Sieben Fragen an Herbert Knorr

Herbert Knorr, Schriftsteller und Leiter des Westfälischen Literaturbüros in Unna e. V. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Herbert Knorr ist der Leiter des Westfälischen Literaturbüros in Unna e. V. und organisiert gemeinsam mit Sigrun Krauß (Kulturbereich Kreisstadt Unna) sowie einem Team Europas größtes Krimifestival Mord am Hellweg. Bei der Criminale des SYNDIKATS, der AutorInnengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur, 2017 in Graz wurde den beiden in Würdigung ihres Engagements für die Kriminalliteratur der Ehrenglauser verliehen und 2015 wurde er (ebenfalls mit Sigrun Krauß) vom Literaturrat NRW mit dem LITERATURTALER NRW für herausragende Verdienste um die Förderung der Literaturlandschaft in Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.

Herbert Knorr promovierte nach einem Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie mit einer Arbeit über Subjektivitätsstrukturen im Erzählen Arthur Schnitzlers. Er veröffentlichte Dutzende von Büchern und Aufsätze – als Thriller- und Krimiautor, als Wissenschaftler oder als Herausgeber für Verlage oder die Einrichtungen, für die er arbeitet(e). Neben der Veröffentlichung von zahlreichen Sachbüchern, Satiren, Kurzkrimis und anderen publizistischen Arbeiten legte er unter dem Pseudonym Chris Marten gemeinsam mit Birgit Biehl in den letzten Jahren die bei LÜBBE veröffentlichten Thriller HYDRA (2009) und TODESPFAD (2011) vor. Im Verlag Henselowsky Boschmann erschien von Herbert Knorr dann 2016 die Krimi-Ruhrgebietsgroteske Schitt häppens. Von Serienmördern und Stehpinklern. Mord und Totschlach aussem Pott und im Pendragon Verlag 2017 der Krimi Pumpernickelblut. 2019 wird er in der Criminale-Anthologie für Aachen vertreten sein.

Als Herausgeber hat er sich insbesondere durch die Krimiband-Reihe Mord am Hellweg einen Namen gemacht (zusammen mit H.P. Karr und seit 2010 zudem mit Sigrun Krauß; im Herbst 2018 erscheint bereits der neunte Band). Er ist außerdem Mit-Organisator des mit 11.111 Euro dotierten ersten Preises für europäische Krimiliteratur, den Ripper Award (seit 2008), der bislang an Henning Mankell, Håkan Nesser, Fred Vargas, Jussi Adler-Olsen und Sebastian Fitzek verliehen wurde. 2018 organisiert Herbert Knorr (mit Sigrun Krauß) im Rahmen des Festivals „Mord am Hellweg“ erstmals den VIKTOR CRIME AWARD, der von Sebastian Fitzek gestiftet wurde.

Für Kriminetz beantwortete Herbert Knorr sieben Fragen.

Kriminetz: In „Pumpernickelblut“, dein Krimi, der 2017 als Spitzentitel im Pendragon Verlag erschienen ist, geht es um „Crime im Heim“. Im Haus Fröhlich Abendschein ist es nicht besonders idyllisch. Was hat dich auf diese Idee gebracht? Ich hatte angenommen, in einer Seniorenresidenz sitzen alle an ihrem Lebensabend nett zusammen, spielen „Mensch ärgere dich nicht“ und schwelgen in Erinnerungen?

Herbert Knorr: Klar doch, natürlich gibt es auch schöne Momente in Seniorenresidenzen. Und idyllisch ist es in meiner erfundenen Residenz Haus Fröhlich Abendschein auch, nicht umsonst ist sie wunderschön in den Lippeauen des Münsterlandes unterhalb eines noch schöneren hügeligen Waldfriedhofs gelegen. Aber überall dort, wo Menschen zusammenleben, gibt es Konflikte, sogar kriminelle Energien oder Verbrechen. Wir lesen auch tagtäglich über „Enkeltricks“ und andere Betrügereien an alten Leuten. Mitunter werden sie wegen ihrer Vermögen, nicht selten unter der Unterwäsche im Schlafzimmerschrank versteckt, ausgeraubt oder gar ermordet. Und da ich viele abenteuerliche Geschichten aus Seniorenresidenzen kenne und weiß, wie es da zugeht, aus eigener Erfahrung (da etwa meine Mutter ihre letzten Lebensjahre in einem Heim verbringen musste) oder weil mir solche Geschichten zugetragen wurden (meine Nachbarin leitet mittlerweile ein solche Residenz), bin ich von langer Zeit gefragt worden, ob ich nicht endlich einmal einen Altenheimkrimi schreiben möchte. Aber alles benötigt die "richtige“ Zeit. Nun aber ist er mit „Pumpernickelblut“ da.

Kriminetz: Du stellst bei Lesungen deine Krimis nicht immer alleine vor. Warum machst du das?

Herbert Knorr: Ich habe immer schon gerne mit anderen in und an Projekten zusammengearbeitet, habe mit Co-Autoren gemeinsam geschrieben und seit einigen Jahren frage ich Schauspieler an, ob sie sich an der Präsentation meiner Bücher beteiligen. So habe ich etwa mit dem wunderbaren Lyriker und in NRW sehr bekannten Kabarettisten Fritz Eckenga gearbeitet oder mit Marie-Luise Marjan, die fast jeder als „Mutter Beimer“ aus der Lindenstraße kennt. Das mache ich nicht, weil ich ein schlechter Vorleser wäre, im Gegenteil, ich bilde mir ein, ein klein wenig performen zu können. Das tue ich daher auch nach wie vor sehr gerne alleine. Aber durch meine jahrzehntelange Erfahrung im Veranstaltungs- und Lesungsgeschäft weiß ich, dass Abwechslung und das Ausprobieren von neuen Vortragsformen nicht nur fürs Publikum, sondern auch für mich selbst bereichernd sein können.

Kriminetz: „Mord am Hellweg“ ist Europas größtes internationales Krimifestival. Nach welchen Kriterien ladet ihr die Gäste dazu ein?

Herbert Knorr: Ganz einfach. Unsere Absicht ist, alle zwei Jahre („Mord am Hellweg“ ist ja Biennale) möglichst einen umfassenden Querschnitt durch die aktuelle Krimilandschaft zu geben. Und zwar sowohl was Namen betrifft als auch die Subgenres, und da kennt der Krimi ja ziemlich viele. Wir laden natürlich die großen Stars ein (so sie auf Reisen sind oder gehen möchten), schauen aber auch danach, was sich neu entwickelt. “Mord am Hellweg“ ist ja dafür bekannt, Newcomern eine Chance zu geben, die vielleicht die Stars von morgen sind. Simon Beckett, Sebastian Fitzek oder Jussi Adler-Olsen sind nur einige Namen von vielen anderen, die von uns eingeladen wurden, als sie noch nicht ihren (ganz) großen Namen hatten. Jedesmal haben wir fast 200 Autorinnen und Autoren zu Gast. Dass ist sehr viel, aber natürlich längst nicht alles, was spannend ist, was aber einfach nicht zu stemmen wäre; und natürlich sind wir nicht geschützt davor, dass jemand durch unser Netz fällt. Der oder die wird dann fürs nächste Mal eingeladen. Soweit es irgend geht, beobachten wir jedoch permanent den Markt. Dabei hilft uns, dass wir seit beinahe zwanzig Jahren im Krimigeschäft unterwegs sind, aber auch die regelmäßigen Kontakte zu Verlagen, Buchhändlern oder Krimikritikern, deren Empfehlungen wir gerne aufnehmen und uns ansehen, die Messebesuche, Besuche anderer Festivals oder der CRIMINALE sind sehr wichtig.

Kriminetz: Gab es im Rahmen des Festivals einen Veranstaltungs-Ort, der absolut außergewöhnlich war?

Herbert Knorr: Ja, eine Ladies Crime Night 1400 Meter unter Tage in der Zeche Bergwerk Ost in Hamm. Neben dem besonderen Leseort waren Publikumslogistik und Sicherheitsvorkehrungen für mehr als 250 Zuschauer und Beteiligte mit keiner anderen Veranstaltung, die wir je gestemmt haben, vergleichbar. Entsprechend war es auch ein Riesenerfolg. Leider ist das nicht wiederholbar. Das Bergwerk Ost ist mittlerweile geschlossen und ab Ende diesen Jahres gibt es überhaupt keinen Bergbau mehr im Ruhrgebiet, im Hellwegraum schon gar nicht. Aber wir schauen stets nach neuen interessanten Räumen, dieses Jahr haben wir allein 20 neue Orte dabei, u. a. eine berühmte Tropfsteinhöhle, eine Thorheim-Event-Location oder eine Kung Fu-Akademie. Die besondere Präsentation gehört seit Anfang an zu „Mord am Hellweg“ dazu.

Kriminetz: Die FC Criminale-Fußball-Mannschaft spielt jedes Jahr einmal während der CRIMINALE, der Zusammenkunft des SYNDIKATs. Hat diese Mannschaft schon je ein Spiel gewonnen? Welche Rolle spielst du dabei?

Herbert Knorr: Wir gewinnen jedes Mal – an Erfahrung! Aber im Ernst: Ich kann mich nur an zwei Siege erinnern; der letzte Sieg stammt, glaube ich aus dem Jahr 2016, als wir in Marburg gegen eine Art Blindenelf antraten. Ansonsten macht es einfach Spaß mit den Kollegen und manchmal sogar einer oder zwei Kolleginnen zu kicken. Wenn man mich nach meiner Rolle fragt, dann könnte ich jetzt sagen, ich bin sozusagen als ständiger Innenverteidiger der „Fels in der Brandung“ (mein Mannschafts-Nickname ist ja nicht umsonst „Schädelknacker“ und ich wurde daher letztens bei FB auch mit Phil Collins verwechselt), aber ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich für den FC Criminale wohl gar besondere keine Rolle spiele, denn sonst würden wir ja nicht immer so hoch verlieren. Meistens jedenfalls. Das gilt aber, wenn ich’s recht bedenke, auch für alle anderen Mitspieler.

Kriminetz: Welche Bücher würdest du aktuell mit in deinen Urlaub nehmen?

Herbert Knorr: Drei :
1) „Schlüssel 17“ von Marc Raabe. Weil er mir besonders ans Herz gelegt wurde und er auch Ende September bei „Mord am Hellweg“ zu Gast sein wird.
2) „Unterwerfung“ von Michel Houllebecq. Weil ich dieses Buch immer vor mir hergeschoben habe, jetzt aber endlich lesen möchte.
3) Ein Sachbuch über „Alexander von Humboldt. Seine Woche auf Teneriffa“. Wobei ich mit dem letzten Titel mein Urlaubsziel verraten habe!

Kriminetz: Du wurdest an einem ganz besonderen Tag geboren, den es nur alle vier Jahre gibt. Konntest du dich nicht bis zum 1. März gedulden? Ist Geduld heute eine deiner Stärken?

Herbert Knorr: Ich finde, der 29. Februar ist ein toller Geburtstag. Da ich nie weiß, ob ich, wenn kein Schaltjahr ist, am letzten Tag des Februar oder am ersten Tag des März‘ feiern soll, feiere ich halt gleich an beiden. Oder wenn ich keine Lust zum Feiern habe, eben gar nicht, weil ich ja keinen Geburtstag habe. Hat doch was. Und das mit der Geduld ... Na ja, ich will mich jetzt nicht als ungeduldiger Typ bezeichnen, aber mitunter geht mir vieles einfach viel zu langsam ...

Kriminetz: Vielen Dank, Herbert Knorr, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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