Sieben Fragen an Christiane Geldmacher

Christiane Geldmacher, Glauser-Preisträgerin 2015.

Christiane Geldmacher ist Autorin, Journalistin und Lektorin. Sie studierte Germanistik, Amerikanistik und Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt a/M. Sie war als Fachzeitschriftenredakteurin im Vieweg Verlag in Wiesbaden tätig, später Fachzeitschriftenredakteurin im Verlag für Wirtschaft, Architektur & Touristik, ebenfalls in Wiesbaden. Viele Reisen führten sie durch Europa, in die USA und nach Australien. Ein Jahr war sie Assistant Teacher am Anglistischen Institut der Universität Katowice. Danach arbeitete Christiane Geldmacher in der Erwachsenenbildung und engagierte sich in der Migrantenpolitik.
Für “Fanpost”, erschienen in der Anthologie „Online ins Jenseits“ im Grafit Verlag, erhielt sie den Glauser-Kurzkrimipreis 2015. Sie ist Mitglied im Syndikat und gehört dem Autorenkreis „Dostojewskis Erben an.
Christiane Geldmacher lebt in Wiesbaden.

Für Kriminetz beantwortete Christiane Geldmacher sieben Fragen.

Kriminetz: Welches sind deine bevorzugten Themen, mit denen du dich literarisch auseinander setzt?

Christiane Geldmacher: In der Vergangenheit habe ich mich mit Irren, Durchgeknallten, Stalkern beschäftigt. Da kann man sich austoben. In neueren Projekten versuche ich mich an positiveren Helden - schließlich sind das die Leute, die man um sich haben möchte. Erst dachte ich, ich kann sowas nicht, aber langsam kriege ich die Kurve. Man muss aber immer aufpassen, dass man nicht zu pathetisch wird und nicht zu gefühlig und nicht zu sentimental. Aber das liegt mir eh nicht. Ich komme mit einem raueren Umgangston gut zurecht. Da weiß man, wen man vor sich hat. Nichts wichtiger als das.

Kriminetz: In "Love@)Miriam" hast du über Facebook geschrieben. Bist du viel in sozialen Netzwerken unterwegs?

Christiane Geldmacher: Facebook war ein Phänomen, über das ich schreiben musste. Ich schreibe über das, was ich kenne. Und Facebook kenne ich rauf und runter All it´s Ups and Downs. Auf der einen Seite hat man viel von der Plattform – es sind schlicht alle da –, auf der anderen Seite ist es ein Zeitfresser, der seinesgleichen sucht. Jetzt habe ich es besser im Griff, seitdem auf einem Laptop die sozialen Netzwerke sind und auf dem Arbeitslaptop nicht. Twitter habe ich auch, das ist gut für Einzeiler und kommentarlose Links. Das Blog ist mein Refugium, mein Archiv, die Kommentarfunktion habe ich abgeschaltet, dort kann ich alles ablegen, ohne dass es im Facebook- oder Twittergully landet. Zur Zeit ist das Blog obsessiv musiklastig. So what. In Budapest im Januar wollte ich mehr Musik hören und das mache ich jetzt. Mehr Musik hören. Bring it on!

Kriminetz: Dein neuer Krimi, der im Januar 2016 im Bookspot Verlag erscheinen wird, heißt "Willkommen@daheim". Das klingt ein wenig nach einer idyllischen Drohung. Was erwartet die Leserinnen und Leser?

Christiane Geldmacher: Das ist der Folgeband von "Love@Miriam". Stichwort Irre und Durchgeknallte. Da ist noch eine Rechnung offen, der Täter wurde nicht überführt, unter anderem, weil sich der ermittelnde Kommissar in die Mutter des Zeugen verknallte. Jetzt wohnt das etwas unheilvolle Quartett auf dem Land: Harry und Miriam, seine Mutter und der neue verstaatsbeamtete Freund. Alles könnte ruhig zugehen – im Rahmen der Persönlichkeiten dieser Protagonisten – wenn nicht merkwürdige Dinge geschehen würden. Eine Scheune geht in Brand auf, in einem Weinberg werden die Reben abgeschnitten, es gibt Autoverfolgungen auf dunklen Landstraßen. Und auch Leichen. Ich habe die Frequenz rasant erhöht. Im letzten Buch war es eine, jetzt habe ich zwei.

Kriminetz: Gemeinsam mit Susanne Kronenberg hast du kürzlich „Wiesbaden im Sommer“ herausgegeben. Habt ihr Wiesbaden eine Liebeserklärung gemacht?

Christiane Geldmacher: Aber ja. Seit Jahren bringen Dostojewskis Erben jedes Jahr zum Krimitag am 8. Dezember eine Krimi-Anthologie heraus – das machen wir auch dieses Jahr –, aber wir wollten mal was anderes machen. Wiesbaden ist ja an sich kein Ort des Verbrechens und Grauens, bloß weil wir jedes Jahr eine Krimianthologie produzieren. Jetzt spannen wir einen weiten Bogen in „Wiesbaden im Sommer“. Nichts war unmöglich – und das war es, was uns interessierte. Wir hatten carte blanche. Außerdem war das Projekt eine Zusammenarbeit mit dem Studiengang Kommunikationsdesign der Hochschule RheinMain für Beratung in Gestaltung, präzise Prof. Gregor Krisztian. Solche Synergieprojekte machen Spaß. In den letzten Jahren haben wir mit Theatergruppen zusammen gearbeitet, und wir haben eine eigene Sendung bei dem lokalen Radio Rheinwelle. Lesungen finden den Sommer über an verschiedenen Locations der Stadt statt. Zu diesem Projekt wird ein Pressegespräch im Lesesaal der Landesbibliothek statt – das ist ein Ort, an dem ich oft schreibe. Die werden sich schön wundern, wenn ich da plötzlich mit hochwichtigem Gesicht um die Ecke biege.

Kriminetz: Du hast kürzlich den Glauser-Kurzkrimipreis des Syndikats gewonnen. Wo hast du die interessant aussehende Skulptur in deinem Heim hingestellt?

Christiane Geldmacher: Der Glauser steht immer noch in Sichtbeziehung auf meinem Schreibtisch. Da bleibt er auch noch eine Weile. Sehr ergiebig für die Arbeitsmotivation! Der Unterstützung suchende Blick fällt immer mal wieder darauf, dann denkt man „Ja! Genau! Super! Klasse! Du hast dieses Ding gewonnen! Mach weiter!“ Und dann mache ich weiter.

Kriminetz: Du bist sehr oft unterwegs. Fördert das das Schreiben?

Christiane Geldmacher: Ich kann unterwegs am besten schreiben. Dann fliegen mir die Ideen und Geschichten zu, während ich zu Hause versuche, in Kleinarbeit die Rechnungen meines Energieversorgers zu entschlüsseln. Wenn man reist, ist man frei davon. Dann braucht man nur die Augen und Ohren aufzusperren und der Rest kommt von selbst. Heimkommen ist natürlich der Hammer, aber alles hat seinen Preis.

Kriminetz: Wohin reist du am liebsten?

Christiane Geldmacher: Früher war ich oft in den Vereinigten Staaten, dann Australien, momentan ist es Europa. Ich würde gern diese Hurtigrutentour machen oder die norwegischen Fjorde ablaufen. In den letzten Jahren habe ich mich auch viel in fremden Städten aufgehalten. Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich mich sechs Wochen in London einmieten. Zuletzt war ich vier Wochen in Budapest: Wenn ich Budapest jetzt im Fernsehen sehe, ist es MEIN Budapest. Davon hätte ich gern mehr.
Das ist es übrigens auch, was ich mit dem Glauser-Preisgeld machen werde. Ich gebe es für eine dieser Reisen aus. Vielleicht Irland. Ich war zuletzt mit siebzehn dort, auf einer dieser Festivaltouren im Sommer, wo man vier Wochen lang im ganzen Land herumzeltet.

Vielen Dank, Christiane Geldmacher, für die Beantwortung der sieben Fragen.

Und hier hat der Glauserpreis 2015 in der Sparte Kurzgeschichte seinen Platz gefunden: Auf dem Schreibtisch von Christiane Geldmacher.