Sieben Fragen an Jochen Bender

Das Foto zeigt den Schriftsteller Jochen Bender. Foto: © beim Autor

Der Schriftsteller Jochen Bender studierte in Landau und Tübingen Psychologie und schrieb zugleich seinen ersten Roman. 2011 wurde mit Blinde & Gangsta sein erster Krimi veröffentlicht, mit einem Psychologen in einer Hauptrolle. Als Psychologe arbeitete er in unterschiedlichen Kontexten, von der Kriminologie und dem Frauenknast bis hin zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Auf vielfältige Weise begegneten ihm menschliche Abgründe und Ängste, aber auch Stärken und Hoffnungen.

Für Kriminetz beantwortete Jochen Bender sieben Fragen.

Kriminetz: Das SYNDIKAT, in dem wir beide Mitglied sind, veranstaltet im gesamten deutschen Sprachraum am Todestag Friedrich Glausers Benefizlesungen. Warst du an einer beteiligt und wenn ja, für welchen guten Zweck habt ihr euch engagiert?

Jochen Bender: Ich war nicht nur beteiligt, sondern organisierte die letzten 3 Jahre den Krimitag in Stuttgart. Zweimal lasen wir zu Gunsten des Vereins „Frauen helfen Frauen“, der unter anderem zwei Frauenhäuser betreibt. Der Kontakt kam im Zuge der Recherche für meinen Krimi „An der Kante“ Kontakt zustande. Dieses Jahr lasen wir zu Gunsten eines Projekts für Kinder in Bosnien unserer Kollegin Ulrike Blattner. Ulrike ist nicht nur Krimiautorin sondern auch Ärztin.

Kriminetz: Was bedeutet für dich die Mitgliedschaft im SYNDIKAT, der Vereinigung deutschsprachiger KrimiautorInnen?

Jochen Bender: Zunächst einmal freue ich mich jährlich auf die „Criminale“. Sie beinhaltet nicht nur jede Menge Lesungen für Krimi-Freunde, sondern ein interessantes Seminarprogramm für uns Autoren, das vom ersten Satz des neuen Krimis, über Pistolen-Schießen bis hin zum Knacken von Schlössern reicht. Letztendlich geht es aber darum, die Sichtbarkeit von uns deutschsprachigen KrimiautorInnen zu erhöhen. Nicht nur die Angelsachsen können gut schreiben.

Kriminetz: Weshalb hast du dich für das Genre Kriminalroman entschieden?

Jochen Bender: Gute Literatur muss unterhalten, aber reine Unterhaltung ist mir zu wenig. In meinen besten Krimis gelingt es mir den Leser zu unterhalten und zugleich ohne erhobenen Zeigefinger relevante gesellschaftliche Themen anzuschneiden. In „Ein feiges Attentat“ sind es Risiken beim Einsatz von V-Leuten, in „Die Millionen von Neresheim“ die Kirche und das liebe Geld und in „An der Kante“ Angst und Gewalt in Beziehungen. Für mich persönlich ist es im Genre Krimi am leichtesten, spannende Unterhaltung und relevante Themen unter einen Hut zu bringen. Ich schreibe aber nicht nur Krimis. Letztes Jahr veröffentlichte ich mit „Schwabenflucht“ eine Dystopie, in der ich ausmale, wie es aussehen könnte, wenn in Stuttgart und nicht in Aleppo Bürgerkrieg herrschte.

Kriminetz: Du bist Psychologe. Inwieweit fließt deine Arbeit in deine Krimis ein?

Jochen Bender: Teilweise sehr konkret. So gibt es in einem meiner Krimis eine Psychologin, die Pädophile behandeln, die ihre Neigung nicht leben und somit auch nicht straffällig werden. In einem anderen berichtet eine Psychologin sehr konkret über Ängste und deren Behandlung. Diese Punkte nehme ich sehr ernst. Ich bezeichne sie manchmal als Werbeblöcke für meinen Berufsstand. Hoffentlich setze ich diese sparsam genug ein, um keine Leser zu vergraulen.
Auf einer allgemeineren Ebene hilft mir mein psychologisches Wissen dabei, konsistente Charaktere zu kreieren. Ich erlebe meine psychologische Sicht jedoch nicht immer nur als Vorteil. So arbeite ich im Alltag mit der Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, die oft parallel nebeneinander bestehen. Gerade in konflikthaften, eskalierten Situationen ist so ein Blick oft von Vorteil. Diese Sicht auf die Welt beißt sich mit der Suche nach der Wahrheit, um die sich viele Krimi-Plots drehen.

Kriminetz: In deinem aktuellen Krimi „Der GinKönig muss sterben“ ermittelt Kommissar Jens Hurlebaus auf Malle, wohingegen Anita Schenk in den vorherigen Bänden Stuttgart treu blieb. Wie kam es dazu?

Jochen Bender: Anita Schenk reist im ersten Band für Ermittlungen nach Russland und schickt im sechsten Band ihren Kollegen Roland Berger nach Uganda. In den Bänden dazwischen geht es mal nach Schweden oder nach Frankreich. In meinem aktuellen Krimi wird durchaus auch in und um Stuttgart ermittelt. Aber es stimmt schon, dass sich der Schwerpunkt stärker ins Ausland verschoben hat.
Eines meiner literarischen Vorbilder ist Armistad Maupin mit seinen Stadtgeschichten. Diese umfassen sechs Bände und diese Zahl war für mich von Beginn an das Maß. Ich finde es deprimierend, wie spannende Ermittlerfiguren von KollegInnen durch zu viele Folgen ein müder Abklatsch ihrer selbst werden. Das wollte ich Anita Schenk und Roland Berger ersparen.
Es war für mich Zeit für etwas Neues und ich hoffe, meine Leser folgen mir. Wobei ich durchaus einräume, dass mir „Der GinKönig muss sterben“ nicht ganz so gut gelungen ist. Mit der Person Jens Hurlebaus bin ich zufrieden, mit meiner Erzählung der Geschichte hingegen nicht.

Kriminetz: Hast du eine Lieblingsbuchhandlung?

Jochen Bender: Nein.

Kriminetz: Willst du deinen Leserinnen und Lesern verraten, woran du derzeit arbeitest?

Jochen Bender: Jens Hurlebaus wird auf die Ostalb geschickt, um den Tod eines Wanderers zu untersuchen. Wurde der Mann tatsächlich das erste Wolfsopfer in Deutschland seit über einhundertfünfzig Jahren? Inspiriert wurde ich durch den Fall einer Engländerin, die 2016 in Griechenland von wilden Tieren gerissen wurde. Anschließend tobte ein erbitterter Streit, ob es Wölfe oder verwilderte Hunde waren. Ich halte das Wolfs-Thema für aktuell. Es steht für mich für das größere Thema unseres Umgangs mit der Natur. Ich hoffe diesmal gelingt es mir wieder gut, das Ganze in einen spannenden Krimi zu packen.

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Am 13. Dezember 2019, um 19 Uhr, ist Jochen Bender im Hillsons in Stuttgart bei einer Lesung mit Gin-Tasting anzutreffen.