besser. Hoffe ich. Deshalb war mein Anspruch an die Autorinnen und Autoren, dass sie Texte verfassen, die zwar in der Zukunft spielen, die aber Themen und Umstände aufgreifen, die bereits in der Gegenwart oder sogar in der Vergangenheit begonnen haben.

Kriminetz: Was hast du in deinem eigenen Haushalt eingeführt, um die (Um-)Welt zu retten?

Jennifer B. Wind: Ich lebe seit vielen Jahren vegetarisch, zwischenzeitlich war ich jahrelang strenge Veganerin, da ich aber eine Unverträglichkeit auf Hülsenfrüchte entwickelt habe, konnte ich meinen Eiweißbedarf nicht mehr gut decken und esse jetzt auch wieder Eier und Käse, aber da achte ich auf Bioqualität und bei Eiern auf die 0 am Stempel ;-)

Da schauen auch meine Kinder zum Beispiel schon drauf, wenn sie mitgehen. Sie wachsen also mit diesem Bewusstsein auf. Ich kaufe nur neu, was nicht mehr funktioniert oder nicht mehr zu reparieren ist, egal ob es sich um Maschinen, Schuhe oder anderes handelt. Mein Laptop ist über 20 Jahre alt, aber er funktioniert noch. Wenn man weiß, wie bestimmte Dinge hergestellt werden, dann versucht man alles, um hier so wenig Schaden wie möglich anzurichten. In meiner Familie wird zudem ausschließlich geduscht, nie gebadet, das Wasser wird zwischendurch abgedreht. Wir nutzen gesammeltes Regenwasser zum Gießen und haben einen Biopool. Zudem nutzen wir kleine Photovoltaikanlagen, die wir nun auch aufstocken werden, damit wir vielleicht bald das ganze Haus damit nutzen können, das ein Niedrigenergiehaus ist. Aufbewahrung im Glas, einkaufen mit Korb, etc, ich kann gar nicht alles aufzählen.

In der Gasse, in der wir wohnen, sind viele Familien, die ebenfalls nachhaltig denken. Wir haben einen Hobbyimker, der uns alle mit Bienenprodukten versorgt. Eine Nachbarin hat eine nachhaltige Seifenmanufaktur. Wir nutzen unsere Gärten und teilen auch unser Obst und Gemüse. Wir tauschen viel miteinander, verschenken Sachen untereinander und haben auch Fahrgemeinschaften. Niemand ist perfekt. Ich bin immer wieder am Aussortieren unnötiger Sachen, die sich trotzdem angesammelt haben.

Aber perfekt muss auch nicht sein, wichtig ist, ob man grundsätzlich was ändern will und bereit ist dafür auch Opfer zu bringen. Jeder kann etwas dazu beitragen. Natürlich ist es nicht jedem Menschen möglich, große Aktionen zu planen, aber das ist auch gar nicht notwendig. Jeder kann sich täglich im Kleinen fragen, ob er nicht doch hier oder da etwas tun kann, um einen Schritt zu nachhaltigerem Leben auf unserem Planeten zu leisten.

Kriminetz: Niemand von uns hätte gedacht, dass der Bedeutung des Titels beim Erscheinen des Bandes eine weitere, sehr traurige, hinzugefügt wird. Es gibt einen Krieg in Europa. Hast du einen persönlichen Bezug zu Russland und zur Ukraine?

Jennifer B. Wind: Ich finde das auch sehr traurig und es schmerzt mich doppelt. Denn ich liebe das Land Russland, habe auch in der Schule als Wahlfach russisch gelernt. Meine Leser*innen wissen auch, dass es in meinen Maskenbüchern eine Nebenfigur gibt, den Ivan aus Russland, der auch in den Büchern russisch spricht, vor allem wenn er aufgeregt ist. Ich höre total gern russische Popmusik wie von Dima Bilan. Aber ich habe auch ukrainisches Blut in mir, von meinen Vorfahren. Mein Mitgefühl und mein ganzes Herz ist bei allen Menschen, die nun brutal aus ihrem Land gedrängt werden, und bei den Familien, die zerrissen werden, ohne zu wissen, ob sie sich jemals wieder sehen.

Für mich ist es extrem traurig, dass hier Menschen in denen zum Großteil das gleiche Blut fließt, die Freunde, Nachbarn, Familie sind, sich bekriegen müssen. Einen Krieg zu beginnen ist in meinen Augen immer ein Verbrechen.

Krieg ist immer traurig und nicht Schönzureden und zwar durch gar nichts. Es gibt keine Gewinner im Krieg, sondern nur Verlierer, und zwar auf beiden Seiten. Die Verlierer und Leidtragenden sind stets die Zivilisten, die unschuldig zwischen die Fronten geraten. Auf beiden Seiten sterben Menschen, die den Krieg nicht wollen, und die ihn auch nicht initiiert haben. Ich habe Achtung vor allen Menschen in Russland, die sich hier auch mutig gegen dieses Verbrechen stellen, und sich dafür einer großen Gefahr aussetzen. Ich wünsche mir, dass dieser Krieg bald beendet wird.

In meinem Buch wird auch dieses Thema in einem Kapitel aufgegriffen, aber auch in meiner Abschlussgeschichte, die eine Welt darstellt, die nicht nur frei von der Ausbeutung der Natur ist, sondern die auch eine Welt ist, in der es ein friedliches Miteinander zwischen allen Menschen und der Natur gibt. Es ist eine Vision einer Welt, wie ich sie mir wünschen würde und ich hoffe, es ist ein echter Wunsch von vielen am besten von allen auf diesem Planeten.

Denn nur gemeinsam können wir die Welt zu einem besseren Ort machen, und das in jeglicher Hinsicht. Übrigens Frieden beginnt im Kleinen und in jedem von uns. Wenn wir nicht Frieden mit unserer eigenen Familie, unseren Freund*innen, unseren Kolleg*innen, unseren Nachbar*innen machen können, wie soll es dann im Großen jemals funktionieren?

Kriminetz: Nach dem Buch ist vor dem (nächsten) Buch. An welchem Projekt arbeitest du momentan?

Jennifer B. Wind: Der dritte Band mit Jutta Stern und Tom Neumann wurde gerade lektoriert. Er erscheint im Herbst 2022. Band 4 ist im Plot- und Recherchestadium. Zudem kommt Ende 2022 noch eine weihnachtliche Kurzgeschichte mit den Ermittler*innen heraus. Im Juni erscheint ein Kurzgeschichtenband als E-book und Hörbuch. Außerdem habe ich im Herbst 2022 Abgabe eines ganz neuen Buchs, mit komplett anderem Setting und Personal, auf das ich mich schon sehr freue. Und eine historische Sage überarbeite ich gerade, auch hier gibt es bereits Verlage, die sich dafür interessieren.

Neben den Büchern ist gerade viel Arbeit für die Organisation des Bookerfly Umsetzungskongresses für Autorinnen und Autoren, der von 6. Bis 15. Mai steigt. Langweilig wird mir also nicht. ;-)

Kriminetz: Vielen Dank, liebe Jenny, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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