Ein Thriller aus der Bankenwelt: »Dead Man Working«

Roter Teppich für den Film »Dead Man Working« auf dem festival des Deutschen Films. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Es geht gleich mit einer Verhaftung los, in diesem Thriller zu den Vorgängen in der (fiktiven) »Bank der Deutschen«. Doch diese Verhaftung steht eigentlich am Ende des Films, in dem erzählt wird, wie es eigentlich dazu kommt, dass ein Mitarbeiter dieser Bank in Gewahrsam genommen wird.

Das Königreich Katar plant eine feindliche Übernahme des neuen Finanzviertels von London und schreibt für die Finanzierung einen Wettbewerb aus, an dem auch die »Bank der Deutschen«. teilnimmt. Zweiundsiebzig Stunden haben die Mitarbeiter von Investmentbanker Jochen Walther (Wolfram Koch) Zeit, ein Angebot und einen Vertragsentwurf vorzubereiten. Zweiundsiebzig Stunden nervenaufreibende Anspannung, die einen rasanten Einstieg in den Film bietet: Kurze Sequenzen, schnelle Schnitte, Hektik und Finanz-Kauderwelsch. Als Zuschauer versteht man nicht wirklich, was dort gemacht wird. Aber man sieht deutlich, wie die Finanzwelt funktioniert, welche Instrumente eingesetzt werden, um die Mitarbeiter zu motivieren und unter Druck zu setzen und warum sie sich zu mehr als 100% einsetzen, um die Aufgabe zu bewältigen und arbeiten wie auf Droge. Und als dann die »Bank der Deutschen«, deren Logo übrigens sehr an eine andere, real existierende Bank mit ähnlichem Namen erinnert, den Zuschlag erhält, ist Party pur.

Sturz in den Tod

Nur der siegreiche Jochen Walther ist melancholisch. Überwachungskameras fangen ein, wie er im Büroturm ganz nach oben fährt und dann aufs Dach steigt. Kurz darauf ist er tot. Vom Dach gestürzt. Für alle ist klar: Das war Selbstmord! Doch was war der Grund dafür? Überforderung? Burn-Out? Für den Vorstandsvorsitzenden (Manfred Zapatka) ist das unmöglich: Die Ursache muss in den familiären Verhältnissen liegen. Denn die Bank kann keinen solchen Skandal gebrauchen – wird doch intensiv am sog »Kulturwandel« des Hauses gearbeitet. Die Börse reagiert bereits nervös und der Aktienkurs beginnt zu fallen. Doch die Witwe (Jördis Triebel) äußert in einem Fernsehinterview schwere Vorwürfe gegen die Bank.

Jochen Walthers persönlicher Assistenten Tom Slezak (Benjamin Lillie), der Walther näher stand als ein eigener Sohn, will überhaupt nicht an einen Selbstmord glauben und beginnt zu recherchieren, was tatsächlich passiert ist. War es am Ende doch ein Mord?

Die Banken und der Kulturwandel

Dieser spannungsgeladene Thriller lässt den Zuschauer lange Zeit im Unklaren, wie alles zusammenhängt. Dabei zeigt er immer wieder viele eindrucksvolle Bilder – Hochhausarchitektur, Glasfassaden, große Höhen – aus der Frankfurter Welt der Bürotürme (aufgenommen von Kameramann Börres Weiffenbach) und wird dabei immer langsamer, bis die letzte Szene in Zeitlupe abläuft. Das ist aber auch nötig, denn die wahren Zusammenhänge müssen erst mal verdaut werden. Denn eigentlich ist dieser Film eine Abrechnung mit dem Kulturwandel, der nach der Finanzkrise von allen Banken beschworen wurde und der de facto gar nicht stattgefunden hat. Offiziell wird zwar die Neuausrichtung propagiert, was im Film z.B. durch die hehren Parolen der HR-Managerin (Jenny Schily) gegenüber dem Banker-Nachwuchs zum Ausdruck kommt. Doch dahinter werden die alten hoch riskanten Geschäfte auch weiterhin abgewickelt, nur eben ein wenig besser versteckt.

Und Regisseur Marc Bauder muss es wissen, drehte er doch schon den preisgekrönten Dokumentarfilm »Master of the Universe« in dem ein ehemals führender Investmentbanker berichtet, wie es in der glitzernden Finanzwelt wirklich zugeht. Auch in diesem Film stimmt alles, sogar die Formel, die an das Glasboard geschrieben wird, sei echt und würde funktionieren, sagte Marc Bauder im anschließenden Filmgespräch auf dem Festival des deutschen Films, wo der Film im Wettbewerb läuft: »Alles was wir erzählen ist real; Wie wir es erzählen ist fiktional. Wir können für jede kleine Geschichte in diesem Film ein reales Beispiel finden«. Auch wenn die dargestellte Bank sehr nahe an einer bestimmten Bank dran sei – insb. was das Logo betrifft – sei aber mit der »Bank der Deutschen« die gesamte Bankenwelt gemeint. Gedreht worden ist der Film tatsächlich mitten in den Bürotürmen des Frankfurter Bankenviertels, so dass die Aussicht aus den Panoramafenstern vor denen die eleganten Urinale der Mitarbeiter in den höheren Etagen stehen (welche Symbolik!), durchaus real sind. Allerdings sei es gar nicht so einfach gewesen, für die drei verwendeten Drehorte die Drehgenehmigungen zu erhalten, verriet Kameramann Börres Weiffenbach – kein Wunder, kommen die Eigentümer doch aus dem Bankenbereich.

Regisseur Marc Bauder. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Schauspielerin Jenny Schily spielt die HR-Managerin in »Dead Man Working«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Auch in dem Film zu sehen: Schauspieler Matthias Bauer, Julia Brandt, Stefan Weber. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Filmgespräch mit Günter Minas (Moderator), Uli Dautel (Produktionsleitung), Stefan Weber, Julia Brandt, Börres Weiffenbach (Kamera), Marc Bauder (Regie), Jenny Schily, Liane Jessen (Redaktion HR), Stefan Weber und Rüdiger-Suchsland (Moderator). Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz