Interview mit Christian Herzog

Christian Herzog (c) Ralf H. Dorweiler

Hinter Christian Herzog steckt der Autor Ralf H. Dorweiler.

Geboren 1973 an der Loreley, überkam ihn schon als Jugendlicher die Lust zu schreiben. Seine viel beachtete Reihe mit Kriminalromanen veröffentlichte er, während er hauptberuflich als Redakteur für eine große Tageszeitung arbeitete. Der anschließende Erfolg seiner Historischen Romane bei einem bedeutenden deutschen Publikumsverlag ermöglichte es ihm, sich seit einigen Jahren ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit «AKTION PHOENIX» beleuchtet er neben der packenden Spannungshandlung die Frage, wie autoritäre Staaten die Menschen mit Mitteln der Propaganda beeinflussen. Eine Thematik, die auch im 21. Jahrhundert von brisanter Aktualität ist.

Carmen Vicari von CarmensBücherkabinett.de hat Christian Herzog einige Fragen gestellt:

Carmen Vicari: Lieber Ralf, oder soll ich lieber Christian sagen?

Christian Herzog: Christian wäre eigentlich korrekt, weil es in unserem Gespräch ja um AKTION PHOENIX gehen soll, den Roman, den ich unter dem Pseudonym Christian Herzog geschrieben habe. Aber wir beide kennen uns ja schon ziemlich lange, da kannst Du gerne bei meinem echten Namen Ralf bleiben. Es handelt sich sowieso um ein offenes Pseudonym, das heißt, es steht schon im Buch in der Vita, dass Ralf H. Dorweiler hinter Christian Herzog steckt.

Carmen Vicari: Zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem kleinen Interview bereitstehst.

Christian Herzog: Total gerne!

Carmen Vicari: Am 15.11.2023 ist Dein neuer Roman erschienen. Dieses Mal jedoch kein historischer Roman, sondern ein Thriller, der in Berlin, 1936 zu den Olympischen Sommerspielen spielt. Magst Du kurz erzählen, worum es darin geht?

Christian Herzog: In AKTION PHOENIX geht es um einen fiktiven Anschlagsplan auf die Olympischen Spiele in Berlin. Meine Protagonisten sind aus unterschiedlichen Gründen mit dieser Planung verbunden und stehen vor dem moralischen Dilemma, davon zu profitieren oder sich dagegen zu stellen und ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Bis zum Eröffnungstag der Spiele spitzt sich die Lage für alle drei bis zum Alleräußersten zu.

Unterschwellig schwingt in AKTION PHOENIX neben der ziemlich aufregenden Handlung immer auch die Frage mit, wie man in menschenverachtenden Zeiten Anstand, Haltung und Menschlichkeit bewahren kann.

Carmen Vicari: Woher kam die Idee zu diesem Thriller?

Christian Herzog: Bei Recherchen über die Macht der Propaganda bin ich schon vor Jahren auf Fotos gestoßen, die die Hindenburg zur Eröffnung der Spiele direkt über dem Stadion zeigen. Ich habe mich gefragt: Was, wenn der Zeppelin schon zu diesem Zeitpunkt explodiert und abgestürzt wäre? Und wenn es kein Unfall, sondern ein Anschlag gewesen wäre? Dieses Szenario hat mich lange Zeit beschäftigt, bis mir schließlich die Idee für ein wirklich unfassbares Komplott und dessen Hintergründe gekommen ist. Die Welt steht am Abgrund – und nur drei Menschen stemmen sich dem entgegen.

Carmen Vicari: Welche Faszination üben Zeppeline auf Dich aus? Im Buch spürt man jedenfalls, dass Du eine ganz besondere Beziehung zu dem Luftfahrtschiffen zu haben scheinst.

Christian Herzog: Ich war von diesen majestätischen Riesen schon immer fasziniert. Das hat sich gesteigert, je mehr ich über die Luftschiffe gelernt habe. Schließlich durfte ich selbst für das Buch in einem Zeppelin neuer Bauart mitfliegen. Mit dem damaligen Reisen ist mein Flugerlebnis allerdings nur bedingt vergleichbar. Die Hindenburg war Luxus pur in modernem Bauhaus-Ambiente: es gab frisch gekochte Spitzenmenüs samt passenden Top-Weinen für bis zu 70 zahlende Fahrgäste, musikalische Unterhaltung am Flügel, spritzige Cocktails in der eigenen Bar und Stewards, die einem jeden Wunsch von den Augen ablasen. Mit zwei bis drei Tagen Reisezeit nach New York war der Zeppelin deutlich schneller als jeder Liniendampfer – ein gewaltiger Vorteil in Zeiten einer Weltwirtschaft, die sich immer schneller drehte. Eigentlich schade, dass es diese Art des Reisens nicht mehr gibt. Aber die Katastrophe, als die Hindenburg 1937 bei der Landung in Lakehurst in Flammen aufging, war erstmal das Ende der Zeppelin-Luftschifffahrt.

Carmen Vicari: Im Buch werden immer wieder Plakate erwähnt, die Deine Protagonistin Anna zeichnet. Was hat Dich dazu inspiriert? Gab es reale Vorlagen und wie sahen Deine Recherchearbeiten zu dem Buch aus?

Christian Herzog: Ich habe mir für AKTION PHOENIX drei sehr unterschiedliche Charaktere als Protagonisten ausgesucht: Der eigentlich unpolitische Georg Finkbeiner fängt in seinem Traumberuf als Zeppelin-Steward an und wird Zeuge eines grauenhaften Verbrechens. In Berlin muss währenddessen Hermann Schmidt vom Propagandaministerium dafür sorgen, dass sich die Hauptstadt den Olympischen Besuchern im besten Licht präsentiert. Dabei stößt er auf ein perfides Komplott, das nicht nur seine kleine private Welt aus den Angeln hebt. Und dann haben wir eben noch die junge Kunststudentin Anna Kollmann, die zusammen mit ihren Freunden eher naiv versucht, den Unrechtsstaat mit Mitteln der Kunst in die Knie zu zwingen. Die von ihr entworfenen Plakate und Flugblätter hängt die Gruppe unter Gefahr für das eigene Leben in Berlin auf. Natürlich kreuzen sich irgendwann die Wege der Figuren – mehr oder weniger stark – , etwa weil Hermann gegen die Plakatierer vorgehen soll.

Die Plakate, die ich im Buch genau beschreibe, habe ich selbst entworfen, allerdings nach historischen Vorbildern aus der Zeit. Insgesamt habe ich versucht, das Leben 1936 für die Leserinnen und Leser möglichst greifbar werden zu lassen, was eine gewaltige Recherchearbeit bedeutet hat. Aber das liebe ich so am Schreiben: Mit jedem Buch selbst eine Menge dazulernen zu können!

Carmen Vicari: Bislang bist Du eher im historischen Genre unterwegs gewesen. Mit Christian Herzog hast Du nicht nur den Namen und den Verlag geändert, auch ist der Roman im Genre Thriller angesiedelt. Könntest Du Dir vorstellen, das Genre noch einmal zu wechseln?

Christian Herzog: Angefangen habe ich 2006 mit einer Krimireihe, die in Südbaden spielt. Dann kam der Wechsel zu den Historischen Romanen, jetzt zum Thriller. Ich will einfach gute Geschichten erzählen – und habe so viele Ideen. Wer weiß, was alles noch kommt? Vielleicht habe ich mal Lust, wieder einen richtigen Krimi zu schreiben. Oder ich begebe mich mal an meinen großen Wunsch, einen Science-Fiction-Roman umzusetzen. Ein Blick in die Zukunft statt in die Vergangenheit… Wie gesagt, Ideen sind reichlich vorhanden.

Carmen Vicari: Wie sieht ein normaler Arbeitsalltag bei Dir aus? Hast du Rituale beim Schreiben?

Christian Herzog: Das Schreiben selbst ist eigentlich ziemlich langweilig. Ich setze mich morgens mit einer Tasse Kaffee in meinem Arbeitszimmer an den Rechner und versuche, möglichst störungsfrei bis zum Mittag zu schreiben und zu recherchieren. Nachmittags folgt meist Büro, dann tippe ich gerne Abends noch ein bisschen, vor allem, wenn mir der nächste Abgabetermin im Nacken sitzt. Wenn ich nachdenken muss, gehe ich entweder zu unserem Pferd oder mache einen Spaziergang durch Bad Pyrmont.

Carmen Vicari: Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autor gewesen?

Christian Herzog: Ich kann die schönen Momente kaum zählen. Dazu gehört sicher der Tag, als ich nach einem Besuch auf der Frankfurter Buchmesse mit gleich drei Vertragsangeboten für meinen ersten Krimi nach Hause gekommen bin. Oder als ich erfuhr, dass der Wunderlich-Verlag AKTION PHOENIX als gebundenes Buch herausbringen will. Aber oft sind es auch die Erlebnisse mit Leserinnen und Lesern. Gestern kam auf einer Lesung eine Frau zu mir und zählte alle meine jetzt 16 Bücher auf, die sie in ihrem Bücherregal hat und immer wieder liest. So etwas bewegt mich total…

Carmen Vicari: Und zu guter Letzt: Wird es einen weiteren Thriller unter Christian Herzog geben?

Christian Herzog: Oh ja! Christian Herzog hat noch einiges vor! Aber auch Ralf H. Dorweiler ist weiterhin aktiv.

Carmen Vicari: Lieber Ralf, vielen Dank für Deine Zeit und das interessante Interview.