Sieben Fragen an Sabrina Hausen

Das Foto zeigt Rechtsanwältin Sabrina Hausen

Sabrina Hausen wollte schon als Schülerin Rechtsanwältin werden. In Heidelberg studierte sie dann Jura, dieses Studium schloss sie nach acht Semestern mit ihrem Examen ab. Ihr anschließendes Referendariat, welches sie mit dem zweiten Staatsexamen beendete, absolvierte sie beim Mannheimer Landgericht.

Bereits während ihres Studiums war sie auf das Thema gestoßen, das sie in ihrer Anwaltskanzlei neben anderem auch jetzt am meisten beschäftigt, und zwar die Rechte von Kriminalitätsopfern.

Die Anwältin mit dem festen Händedruck engagiert sich sozial und kümmert sich gerne um andere. Dabei schielt sie nicht auf das Einkommen, sondern kann sich auch darüber freuen, wenn es ihr gelingt, anderen zu helfen, ihr Leben auf die Reihe zu kriegen. Etwa, wenn es darum geht, einem Menschen, der unverschuldet zum Opfer einer Straftat wurde, zu dessen Rechten zu verhelfen und diese zu wahren und ihm damit den Schritt zurück ins Leben zu erleichtern.

Für Kriminetz beantwortete Sabrina Hausen sieben Fragen.

Kriminetz: Ein Teil Ihres beruflichen Alltages als Rechtsanwältin sieht so aus, dass Sie Opfer vertreten. Nun kenne ich das Strafrecht – gibt es damit vergleichbar ein „Opferrecht“?

Sabrina Hausen: Ein Mensch, der zum Kriminalitätsopfer wurde hat gesetzlich festgelegte Rechte, welche jedoch nicht in einem einzigen Gesetzestext zu finden sind, sondern in mehreren. Die Rechte, die einem Opfer im Strafverfahren zur Verfügung stehen, befinden sich in der Strafprozessordnung (StPO), dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) und im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Rechte, die dem Opfer bei sozialrechtlichen Fragestellungen, zum Beispiel bei Rentenansprüchen und anderem zur Verfügung stehen, findet man im Opferentschädigungsgesetz (OEG). Und natürlich berücksichtigt auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), gerade, wenn es um Schmerzensgeld geht, die spezielle Opferrolle der Partei, die Ansprüche aus einer Straftat geltend machen möchte.

Im Juni 2013 hat der Bundestag jedoch ein spezielles Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) beschlossen in welchem es ausschließlich um die Rechte von Opfern geht. Dies beinhaltet allerdings Änderungen der eben genannten Gesetze und ist insoweit kein eigener Gesetzestext.

Kriminetz: Unverschuldet zum Opfer einer Straftat zu werden ist ein Einschnitt. Wie kann man jemand helfen, sich aus dieser Rolle als Opfer zu befreien, sie wieder abzulegen?

Sabrina Hausen: Diese Rolle wieder abzulegen, dürfte je nach Straftat und je nach psychischer Konstitution des jeweils Betroffenen unterschiedlich schwer sein. Ich denke, dass es hilft, wenn ich – als Opferanwältin – den Betroffenen deutlich mache, dass sie unverschuldet in dieser Lage sind und dass ihnen Rechte zur Seite stehen, welche das auch untermauern. Die Rechte im Strafverfahren können durchaus dazu beitragen, dass der jeweils Betroffene erkennt, dass er nicht der Verursacher dieser schlimmen Situation ist und dass er alles daran setzen kann, dies in der Öffentlichkeit deutlich zu machen.

Auf diese Art und Weise denke ich, wird dem Kriminalitätsopfer die Möglichkeit eröffnet, irgendwann mit diesem Einschnitt fertig zu werden.

Kriminetz: Wenn Sie gebeten werden, ein Opfer zu begleiten, etwa zur Zeugenaussage vor Gericht, machen Sie das dann auch?

Sabrina Hausen: Da gibt es nur eine klare Antwort: Selbstverständlich!

Kriminetz: Welche Rolle hat denn das Opfer in einem Strafprozess gegen den Täter?

Sabrina Hausen: Meistens ist das Kriminalitätsopfer leider der Zeuge, der am engsten am Geschehen dabei war, der den Täter unter Umständen kennt, der eine Vorgeschichte erzählen kann und der hautnah erleben musste, was der Täter ihm angetan hat. Leider fühlen sich Kriminalitätsopfer aufgrund dieser Zeugeneigenschaft oft sehr unwohl, weil sie mehrfach vernommen werden, weil sie das Gefühl haben selbst unter die Lupe genommen zu werden und weil man natürlich ein großes Augenmerk darauf hat, ob dieser Zeuge dem Täter vielleicht schlimmeres nachsagt als tatsächlich gewesen ist. Deswegen ist es aus meiner Sicht von großer Wichtigkeit, dass das Opfer einen eigenen Rechtsbeistand zur Seite gestellt bekommt, der zum einen als Organ der Rechtspflege natürlich aufzupassen hat, dass die Wahrheit über die Straftat in all ihren oft schrecklichen Nuancen von dem Opfer berichtet wird. Der aber zum anderen auch Interessenvertreter ist und so ein bisschen auf das Opfer in rechtlicher Hinsicht – zum Beispiel bei Vernehmungen - aufpassen kann.

Kriminetz: Auch ein Anwalt muss von etwas leben, Gerichtsverfahren kosten Geld etc. Was passiert eigentlich, wenn ein Opfer völlig mittellos ist? Muss es dann auf seine Rechte verzichten?

Sabrina Hausen: Nein, muss es nicht. Je nach Straftat sieht die Strafprozessordnung vor, dass ein Rechtsbeistand zur Seite gestellt werden kann und der Staat diese Kosten übernimmt. Bei anderen Straftaten gibt es dann noch die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu beantragen. Und in letzter Instanz gibt es Opferschutzorganisationen, wie zum Beispiel den Weissen Ring, die auch finanzielle Unterstützung leisten können.

Kriminetz: Kann auch ein Opfer, das sich nicht dazu durchringen kann, eine Strafanzeige zu erstatten, irgendwelche Hilfen in Anspruch nehmen?

Sabrina Hausen: Hier kann ich Bezug nehmen auf die vorherige Frage. Natürlich können sich Kriminalitätsopfer an Opferschutzorganisationen wenden, welche auf verschiedene Arten unterstützen können. Oft kennen diese Opferschutzorganisationen gute Anlaufstellen für psychologische Betreuung. Oder die Mitarbeiter dieser Opferschutzorganisationen hören dem Betroffenen einfach nur zu, was auch schon eine Hilfe sein kann.

Kriminetz: Der Idealfall ist natürlich, man wird er erst gar nicht zum Opfer einer Straftat. Was können Frauen und Mädchen tun, um sich davor zu wappnen?

Sabrina Hausen: Ich halte jeden Selbstbehauptungskurs für absolut sinnvoll. Außerdem denke ich, dass man als Frau in manchen Situationen vielleicht weniger mutig sein sollte... Damit meine ich, dass man das Angebot sich zum Auto bringen zu lassen durchaus annehmen kann oder manche Gegenden einfach nicht alleine aufsuchen sollte.

Vielen Dank, Sabrina Hausen, für die Beantwortung der Fragen.

Link zur Anwaltsseite von Sabrina Hausen