Sieben Fragen an Ulrike Bliefert

Das Foto zeigt Ulrike Bliefert. Foto: © Robert Berghoff

Demnächst heißt es wieder „Ton läuft, Kamera läuft und bitte!“, wenn in Monreal die Dreharbeiten zu Der Bulle und das Landei IV beginnen. Mit dabei wird auch wieder Ulrike Bliefert sein. Die vielseitige Künstlerin studierte Germanistik, Anglistik und Theaterwissenschaften, nahm parallel dazu Schauspielunterricht und verbrachte ihre Anfängerjahre am Grips-Theater in Berlin. Dem Fernsehpublikum ist sie spätestens seit ihrer Darstellung der Maximiliane von Quindt in Jauche und Levkojen bekannt. Sie spielte bis heute mehr als 40 Hauptrollen in Filmen und Fernsehspielen - u.a. wirkte sie gleich vier Mal im TATORT mit; auf beiden Seiten des Gesetzes - und arbeitet als Hörspiel-, Feature- und Hörbuchsprecherin. Doch die Schauspielerin übt noch einen zweiten Beruf aus: Sie ist Schriftstellerin und schreibt Krimis.

Für Kriminetz beantwortete Ulrike Bliefert sieben Fragen.

Kriminetz: Viele Fernsehzuschauer freuen sich, dich in „Der Bulle und das Landei“ wiederzusehen. Sind die Dreharbeiten so witzig wie der fertige Film?

Ulrike Bliefert: Ja, in diesem Fall ist das tatsächlich so! Wenn man in so einer so liebevoll kreierten Reihe mitspielt und sich ein Mal im Jahr in einem Dörfchen wie Monreal trifft, dann ist das schon ein Highlight für sich! Charles Dickens hat einmal gesagt: „Nichts auf der Welt ist so ansteckend wie Gelächter und gute Laune.“ Monreal in dieser Hinsicht hoch infektiös! Und man rennt nach Drehschluss nicht wie üblich einfach auseinander. Mit Uwe Ochsenknecht, Diana Amft und Andreas Birkner - der den Dorfpolizisten spielt – wird nach Drehschluss zum Beispiel immer wieder mal ordentlich Poker gespielt!

Kriminetz: Du hast in vielen Filmen mitgespielt, mit ebenfalls sehr bekannten Kollegen. Wonach hast du deine Rollen ausgewählt?

Ulrike Bliefert: Ich hatte einfach Glück. Von der Sitcom bis zur Tragödie hat man mir mein Leben lang alles zugetraut und angeboten. Ich gehöre noch zu einer Schauspielergeneration, in der man sich nicht mit 25 auf blondes Hasilein festlegen lassen musste, um dann ab 30 bereits auf die ersten chirurgischen Eingriffe zur Aufrechterhaltung des Hasiliein-Images zu sparen. Ohne solide Schauspielausbildung hatte man damals keine Chance, und man hat – zutiefst ehrfürchtig und dankbar - von großen Kolleginnen und Kollegen wie Heinz Rühmann, Rudolf Platte oder der von mir als Kollegin heiß geliebten Inge Meysel gelernt, wie das Film- und Fernsehhandwerk geht. Heute geht es häufig mehr um Image und Marketing als um künstlerische Weiterentwicklung oder Wandlungsfähigkeit. TV-Schauspieler sind „RTL-Gesichter“ oder „ZDF-Gesichter“ und vertreten mit ihrer Person und Persönlichkeit die jeweilige corporate identity; das ist ein ganz anderer Umgang mit dem Beruf und mir – als Jahrgang `51 – so fremd wie dem Pinguin die Sahara.

Kriminetz: Wie finden die Stoffe für deine Krimis zu dir?

Ulrike Bliefert: Ich bin ein Nachrichten-Junkie und lese, wenn es irgend geht, allwöchentlich den „spiegel“ von der ersten bis zur letzten Seite. Wenn mich dabei etwas ganz besonders aufregt, gehe ich in die entsprechenden online-Diskussionsforen und schau mir an, wie meine Mitmenschen sich zu diesem oder jenem Thema verhalten. Meist sorgt danach Wut, Empörung oder das Gefühl von schreiender Ungerechtigkeit für die Geburt eines neuen Krimi-Stoffes. Das ist – zugegeben – dem Folgen vorgegebener Marketing-Strategien diametral entgegengesetzt, aber ich brauche nunmal diesen ganz persönlichen, emotionalen Schreib-Anlass. Vielleicht, weil wir es als SchauspielerInnen gewöhnt sind, uns zum Anwalt unserer Figuren zu machen und ihre Eigenheiten – so fremd sie uns auch sein mögen – zu lieben. Um es mit meinem österreichischen Kollegen Josef Meinrad auszudrücken: A bisserl Herzblut muss ma scho verprizzln...

Kriminetz: Beim Schauspielen gibt es einen Regisseur, dessen Anweisungen erfüllt werden müssen. Beim Schreiben bist du dein eigener Regisseur, Dramaturg etc. Kann man sagen, dass beim Schreiben der eigene Spielraum für die Kreativität größer ist?

Ulrike Bliefert: Es ist genau umgekehrt: Heutzutage hat der Regisseur oder die Regisseurin in allererster Linie dafür zu sorgen, dass die immer enger gesteckten Drehpläne erfüllt werden und bloß keine Überstunden anfallen. D.h. in 99,9% aller Fälle ist da für künstlerische Gestaltungsfragen keine Zeit. Am Set bin ich insofern meine eigene Herrin; ich hab mich nach einem – eventuell, aber auch nicht immer vor Beginn der Dreharbeiten stattgefunden habenden – Rollengespräch zuhause auf die Szene vorbereitet und bekomme dann vor Ort in den allermeisten Fällen lediglich noch Anweisungen bezüglich der Positionen und Bewegungen im Raum.
Anders beim Schreiben. Dort wird man mit einer Unzahl von „musts“ und „dont’s“ konfrontiert, weil die immer wieder als Buhmann zitierten Buchhändler, wie es heißt, „sonst nicht auf das Werk anspringen“. „Krimis müssen dunkle Cover haben, sonst wissen die Buchhändler nicht, wo sie das Buch einordnen sollen!“ – „Aber es steht doch dick und fett KRIMINNALROMAN drauf!“ – „Trotzdem!“ – „Aber meine Geschichte ist überhaupt nicht düster und blutrünstig!“ – „Egal!“
Ein Freund von mir hat in den 90er Jahren den einschlägigen Verlagen eine Seeräuber-Geschichte für Jugendliche angeboten. Das Echo lautete: „Piraten?! Nee! Das interessiert doch heutzutage keinen Menschen mehr! Schreiben Sie Kelten-Geschichten!“ – Er hat das Piraten-Buch nie zuende geschrieben. Jetzt sitzt er auf seiner Kelten-Geschichte, weil...: „Kelten?! Wen soll denn das hinter’m Ofen hervorlocken?“
Fazit: Man sollte schreiben, was man schreiben will und die Verkoofe-oder-nicht-Verkoofe getrost dem Großen McFatum überlassen!

Kriminetz: Arbeitest du im Moment an einem neuen Buch-Projekt und willst du etwas darüber verraten?

Ulrike Bliefert: In den nächsten Tagen kommt in der Arena-Thriller-Reihe mein neues Buch „Schattenherz“ heraus. Ich bin ganz schön aufgeregt, denn ich habe mit Hilfe von Freunden aus der Filmbranche einen booktrailer dazu produziert und bin von daher nicht nur gespannt darauf, wie das Buch ankommt sondern auch darauf, wie das Zuschauerecho auf den Trailer ausfällt!
Aktuell schreibe ich an einem Jahrhundertwende-Krimi: „Auguste und der Tod der Schlangenfrau“. Er erscheint nächstes Jahr im Dryas-Verlag. Die „Auguste“ ist eine Herzensprojekt von mir; insofern bin ich bei diesem kleinen, engagierten Verlag gut aufgehoben. Dort wird mir als Autorin erheblich mehr Mitspracherecht und Gestaltungsfreiheit gelassen, als das gemeinhin üblich ist.

Kriminetz: Du warst eine Weile an den Städtischen Bühnen in Heidelberg engagiert. An was erinnerst du dich aus dieser Zeit besonders gerne?

Ulrike Bliefert: Daran, dass ich dort meinen Mann kennengelernt habe ;o)
Mal im Ernst: Wer wie ich als Anfängerin – ob beim Contrakreis-Theater in Bonn oder beim beim Grips-Theater in Berlin - weitgehende Freiheiten genossen und ansonsten immer freiberuflich gearbeitet hat, kommt mit der Tatsache, dass ein allmächtiger Intendant plötzlich meint, er müsse ex cathedra „karriererelevante Entscheidungen“ für einen treffen, nicht klar. Ich hab mir, als ich nach meiner letzten Vorstellung dort die Bühne verließ, geschworen, dass ich nie, nie wieder in ein festes Engagement gehen werde. Und ich hab mich bis heute daran gehalten.

Kriminetz: Ist unter all deinen Rollen eine Lieblingsrolle dabei?

Ulrike Bliefert: Ach, da gibt es viele: die Maximiliane, die Ulla in „Das Amt“ und die „Tante Ria“ in „Morden im Norden“. Leider wurde ich mitsamt meiner Kollegin Petra Kelling, die die andere Tante gespielt hat, in der zweiten Staffel aus der Serie gekickt. Erst sollten wir betont altmodisch-hanseatisch daherkommen, dann hieß es plötzlich wir müssten ab der 2. Staffel „moderner“ werden. Das ist etwa so, als würde ich mir eine Weihnachtsgans kaufen und dann von ihr verlangen, dass sie tiriliert wie ein Kanarienvogel. Kurz: da passte garnichts mehr zusammen. Ich hab das sehr bedauert, denn „Tante Ria“ hatte viele Charakterzüge meiner beiden Großmütter Emma und Frieda.
Die Oma Biever in „Der Bulle und das Landei“ ist zwar weitaus rustikaler als meine eher damenhaften Großmütter, aber ich spiel’ auch diese Rolle sehr, sehr gern.
Und überhaupt: Über sechzig gibt es im Fernsehen doch fast nur „trotzdem“-Frauen; Frauen die „trotz ihres Alters“ noch irre sexy sind, sich „trotz ihres Alters“ nochmal verlieben oder „trotz ihres Alters“ nochmal was ganz Neues anfangen. Ich spiele lieber „wegen“ meines Alters...

Vielen Dank, Ulrike Bliefert, für die Beantwortung der Fragen.

Aber gern! Herzlichen Dank für die Fragen!

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