Sieben Fragen an Angela Eßer

Das Foto zeigt Angela Eßer. Fotograf: Armin Zedler

Angela Eßer war sieben Jahre lang Sprecherin des Syndikats, der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur. Bei der Vollversammlung des Syndikats während der Criminale in Olsberg übergab sie das Amt an Edgar Franzmann, der sich nun an ihrer Stelle in die Sprechergruppe mit Sabina Naber und Jan Zweyer reiht. Angela Eßer war mit ihrer Geschichte “6 Uhr 23 – Guten Morgen, München” aus der Anthologie München blutrot für den Glauser-Kurzkrimipreis 2010 nominiert. Sie gibt mörderische Kochseminare, in denen sie die Ess- und Trinkvorlieben berühmter Krimihelden aufdeckt. Die Autorin organisiert Krimifestivals und ist Herausgeberin von Krimi-Anthologien.

Für Kriminetz.de beantworte Angela Eßer sieben Fragen.

Kriminetz: Sieben Jahre lang warst du die Sprecherin des Syndikats. Mit der Abgabe des Amtes ist sicherlich ein großer Zeitgewinn verbunden?

Eßer: Ja, könnte man annehmen. Aber kurz vor meinem Amtsende war ja der Startschuss für die Initiative „JA zum Urheberrecht“ und die schluckt schon auch jede Menge Zeit. Außerdem wartet meine Steuererklärung endlich auf Erledigung, diverse Kurzgeschichten möchten geschrieben werden, eine Anthologie ist in der Warteschleife undundund … also Langeweile habe ich keine ;)

Kriminetz: „Bloody Cover“ geht auf deine Initiative zurück. Woher kam die Idee und stellst du „Bloody Cover“ bitte unseren Lesern vor?

Eßer: „Bloody Cover“ wurde bei den Vorbereitungen zur Criminale 2002 in München zum ersten Mal durchgeführt, weil wir neben den vielen Lesungen, die ja auf einer Criminale stattfinden, auch ein originelles Krimi-Rahmenprogramm anbieten wollten. Dazu gehörten Filmvorführungen, ein Krimi-Theater-Experiment, Call-a-crime und eben auch „Bloody Cover“, bei dem das Lesepublikum das beste Krimi-Cover des Jahres wählen sollte. Hintergrund dabei war, dass viele Leser nach ganz bestimmten Kriterien Bücher in ihrer Buchhandlung auswählen: der Tipp einer Freundin/eines Freundes, das Buch ist in den Bestsellerlisten oder aber das Cover! Auch ich nehme gerne ein Buch in die Hand, wenn mich das Cover anspricht.
… und weil ich das genauer wissen wollte, habe ich „Bloody Cover“ aus der Taufe gehoben.
Seit dem großartigen Erfolg von 2002 wird „Bloody Cover“ nun jedes Jahr durchgeführt. Eine (geheime!) Jury wählt zwölf Cover aus allen deutschsprachigen Krimineuerscheinungen des jeweiligen Jahres aus und bittet die Verlage die Bücher zur Verfügung zu stellen. Diese Bücher stellen dann ausgewählte Bibliotheken aus und jede/r der Lust hat kann seine/ihre Stimme vor Ort abgeben. Aber auch eine Online-Wahl auf krimi-forum.de ist möglich. Mehr unter bloodycover.de

Kriminetz: Was ist deine Meinung zur derzeit geführten UrheberRechts-Debatte?

Eßer: Eine, nicht nur für uns Autoren, wichtige Debatte, die im November 2011 dazu führte, dass Nina George (Publizistin, Hamburg) und ich eine Seite auf Facebook eröffnet haben, um möglichst vielen Interessierten Informationen rund um das Urheberrecht zu geben: Wie ist der Standpunkt bei den jeweiligen politischen Parteien? Wie unsere Meinung als Autoren? Wo sind die Streitpunkte?
Mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels haben wir sofort einen unglaublich engagierten und wunderbaren Partner gehabt, der uns bis dato in vielen Dingen unterstützt. Von Anfang war uns wichtig, Kontakt zu anderen Autorengruppen, Verlagen, Kreativverbänden und anderen Urheberrechts-Initiativen aufzunehmen, um gemeinsam ein Signal an die Politik auszusenden, die immer wieder forderte, die Urheber sollen sich zu Wort melden. Das haben wir erstmals mit einem Button auf der Leipziger Buchmesse getan und die Resonanz war überwältigend und wurde als „längst überfällig“ begrüßt. Es folgte die Foto-Aktion „Hemd ab for your rights“ von renommierten Mitgliedern des Syndikats und es war eine (bewusst provokative) Aktion im Rahmen von „JA zum Urheberrecht“, um auf eine einfache Wahrheit hinzuweisen: So sehen wir aus, wenn uns von (Netz)Politik und Internetdieben die Rechte genommen werden - wir stehen nackt da, zum Ausweiden freigegeben. Die Antwort auf diese Foto-Aktion kam postwendend in Form von Mailbomben an fünf beteiligte AutorInnen und an mich. Durch diese anonyme und feige Attacke haben sich Urheberrechtsgegner zum ersten Mal demaskiert und der derzeitige Aufruf zum ‚Copyfight’ zeigt deutlich, wie sie mit freier Meinungsäußerung und demokratischen Rechten umgehen.

Kriminetz: Wo schreibst du am liebsten und läuft dabei Musik im Hintergrund?

Eßer: Ich schreibe am liebsten am Laptop in meinem Arbeitszimmer, … und da muss absolute Stille sein. Und wenn ich einen Haken im Hirn habe, dann gehe ich erst einmal an meine Espressomaschine …

Kriminetz: Du leitest Krimi-Kochkurse, einer heißt beispielsweise „Teatime mit Miss Marple“. Was passiert bei solch einem Kurs?

Eßer: Bei „Teatime mit Miss Marple“ zum Beispiel erzähle ich ein wenig über das Leben von Agatha Christie und wie sie die Figur von Miss Marple entwickelt hat. Natürlich geht es dann auch um die Geschichten rund um Miss Marple und wie ihre Ess- und Trinkvorlieben waren. Bei Scones mit Clotted Cream, diversen Sandwiches und Kuchen, die die TeilnehmerInnen in dem Kurz zubereiten, genießen wir zum Schluss gemeinsam eine klassische englische Teatime und ich lese dabei Kurzgeschichten von Agatha Christie vor.
In einem anderen, neuen Kurs – und darauf freue ich mich sehr – werde ich mit Gregor Weber (Autor, ehemaliger „tatort“-Kommissar im Saarland und Koch!) ein bisschen über das Kochen im Allgemeinen und über Spitzengastronomie im Speziellen reden. Gemeinsam mit den Teilnehmern bereiten wir ein speziell zusammengestelltes Menü zu und Gregor Weber wird aus seinem Buch „Kochen ist Krieg“ und seinem aktuellen Kriminalroman „Feindberührung“ lesen.
Bei dem Kurs „Stille Nacht – Tödliche Nacht“ werden Quiches und Tartes gebacken, dazu gibt es Weihnachtskrimis und bei „Tatort Bayern“, originelle bayrische Schmankerln mit kriminell-guten Geschichten rund um Bayern, die aus der Anthologie „Mords-Appetit“ stammen.

Kriminetz: Welche Bücher liest du selbst am liebsten und hast du ein Lieblingsbuch?

Eßer: Ich lese alles, was mir unter die Finger kommt. Und natürlich mit besonderer Liebe Kriminalromane und –geschichten. Meine zweite Lese-Liebe gehört den Kochbüchern und mein Lieblingsbuch war/ist/wird bleiben „Das Versprechen“ von Friedrich Dürrenmatt.

Kriminetz: Dein schönstes Erlebnis als Sprecherin des Syndikats?

Eßer: Es gab unglaublich viele schöne Momente in den sieben Jahren, hier einen herauszupicken, fällt mir schwer. Aber der bewegendste Moment war mit Sicherheit in diesem Jahr auf der Criminale in Olsberg, als mir liebe KollgInnen zum Abschied als Sprecherin ein Glas Sekt in die Hand drückten und eine eigens für mich gedruckte Anthologie, die „Akte Angela“ übereichten, in dem knapp vierzig Autoren eine kleine Geschichte für/über mich geschrieben haben. Das hat mich komplett vom Hocker gerissen … und ein von fast 250 KrimiautorInnen zum Abschied auf der Syndikats-Vollversammlung gesungenes „Angie“, hätte auch die Stones – wenn sie dabei gewesen wären – vor Neid erblassen lassen ;))
Herzlichen Dank, liebe Claudia, für die sieben Fragen!

Kriminetz: Vielen Dank, Angela Eßer, für das Interview!

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