Sieben Fragen an Alida Leimbach

Die Schriftstellerin Alida Leimbach.

Alida Leimbach, Jahrgang 1964, ist in Lüneburg geboren und in Osnabrück aufgewachsen. Nachdem sie einige Jahre als Übersetzerin in Frankfurt am Main tätig war, studierte sie noch einmal in Heidelberg evangelische Theologie, Germanistik und Englisch für das Lehramt. Die Schriftstellerin lebt mit ihrer Familie in Mittelhessen. Ihre Krimis sind im Gmeiner-Verlag erschienen.

Für Kriminetz beantwortete Alida Leimbach sieben Fragen.

Kriminetz: Du hast mit „Ostfriesenkind“ einen Sommerroman über die Zigarrenmacherin Leni veröffentlicht. In welchem Zeitraum handelt dein Roman?

Alida Leimbach: Der Roman spielt in zwei Zeitebenen. In der Jetztzeit begegnen sich die ehemalige Zigarrenmacherin Leni und ihre Tochter Kirstin in Weener/Ostfriesland. Kirstin ist Immobilienmaklerin und möchte im Auftrag ihrer Firma eine Villa in Weener verkaufen. Was sie nicht weiß: Es ist die Villa des Zigarrenfabrikanten Deimann. Leni erinnert sich daran, wie sie als junges Mädchen in der Zigarrenfabrik schuften musste. Ein Großteil des Romans spielt also im Jahr 1952.
Leni begegnet ihrer großen Liebe Richard und freundet sich mit der Fabrikantentochter Marga an, die von ihrem Mann Erich misshandelt wird. Erich, der die Oberaufsicht in der Zigarrenfabrik hat, behandelt auch die Zigarrenmacherinnen schlecht. Lenis Liebe zu Richard steht unter keinem guten Stern. Die unglücklichen Beziehungen beschwören eine Katastrophe herauf…

Kriminetz: Konntest du auf „Familienerinnerungen“ zur deutschen Nachkriegszeit zurückgreifen?

Alida Leimbach: Meine Mutter ist in Weener aufgewachsen und hat dort die Kriegs- und Nachkriegsjahre erlebt. Sie hat viel aus der damaligen Zeit erzählt. Ihre ehemalige Schulfreundin hat sogar ihre Erinnerungen aufgeschrieben und veröffentlicht. Ich konnte mich dadurch sehr gut in jene Zeit hineinversetzen. Meine Großeltern stammen ebenfalls aus Weener. Ich habe ihnen mit den Figuren der Großeltern Frida und Knuth aus „Ostfriesenkind“ ein Denkmal gesetzt.

Kriminetz: Ich wohne in einer ehemaligen „Tabakgemeinde“, in der bis vor kurzem noch Tabak angebaut wurde. Mir wurde erzählt, Tabak ernte man am besten in den frühen Morgenstunden. Warst du mal bei der Tabakernte dabei?

Alida Leimbach: Nein, die Gelegenheit hatte ich bisher leider nicht. Ich habe in einer Zigarrenmanufaktur in Heuchelheim recherchiert. Der Inhaber von „Don Stefano“, Steffen Rinn, hat mich durch die Werkshallen geführt und mir alles gezeigt. Zigarren werden dort immer noch manuell gefertigt, teilweise halbmaschinell. Die Zigarillos werden maschinell produziert. Bis in die 60er Jahre gab es im Gießener Land eine Zigarrenindustrie, in der zeitweise bis zu 5000 Frauen Beschäftigung fanden. Steffen Rinns Großvater war einst Chef dieses Imperiums. Steffen Rinn beschäftigt in seiner Manufaktur gerade noch 20 Mitarbeiter. Es ist eher eine Liebhaberei, wie er sagt.

Kriminetz: Wie muss ein Thema für einen Roman beschaffen sein, damit du dafür „brennst“?

Alida Leimbach: Es ist weniger das Thema, es sind die Figuren. Ich habe in einem Interview einer ehemaligen Zigarrenmacherin gelesen, dass sie eigentlich viel lieber Friseuse geworden wäre. Das hat bei mir „Klick“ gemacht. Ich habe mich gefragt, wie den jungen Leuten damals zumute gewesen sein musste, als sie kurz nach der Konfirmation mit 14 Jahren in ein Berufsleben gedrängt wurden, das sie eigentlich nicht wollten, nicht für sich geplant hatten. Die Kindheit war schlagartig zu Ende und sie mussten erwachsen werden. Dadurch ist zunächst die Familie der Zigarrenmacherin vor meinem geistigen Auge entstanden, später kamen alle übrigen Figuren hinzu. Ich habe gute und böse Charaktere erschaffen, Menschen aus der Unter- und der Oberschicht einander gegenübergestellt. Für mich war von vornherein klar, dass die Geschichte Krimi-Elemente enthalten sollte. Schließlich habe ich bisher ausschließlich Krimis geschrieben. Aber es sollte auch eine Liebesgeschichte werden. Beide Genres habe ich hier miteinander verknüpft und ich denke, es ist eine interessante Geschichte entstanden.

Kriminetz: Wie lange arbeitest du in etwa an einem Roman?

Alida Leimbach: Ich schreibe etwa neun Monate an einem Roman. Die Recherche erfolgt parallel. Die Überarbeitung nimmt noch einmal mindestens ein halbes Jahr in Anspruch. Danach geht das Buch ins Lektorat und Korrektorat. Dieser Prozess erstreckt sich noch einmal über mehrere Wochen. Schließlich erfolgt die Endkorrektur durch meine Hand.

Kriminetz: Woher nimmst du die Ideen zu deinen Büchern?

Alida Leimbach: Manchmal sind es Zeitungsnotizen, manchmal höre ich etwas im Radio oder im Fernsehen, was mich neugierig macht und inspiriert. Ich beobachte sehr gerne, unterhalte mich viel mit anderen Menschen und höre ihnen zu. Oft sitze ich in einem Café, in der Bahn, im Bus oder im Wartezimmer und nehme Gesprächsfetzen auf, aus denen später Figuren entstehen. Die Idee zu „Ostfriesenkind“ ist entstanden, als ehemalige Zigarrenmacherinnen aus meinem Ort von ihrer Arbeit erzählten. Dann kam das besagte Interview und ich habe losgelegt…
Als ich kürzlich wieder in meiner alten Heimat Osnabrück war, habe ich eine Broschüre aus den 50er Jahren gefunden, über die perfekte Hausfrau. Sie musste aus heutiger Sicht Unglaubliches leisten. Ich habe die Broschüre mitgenommen. Mal sehen, was ich noch damit machen werde. ;-)

Kriminetz: Du hast in Heidelberg studiert. Gab es für dich einen Lieblingsort in der Neckarstadt?

Alida Leimbach: Ich habe in einer alten Villa an der Ziegelhäuser Landstraße gelebt, direkt am Neckar. Es war eine wunderbare, romantische Zeit. Von meinem Fenster aus habe ich das Heidelberger Schloss und die Schiffe gesehen; die Villa aus der Gründerzeit befand sich direkt an der Schleuse. Wir hatten das Dachgeschoss der Villa für uns – eine gemischte WG, bestehend aus fünf Studenten. Erinnerungen aus dieser Zeit – die Asiatinnen kochten gerne schon zum Frühstück Reis und brieten Fisch – sind in die Birthe-Schöndorf-Krimis eingeflossen. Birthe muss auch regelmäßig die Essensgewohnheiten ihrer Mitbewohner erdulden. Ansonsten liebt sie das Leben in ihrer Studenten-WG.
Ich denke immer noch sehr gerne an diese Jahre zurück.

Kriminetz: Vielen Dank, Alida Leimbach, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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