Sieben Fragen an Thomas Przybilka

Thomas Przybilka wurde bei einer Criminale mit dem Ehrenglauser des SYNDIKATs ausgezeichnet. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz

Thomas Przybilka, geboren 1950 in Ost-Berlin, lebt seit 1960 in Bonn und arbeitete als angestellter Buchhändler. Er gründete 1989 das Bonner Krimi Archiv Sekundärliteratur (BoKAS) und publizierte zur Kriminalliteratur im In- und Ausland. Er fungierte als Mitherausgeber der "Alligatorpapiere. Magazin zur Kriminalliteratur", Herausgeber des "Krimi-Tipp Sekundärliteratur" und "Krimi-Tipp Primärliteratur". Von 1998 bis Mitte 2015 führte er die Bonner Niederlassung einer wissenschaftlichen Versandbuchhandlung. Er ist seit 1991 Vollmitglied im SYNDIKAT, war bis 2007 Jury-Sekretär für den „Friedrich-Glauser-Preis – Krimipreis der Autoren“ (in den Sparten Roman, Debut und Ehrenglauser).

Thomas Przybilka ist Chairman Germany der AIEP/IACW (Asociación Internacional de Escritores Policiacos / International Association of Crime Writers) und seit 2004 gewählter AIEP/IACW Vice President Western Europe. 2012 wurde ihm "in Würdigung seines Engagements für die deutschsprachige Kriminalliteratur und für sein bisheriges literarisches Gesamtwerk im Bereich Kriminalliteratur" der Ehrenglauser des SYNDIKATs verliehen.

Für Kriminetz beantwortete Thomas Przybilka sieben Fragen.

Kriminetz: Beim Lesen deiner Vita drängt sich der Topos auf „Ein Leben mit dem Krimi“. Liest du immer noch gerne Kriminalromane?

Thomas Przybilka: Ja, ich lese fast ausschließlich Kriminalromane und/oder Thriller. Jedenfalls dann, wenn ich Zeit dafür finde. Fernsehen ist, bis auf Nachrichten und sehr ausgewählten Filmen, seit einigen Monaten abgemeldet. So habe ich wenigstens am Abend Zeit, Bücher halbwegs kontinuierlich zu lesen, ohne am nächsten Tag wieder zurückblättern zu müssen. Zum Krimi, sprich Spannungsliteratur, bin ich schon sehr frühzeitig gekommen: „Fünf Freunde …“, „Geheimnis um …“ von Enid Blyton, „Das rote U“ waren die Einstiegsdrogen. Später dann etwas Arthur Conan Doyle und Agatha Christie, um dann schnurstracks zu den amerikanischen Hardboiled-Autoren zu finden.

Kriminetz: 1989 hast du das Bonner Krimiarchiv für Sekundärliteratur gegründet. Was war für dich der Anlass dafür?

Thomas Przybilka: Ein etwas kurioser Zufall. Ende 1988 landete bei mir eine Anfrage aus Hamburg, ob ich wüsste, was es an weiterführender zum (damals sehr populären) „Frauenkrimi“ gäbe. Diese Anfrage nahm ich mehr oder weniger auf die leichte Schulter, in der Gewissheit, nicht gerade viel Sekundärliteratur zum Thema zu finden. Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Ich fand jede Menge Artikel, Aufsätze etc und konnte erst im Herbst 1989 die Anfrage aus Hamburg befriedigend beantworten. Diese Anfrage war somit der Grundstein für das Bonner Krimi Archiv Sekundärliteratur (BoKAS). Das Non-Profit-Archiv ist inzwischen so gewachsen, dass ich behaupten darf, es handelt sich beim BoKAS um das größte Archiv seiner Art im deutschsprachigen Raum (Buchpublikationen, Magazine und Zeitschriften, Magister- und Doktorarbeiten, gut und gerne an die 100.000 Zeitungsartikel). Zugleich ist das Archiv im In- und Ausland so bekannt geworden, dass hier Doktoranden aus Deutschland, Europa und Übersee für ihre Arbeiten recherchieren konnten und können.

Kriminetz: Du warst Mitherausgeber der „Alligatorpapiere. Magazin zur Kriminalliteratur". Wie seid ihr auf diesen Namen gekommen?

Thomas Przybilka: Nachdem das Krimijahrbuch mit der Ausgabe 2008 im NordPark Verlag eingestellt wurde, haben Alfred Miersch, NordPark-Verleger und Webmaster der ehemaligen „Alligatorpapiere“ (und immer noch Webmaster für bokas.de) und ich beschlossen, die „Alligatorpapiere – Magazin zur Kriminalliteratur“ als Printausgabe herauszugeben. Leider hielten sich die Abonnenten so zurück, dass nur 2 Ausgaben erschienen! Der Name „Alligatorpapiere“ stammt ausschließlich von Alfred Miersch. Er hatte »vor unzähligen Jahren die Idee einer Kriminalgeschichte, in der eine Organisation Menschen mit Chemikalien vergiftet, durch die ihre Gehirne sozusagen versteinerten, hart wurden wie Alligatorhaut. Der Held klärt dieses Geschehen auf und entdeckt die Formel der Chemikalien. Die Unterlagen für diese Vergiftungskation nennt er die „Alligatorpapiere“« (Originalzitat Alfred Miersch). Diese Krimigeschichte ist übrigens nie geschrieben worden, aber Alfred Miersch wählte diesen Namen, als er die Krimiseite einrichtete.

Kriminetz: Mit welchen Worten empfiehlst du jungen Kolleginnen und Kollegen eine Mitgliedschaft beim Syndikat, dem Verein zur Förderung deutschsprachiger Kriminalliteratur?

Thomas Przybilka: Das Syndikat bietet neuen Mitgliedern die beste Basis für einen intensiven Gedankenaustausch und gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Arbeit zum Beispiel auf der jährlich stattfindenden „Crininale“ bei öffentlichen Lesungen vorzustellen. Außerdem haben sie hier die Möglichkeit, mit etablierten Kolleginnen und Kollegen Bekanntschaften oder Freundschaften zu schließen. Podiumsdiskussionen, Vorträge und Workshops dürften garantiert auch für die Schreibarbeit hilfreich sein.

Kriminetz: Du warst Jury-Sekretär für den „Friedrich-Glauser-Preis – Krimipreis der Autoren“ (in den Sparten Roman, Debut und Ehrenglauser). Wurden dabei einige Perlen zutage gefördert, die heute noch glänzen?

Thomas Przybilka: Aber ja doch – Namen (für Debüt und Roman) wie Bernhard Jaumann, Horst Eckert, Uta-Maria Heim, Norbert Horst, Robert Hültner, Karr & Wehner, Hartmut Mechtel, Astrid Paprotta, Stefan Slupetzky oder Christoph Spielberg sind solche heute noch glänzende Perlen! Und auch die Träger des Ehrenglauser haben von ihrer Strahlkraft nichts eingebüßt: Doris Gercke, Felix Huby, Michael Molsner, Ingrid Noll oder Irene Rodrian. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, die kleine Aufzählung der Kolleginnen und Kollegen erfolgte alphabetisch! Um dies noch anzufügen – an die Zeit als Jury-Sekretär erinnere ich mich (und natürlich auch meine Frau) sehr gerne zurück. Es waren spannende Diskussionen und nach der Findung der Preisträger oft lange Nächte mit den Juroren zusammen, die mit besten Erinnerungen verknüpft sind.

Kriminetz: Im Jahr 2012 wurdest du „in Würdigung deines Engagements für die deutschsprachige Kriminalliteratur und für dein bisheriges literarisches Gesamtwerk im Bereich Kriminalliteratur" mit dem Ehren-Glauser des SYNDIKATs ausgezeichnet. Dieser Preis war offenbar kein Anlass, um dich zur Ruhe zu setzen?

Thomas Przybilka: Um es kurz zu sagen: Nein!

Kriminetz: Wie siehst du die Entwicklung im Bereich Krimi? Gibt es deiner Ansicht nach zu viele davon?

Thomas Przybilka: Tja, eine etwas schwierige Frage. Bei den seit Jahren überaus zahlreichen Veröffentlichungen von Kriminalromanen/Thriller gibt es jede Menge highlights, sowohl aus dem deutschsprachigen Raum wie auch als Übersetzungen aus dem Ausland. Aber: wo Licht ist, ist auch Schatten - und um ehrlich zu sein, frage ich mich manchmal, warum dieser oder jener Kriminalroman das Licht einer Veröffentlichung erblickt hat.

Kriminetz: Vielen Dank, Thomas Przybilka, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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