So laut Du kannst

Das Filmteam von »So laut du kannst« auf dem roten Teppich: ZDF-Redakteurin Esther Hechenberger, Daniela Kötz (Programmdirektorin des Festivals), Schauspieler Jan Krauter, DrehbuchautorInnen Lilly Bogenberger und David Weichelt, Regisseurin Esther Bialas, Michael Kötz (Festivaldirektor). Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Kim Krawitz (gespielt von Friederieke Becht) und Maja Heller (Nina Gummich) haben einen Traum: die eigene Physio-Therapie-Praxis. Doch so eine Gründung ist teuer und so versuchen die beiden auch nebenher etwas Geld zu verdienen. Daher arbeiten sie auf dem alljährlich stattfindenden »Gentlemen’s Evening« in einem noblen Hotel als Hostessen. Ihre Aufgabe: Wein ausschenken und die wichtigen Wirtschaftsführer von Tisch zu Tisch zu begleiten, damit sie auf dem Event die Gelegenheit haben, möglichst viele Gesprächspartner zu treffen. Ein äußerst seriöser Networking Event – auch wenn manche Herren ihre Hände nicht bei sich behalten können.

Völlig unerwartet trifft Kim während der Veranstaltung ihren ehemaligen Schulkollegen Max (Jan Krauter), der dabei ist, als Anwalt Karriere zu machen und von seinem Chef zum ersten Mal zu diesem Termin eingeladen wurde. Nach der Veranstaltung bietet er ihr an, die nach Hause zu bringen und so lässt sie Ihr Getränk, das ihr von einem ihr unbekannten Teilnehmer der Veranstaltung ausgegeben wurde, für ihre Freundin Maja stehen, die den Abend noch an der Bar ausklingen lässt.

Doch am nächsten Morgen erwacht Maja in einer Hotelsuite. Sie ist desorientiert, hat keinerlei Erinnerung an den Abend und wurde grausam vergewaltigt. Die Anzeige bei der Polizei bringt – außer einer unsensiblen Befragung durch einen männlichen Streifenpolizisten und der medizinischen Untersuchung/Dokumentation nicht viel, da die KO-Tropfen nicht mehr nachgewiesen werden können.

Während Maja das traumatische Erlebnis – das sie permanent begleitet und ihr Leben auf den Kopf stellt – lieber verdrängen und vergessen möchte, beginnt Kim zu ermitteln. Und bald kennt sie den Täter und findet auch heraus, dass es früher schon einige ähnliche Vorfälle gegeben hat und dass das der Agentur, den »Gentlemen´s Evening« ausrichtet, durchaus bekannt ist, dort aber in Kauf genommen wird – schließlich muss der Profit stimmen.

Nach und nach identifiziert Kim die anderen betroffenen Frauen, trifft bei ihnen auf Schweigen, haben doch alle eine Abfindung kassiert und eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet. Und der Vergewaltiger gibt den sexuellen Verkehr zwar zu, behauptet aber, dass das einvernehmlich gewesen sei. So läuft Kim gegen Wände. Doch dann erhält sie Unterstützung von Max, der ihr als Anwalt verspricht, für Gerechtigkeit zu sorgen …

Und so zeigt dieser Film alle Aspekte dieses abscheulichen Verbrechens auf: Die Herkunft der Täter – die häufig aus einem gehobenen Milieu stammen und nach außen treu sorgende Familienväter sind –, das Trauma der Opfer, die Probleme bei der Verfolgung der Straftat, insbesondere bei der Beweislage, das geringe Strafmaß – im Film ist von maximal 1,5 Jahren auf Bewährung die Rede – und die einfache Möglichkeit der Täter, sich »rauszukaufen«. Auch die unterschiedlichen Wege der Opfer, damit umzugehen und das weitere Leben zu gestalten, werden ausführlich thematisiert.

Die erste Idee zu dem Film entstand Ende 2017, verriet ZDF-Redakteurin Esther Hechenberger im an die Vorführung des Films anschließenden Film-Gespräch. Damals kam die Drehbuchautorin Sophia Krapoth auf sie zu und berichtete von den Recherchen zweier Journalistinnen der Financial Times, die sich in eine solche Veranstaltung in einem Londoner Hotel eingeschleust hatten, nachdem es dort entsprechende Hinweise gegeben hatte. Und genau dieser Vorgang wird am Ende des Films wiederaufgenommen und im Abspann mit Teewts auf der MeToo-Debatte ergänzt, erläuterte Regisseurin Esther Bialas. Beide erzählten, dass es ein langwieriger Prozess gewesen sei, sich diesem Thema filmisch zu nähern und es in 90 Minuten zu packen.

Die DrehbuchautorInnen erzählten, dass sie sich hauptsächlich am echten Leben orientiert haben, denn »wenn man einmal im Freundes- und Bekanntenkreis fragt, dann hört es gar nicht mehr auf. Es gibt wahrscheinlich keine Frau, die nicht mindestens eine Frau kennt, der so was passiert ist«, meinte Drehbuchautorin Lilly Bogenberger und Drehbuchautor David Weichelt ergänzte, dass z.B. die Befragung durch die Streifenpolizisten in einem Fall, bei dem er einer Freundin zur Seite gestanden habe, genau so abgelaufen sei.

Der Film wird voraussichtlich am 14.11.2022 im ZDF ausgestrahlt und wird schon 9 Tage vorher in der Mediathek zu sehen sein.

Friederike Becht spielt in »So laut du kannst« Kim Krawitz, die nach und nach die Hintergründe ermittelt. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Jan Krauter spielt in »So laut du kannst« den Anwalt Max. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Die DrehbuchautorInnen Lilly Bogenberger und David Weichelt sorgten in »So laut du kannst« für Authentizität. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Esther Bialas führte Regie in »So laut du kannst«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Redakteurin Esther Hechenberger betreute »So laut du kannst« für das ZDF. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz