Sieben Fragen an Monika Geier

Das Foto zeigt Monika Geier. Foto: © Anne Walter

Die Hex ist tot ist der siebte Krimi der Schriftstellerin Monika Geier. Wie seine Vorgänger auch schon, ist er im Argument-Verlag erschienen. Monika Geier ist Diplom-Ingenieurin und entschied sich vor einigen Jahren dafür, diesen Beruf zugunsten ihrer schriftstellerischen Tätigkeit aufzugeben. Sie lebt mit ihrer Familie in Thaleischweiler-Fröschen. Für ihren Debütroman Wie könnt ihr schlafen erhielt Monika Geier den MARLOWE der Raymond-Chandler-Gesellschaft.

Für Kriminetz beantwortete Monika Geier sieben Fragen.

Kriminetz: Für eines der Opfer in „Die Hex ist tot“ hast du dir eine sehr schräge Art ausgedacht, es zu Tode zu bringen. Wobei der Akt an sich ziemlich brutal ist. Wie um alles in der Welt hat man solche Ideen?

Monika Geier: Du spielst sicher auf die Dame an, die kopfüber in einen Abwasserschacht gestopft wurde. Das ist ein Bild, das sich einem tatsächlich aufdrängt, wenn man ein wenig Zeit in Abwasserschächten verbracht hat. Die sind nämlich eng. In manche kommt man kaum rein, und man darf keine Angst vor Beklemmungszuständen haben. In meiner Lehre zur Tiefbauzeichnerin bin ich in einige Schächte gestiegen. Und manchmal dachte ich: Verdammt, ist das eng, da komm ich nie wieder raus …

Kriminetz: Beim Lesen deiner Krimis hat man den Eindruck, du verfügst über eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe auch für Details im zwischenmenschlichen Verhalten. Halten eure Nachbarn mit dir am Zaun ein Schwätzchen oder machen sie lediglich neutrale Aussagen beispielsweise über das Wetter, da sie dir keine Vorlagen für deine Krimis liefern wollen?

Monika Geier: Eigentlich ist es eher umgekehrt, die Leute kommen und tragen mir ihre Geschichten an. Ich wirke auch so im normalen Leben eher harmlos (huestel …). Neulich hat mir ein älterer Herr in der Bäckerei fast stolz anvertraut, dass er mal im Gefängnis war. Als ich fragte, wieso, war er sehr darüber erschrocken, dass er mir das öffentlich – praktisch vor dem halben Dorf – erzählt hat.

Kriminetz: Anorektiker hungern, werden immer weniger und verschwinden letztendlich von der Bildfläche. Was hat dich zu dem Thema Anorexie geführt?

Monika Geier: Eigene Erfahrung. Aber ich bin geheilt, schon lange.

Kriminetz: Die Hex hat sich ihren Beinamen redlich verdient. Sie war alles andere als freundlich zu Bettina Boll und ihrer Schwester Barbara, als sie klein waren und hauptsächlich Barbara bei ihr aufwachsen musste. Sie tat Vieles, um die beiden zu unterdrücken und sie daran zu hindern, sich entfalten zu dürfen. Es ist schwer für Bettina, dass sie sich nun ausgerechnet um diesen Menschen kümmern soll, der alles daran gesetzt hat, um sie und ihre Schwester zu verbiegen als sie ihr ausgeliefert waren, nun, da diese alt und dement sind. Ein Plädoyer, den eigenen Peinigern vor deren Tod zu vergeben, damit sie nicht als Gespenster wiederkehren und man sie nie mehr los wird?

Monika Geier: Ich glaube, um Vergebung geht es dabei nicht. Vergebung ist eine Angelegenheit zwischen zwei Personen, bei der die eine einen Fehler einsieht und die andere diesen entschuldigt. Das ist der Idealfall. Aber Menschen, die sterben, nehmen ihre Schuld oft mit. Die kommen nicht am Ende ihres Lebens plötzlich und sagen, hör mal, ich hab mich nie um dich gekümmert, Kind, ich hab dich gequält, Ehefrau, es tut mir leid. Die sterben einfach, ohne das Erlösende zu sagen. Und das ist eine fiese Falle für den Überlebenden, weil der dann mit allem Negativen allein dasteht und eben nicht die Möglichkeit hat, zu verzeihen. So entstehen in der Tat Gespenster und negative Familientraditionen, in denen die Opfer selbst wieder zu Tätern werden. Wie man diese Gespenster loswird und die Täterlinien durchbricht, weiß ich auch nicht so genau. Aber ich glaube, es ist hilfreich, den Gehenden in all seiner Bosheit und Kleinheit genau zu erfassen, dabei Distanz zu wahren, und sich ihm gegenüber absolut nichts zuschulden kommen zu lassen. Lieber ein bisschen großzügiger sein, dem alten Papa doch ein Grab gönnen und zur Beerdigung gehen. Dann ist er weggeräumt und hat einen festen Platz. So kann er nirgendwo wild herumspuken und man muss seine Fehler nicht wiederholen.

Kriminetz: Die Psychologin im Krimi scheint über den Dingen zu stehen: Sie weiß alles und sie hat vor allem sich selbst im Griff. Irgendwie wäre die Welt doch ziemlich langweilig, wenn alle ihre Emotionen vollständig zurückhalten würden?

Monika Geier: Selbstverständlich, aber genauso langweilig wäre es, wenn man jedem seine Emotionen sofort direkt vom Gesicht ablesen könnte.

Kriminetz: Du hast Architektur studiert. Ist das hilfreich bei deiner schriftstellerischen Tätikeit?

Monika Geier: Oh ja. Sollte ich jemals einen Leitfaden übers Schreiben verfassen, werde ich den LeserInnen ein Architekturstudium empfehlen. Man lernt kreatives Arbeiten. Konstruktion. Was über Schönheit. Und ein Projekt von allen Richtungen anzudenken. Das nützt alles sehr viel beim Schreiben.

Kriminetz: Welche Bücher liest du selbst am liebsten?

Monika Geier: Auweia, wo soll ich denn da bloß anfangen? Also im Moment lese ich „Sumerki Dämmerung“ von Dmitry Glukhovsky, das ist eine Empfehlung von meiner russischen Freundin Irina und sehr spannend. Am besten gefallen haben mir zuletzt „Tschick“ und „Sand“ des leider verstorbenen Wolfgang Herrndorf, von dem ich gerne noch viel viel mehr gelesen hätte! Dann hab ich die Saudi-Arabien-Krimis von Zoe Ferraris gelesen, die einen total spannenden Einblick in das Land geben und die absurdesten Auswüchse der Geschlechtertrennung beeindruckend nüchtern schildern. Und mein Lieblingsklassiker ist nach wie vor „Reisen mit Homer“ von Ernle Bradford. In diesem Buch könne ich leben …

Vielen Dank, Monika Geier, für die Beantwortung der Fragen.

Die Schriftstellerin bei amazon und im Argument-Verlag

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