Sieben Fragen an Oliver Mommsen

Das Foto zeigt Oliver Mommsen auf der Ludwigshafener Parkinsel. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Der Schauspieler Oliver Mommsen ist Fernsehfans aus zahlreichen Filmen bekannt. Um nur einige zu nennen: „Die heilige Hure“, „Der Dicke“, „Komasaufen“ und „Ohne dich“. Er hat auch in vielen Serien wie etwa „Ein Fall für zwei“, „Der Kriminalist“ und „Der Staatsanwalt“ mitgespielt. In der Bremer TATORT-Reihe spielt Oliver Mommsen seit 2001 den Ermittler Stedefreund. Oliver Mommsen spielt aber auch mit Vorliebe am Theater, etwa in „Gut gegen Nordwind“ oder „The King’s Speech“.

2006 erhielt er bei der Verleihung des Deutschen Fernsehkrimipreises den Sonderpreis als Bester Nebendarsteller für seine Rolle im TATORT Scheherazade.

In dem Film Ein offener Käfig des SWR spielt Oliver Mommsen den Bruder eines Sexualstraftäters, der wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden soll. Bei der Auszeichnung des Filmes mit dem Medienpreis beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen war neben den Redakteuren des SWR und anderen am Film Beteiligten auch Oliver Mommsen auf die Parkinsel gereist. Dies war eine willkommene Gelegenheit für Kriminetz-Redakteurin Claudia Schmid, die zu Gast bei den Dreharbeiten war, den Termin für ein Interview zu nutzen.

Für Kriminetz beantwortete Oliver Mommsen sieben Fragen.

Kriminetz: Was hat dich am Drehbuch zu „Ein offener Käfig“ überzeugt? Weshalb wolltest du diesen Robert Döhring spielen?

Oliver Mommsen: Der Robert ist ein normaler Mensch, der mit einer Situation konfrontiert wird, die nicht in sein System passt. Das ist das Schöne am Film, dass du eine Rolle spielen kannst, die ganz wenigen Menschen in der Realität passiert. In Roberts Leben bricht etwas ein, das dabei ist, sein ganzes Leben, das er sich aufgebaut hat, zu zerstören. Es ist eine Situation, mit der man im Normalfall nichts zu tun haben will. Alles droht einzubrechen. Er ist aber kein Mann mit Superkräften sondern ein Normalo. Du musst als Schauspieler gucken, wie reagiert der. Das ist jetzt nicht so definiert wie zum Beispiel eine Rolle beim Kommissar. Da weiß man schon, o. k., da habe ich eine bestimmte Aufgabe. Das ist auch kein Genre. Was ich auch gerne und viel spielen darf, ist Komödie. Da passieren auch krasse Sachen, aber die haben keine lange Wirkung. Es macht Schnipp und schon ist es wieder weg. Das ist das Prinzip der Komödie, alles passiert nach einem Rhythmus.
Bei diesem Film, finde ich, gibt es keine Vorgabe, weder über das Berufsbild noch über das Genre. Das ist eine klare eins zu eins Geschichte, da kann man sich nicht mit irgendwelchen Tricks wieder heraus mogeln. Man muss einfach gucken, wie würde ich reagieren, wenn mir so etwas passieren würde. Du musst ganz ehrlich sein.

Kriminetz: Du spielst den Robert Döring sehr überzeugend. Da spielt sich auch viel im Gesicht ab?

Oliver Mommsen: Das ist das Schöne, das man nicht immer reden muss. Manchmal liest du Drehbücher, da denkst du dir, lass uns ein schönes Hörbuch daraus machen, da wird ja über alles geredet. Das ist zum Beispiel bei den Sonntagabendfilmen, ohne die jetzt zu bewerten, da werden riesengroße Themen aufgemacht. Der Vater ist gar nicht der Vater, und dies ist ein großes Familiengeheimnis und so weiter. Die sitzen und reden die ganze Zeit. Das ist halt schwer zu spielen, wenn die ganze Zeit geplappert wird.

Kriminetz: Wie hast du dich selbst der Thematik, die dem Film zugrunde liegt, genähert?

Oliver Mommsen: Ja gut, du hast das Drehbuch, das dir die Reaktion vorgibt, wo ganz klar auch drin steht, wie er reagiert. Du versuchst als Schauspieler herauszufinden, kann ich diesen Weg für mich lösen? Manchmal reagiert eine Figur in einem Film so, dass du sagst, das verstehe ich nicht. Bei diesem Film war die gemeinsame Leseprobe mit dem Regisseur und eine lange gemeinsame Zugfahrt mit dem Drehbuchautor Holger Joos ein Glücksfall. Da konnte ich wirklich alles fragen. Das ist einfach die Hauptvorbereitung, den Weg des Autors nachzuvollziehen und das für dich glaubwürdig hinzukriegen. Dann kannst du dir sagen, o. k., die Figur ist so und so angelegt, wie kann ich das machen. Du bekommst bei einem guten Drehbuch alle Informationen, die du zum Spielen brauchst.

Kriminetz: Wie war die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Johannes Grieser?

Oliver Mommsen: Ganz ganz toll! Johannes Grieser ist ein Regisseur, der ganz genau guckt, der keine Tricks durchgehen lässt. Der will eine Wahrhaftigkeit und eine Schlankheit. Ich mag eine Szene sehr gerne: Als Lisa, also meine Frau, gespielt von Anna Schudt, heraus findet, dass der Bruder Georg im Knast war und Robert damit konfrontiert. Da wird was geredet, aber das ist gar nicht so wichtig, viel wichtiger ist, was zwischen den beiden läuft. Obwohl ein großer Betrug stattgefunden hat, soll trotzdem noch Nähe zwischen den beiden da sein. Da kommt dann auch die Kraft des Regisseurs. Das ist die große Qualität von Johannes, dass der einem auch die Zeit gibt. Man braucht die Zeit für das Einatmen und für den Blick, man muss das Ganze ja auch sacken lassen. Das war ein Geschenk. Du musst dem Regisseur vertrauen.
Es war meine erste Zusammenarbeit mit dem Regisseur, und die zweite mit dem SWR. Da durfte ich in „Komasaufen“ schon eine Rolle spielen, die auch nicht so in meinem Repertoire liegt. Ein ziemlich unangenehmer Kerl, der nicht so richtig weiß, wie man mit Kindern umgeht und der ganz auf seinen eigenen geschaffenen Erfolg fokussiert ist und der meint mit dem Motto „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ alle Probleme lösen zu können. Er denkt, man könnte jedes Problem lösen, indem man sich einfach nur anstrengt.
Das war eine tolle Arbeit mit dem SWR. Dass dann so kurz danach gleich wieder ein Angebot für so eine große Rolle kommt, das war aufregend und ein Glücksfall.

Kriminetz: Ich hatte den Eindruck, bei den Dreharbeiten wurde jeder „auf Augenhöhe“ behandelt. Liegt hier das Geheimnis des Erfolgs der Zusammenarbeit?

Oliver Mommsen: Auf jeden Fall! Jeder Regisseur arbeitet anders. Der andere macht um sich selber herum eine Wand, so dass du nicht an ihn dran kommst. Die haben alle verschiedene Methoden. Das heißt, du bist permanent in einem Zustand des Nichtwissens, was dich als Schauspieler natürlich dazu reizt, etwas anzubieten. Als Schauspieler bietest du erstmal was an, und wenn der Regisseur darauf eingeht, holst du weiter aus. Das ist wie bei einem Spiel. Johannes Grieser brennt für eine Geschichte.

Kriminetz: Es wäre doch spannend gewesen, das Brüderpaar „gegen den Strich zu besetzen“. Martin Feivel hätte den Robert spielen können und du doch auch „den Bösen“?

Oliver Mommsen: Was ich beim Martin so toll finde: Der bringt eine große physische Präsenz mit, die muss jetzt gar nicht bedrohlich sein. Wenn Martin auftritt, ist da eine Kraft. Das Tolle am Georg ist, der ist kein Opfer. Das ist ein Mensch, der weiterleben möchte. Der seine Taten nicht los wird, aber nicht die ganze Zeit herum läuft und nicht die ganze Zeit sagt „ich habe etwas Schlimmes gemacht“. Er will weiterleben. Er hat eine große Brüchigkeit.
Martin ist ein Traumkollege.

Kriminetz: Würdest du denn gerne mal einen Bösewicht spielen?

Oliver Mommsen: Ich spiele auch Bösewichte, aber selten. Ich glaube, das kommt mit dem Alter. Man wächst ja in den Beruf immer weiter hinein.

Kriminetz: Vielen Dank, Oliver Mommsen, für die Beantwortung der sieben Fragen.

Zum Trailer des Films Ein offener Käfig

Kriminetz-Redakteurin Claudia Schmid im Gespräch mit Oliver Mommsen. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Oliver Mommsen im Gespräch mit Kriminetz. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz