Sieben Fragen an László I. Kish

Das Foto zeigt László I. Kish. Foto: © Ulrike Bliefert

Der Schauspieler, Regisseur und Kommunikationstrainer László I. Kish lebt in Berlin und Basel. Aufgewachsen ist er in der Schweiz, wo er in Zürich die Schauspielakademie besuchte. Davor hatte er in Basel Deutsch, Englisch und Kunstgeschichte studiert. Der Schauspieler, der auf vielen Bühnen spielte, ist auch krimiversiert: Er war bis 2001 der TATORT-Kommissar Philipp von Burg, wirkte mit bei den Rosenheim-Cops, Küstenwache, Polizeiruf 110 und bei den Eurocops. Auf dem Internationalen Filmfest von Locarno erhielt er 1994 für seine Regiearbeit „Gänsehaut“ den Nachwuchsleopard. Nach soviel Krimi-Erfahrung bietet es sich an, dass László I. Kish den diesjährigen „Tango Criminale“ moderiert, bei dem die „Oscars der deutschen Kriminalliteratur“, die Friedrich-Glauser-Preise, vergeben werden. Bei der Eröffnungsveranstaltung der Criminale in Solothurn wird er Briefe von Friedrich Glauser lesen. Einen ganz persönlichen Bezug hat László I. Kish zum Syndikat, das ist die Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur, die zum kriminellen Großereignis in die Schweiz einlädt: Seine Ehefrau Ulrike Bliefert ist Schauspielerin und zudem Krimi-Autorin.
László I. Kish ist Mitglied bei der Deutschen Filmakademie, im BFFS (Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler) und im ssfv (syndicat suisse film et video).

Für Kriminetz beantwortete László I. Kish sieben Fragen.

Kriminetz: Spielen Sie lieber einen Bösewicht oder einen von den Guten?

László I. Kish: Ich möchte vorausschicken, dass ich bei der Beantwortung dieser Frage vom Idealzustand ausgehe, nämlich von einem guten Drehbuch. Leider ist dies keine Selbstverständlichkeit. Viel zu oft findet der x-te Aufguss eines hirn- und phantasielosen Groschenromans, der uns vor allem in den Vorabendprogrammen immer häufiger begegnet, den Weg auf meinen Schreibtisch.
Bei einem guten Drehbuch ist es letztendlich gleichgültig ob „Bösewicht“ oder „Guter“, denn hier werden alle Charaktere vielschichtig und differenziert gezeichnet sein. Wichtig ist, dass der Schauspieler eine Herausforderung hat, die ihm ermöglicht Neues zu erforschen und über sich hinauszuwachsen. Ein Drehbuch das mir ermöglicht, mich mit meiner Schattenseite, den verdrängten Aspekten meiner Persönlichkeit, mit den Abgründen auseinanderzusetzen und dafür eine künstlerische Form zu finden, ist ein ganz grosses Geschenk. Zudem macht es einfach Spass den inneren Schweinehund mal spazieren zu führen.
Wenn ich hingegen vorgestanzte Phrasen dreschen muss wie „Wo waren sie zur Tatzeit?“, „Kann das jemand bezeugen?“, „Näheres kann ich erst nach der Obduktion sagen“, bleibt ehrlicherweise die Gage der einzige Anreiz die Rolle zu spielen.

Kriminetz: Wie erklären Sie sich als Schauspieler die ungebremste Lust der Zuschauer an Krimireihen wie „Tatort“?

László I. Kish: Erstens ist der TATORT ein eingeführtes Premiumprodukt. Das heisst, dass der Zuschauer in der Regel davon ausgehen kann, dass seine Erwartungen und sein Anspruch an Qualität erfüllt werden. Dass bisweilen auch Folgen dabei sind, die diesem Anspruch in keiner Weise genügen, bleibe an dieser Stelle jetzt mal unerwähnt.
Zweitens entsteht durch häufiges Wiedersehen der Ermittlerfiguren eine familiäre Verbundenheit. Wir kennen ihre Stärken und vor allem auch ihre Schwächen und sind gespannt, wie sie jetzt wieder mit der gegebenen Situation umgehen werden.
Drittens gibt es immer wieder den Teil der lokalen Verbundenheit. Es macht einfach Spass, Plätze und Strassen der eigenen Stadt im Fernsehen wiederzuerkennen.
Und viertens löst die Konditionierung durch den seit über 30 Jahren gleichbleibenden Sendeplatz, den Vorspann und die Musik ein Sonntagabend-Familiensofa-Wohlgefühl aus. Ein Ritual im besten Sinne des Wortes.

Kriminetz: Welche Bücher lesen Sie selbst gerne?

László I. Kish: Ich lese gerne Bücher, die mich in eine skurrile, aberwitzige Welt entführen. Die von einer grossen Lüge leben, die aber konsequent weitergedacht wird.
Beispiele: Kehlmann „Die Vermessung der Welt“, Nadolny „Die Entdeckung der Langsamkeit“, Jonas Jonasson „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“, T.C. Boyle „Wassermusik“. Und natürlich alles von Ulrike Bliefert :-)

Kriminetz: Sie haben vor wenigen Jahren „TheKish Experience“ gegründet. Was verbirgt sich dahinter?

László I. Kish: Als Schauspieler und Regisseur habe ich in den letzten 30 Jahren sehr viel Erfahrung mit öffentlichen Auftritten und im Umgang mit Publikum gesammelt. Ich habe seit geraumer Zeit schon viele junge Schauspieler unterrichtet und Quereinsteiger, die plötzlich vor die Kamera mussten gecoacht und angeleitet. Mit der Zeit erreichten mich zunehmend auch Anfragen von Unternehmern und Politikern, die ihre Öffentlichkeitswirkung und ihre Auftritts- bzw. Medienkompetenz verbessern wollten. Da war es nur ein kleiner Schritt hin zur Gründung von „TheKish Experience“. Ein Hilfsangebot für Menschen, die bereits in der Öffentlichkeit stehen, oder gerade vor diesem Schritt stehen. Sie können sich in der Kunst des Präsentierens und Vortragens coachen und unterrichten lassen. Wir bieten zusammen mit verschiedenen Kooperationspartnern im ganzen deutschsprachigen Raum Kurse und Schulungen an. Sowohl in eigenen Räumlichkeiten, als auch firmeninterne Inhouse-Schulungen. Andrerseits stossen die Einzelcoachings auf regen Zuspruch. Die Programme werden hier entsprechend der individuellen Bedürfnisse zusammengestellt. Das kann sich vom ersten Konzept für eine Präsentation bis hin zum Inszenieren und Einüben des Auftrittes bewegen. Ein Schwerpunkt ist die mentale Vorbereitung des Präsentators und das Auflösen von Auftritts- und Redeblockaden, dem sogenannten Lampenfieber.

Kriminetz: Kann das jeder lernen oder gibt es auch sogenannte „hoffnungslose“ Fälle?

László I. Kish: Es gibt keine "hoffnungslosen Fälle". Jeder dessen Sprechwerkzeuge funktionieren, kann auftreten und Reden halten. Das Geheimnis dabei ist, dass sie diese Fähigkeit nicht erst neu erlernen müssen, sondern sie schon längst besitzen. Menschen, die meinen nicht öffentlich reden zu können, blockieren sich lediglich selbst, indem sie ungünstige Verknüpfungen in ihrem Hirn machen. Verknüpfungen mit denen sie in der Situation dann tatsächlich scheitern müssen. Diese Verknüpfungen lassen sich glücklicherweise sehr schnell auflösen und statt ihrer installieren wir gemeinsam hilfreiche und unterstützende Gedanken und Gefühle und verknüpfen sie mit der Situation des öffentlichen Auftrittes. Das mag nach schwerer technischer Arbeit klingen. In Wahrheit handelt es sich um einen sehr lustvollen und motivierenden Prozess, der sehr schnell bereits hervorragende Resultate zeitigt. Der Rest ist wie bei jeder Kunstform Übungssache.

Kriminetz: Was ist der größte Fehler, den man machen kann, wenn man auf einer Bühne steht?

László I. Kish: Der Versuch die eigene Person herauszuhalten, möglichst „sachlich“ ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) zu präsentieren und damit gegen das erste Gebot der Bühne zu verstossen, das da lautet: „Du sollst Dein Publikum nicht langweilen!“

Kriminetz: Ihre Ehefrau Ulrike Bliefert, die ebenfalls Schauspielerin ist, ist auch noch Autorin. Haben Sie selbst auch schon mal damit geliebäugelt, einen Roman oder ein Drehbuch zu schreiben?

László I. Kish: Ich habe selbst einige Drehbücher geschrieben und einige auch schon verfilmt. Mein erster Roman liegt bei den Auftraggebern und wartet gerade auf das Lektorat. Zudem entsteht gerade ein Sachbuch. Natürlich zu dem Thema „Richtig präsentieren“. Obwohl ich ziemlich fleissig schreibe, kann ich derzeit noch kein Ende absehen.

Vielen Dank, László I. Kish, für die Beantwortung der Fragen.

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Und hier zu TheKish Experience