"Es lebe der Tod" auf der Parkinsel

Das Team des HR-TATORTs "Es lebe der Tod" reiste in Busstärke zur Premiere auf die Ludwigshafener Parkinsel. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Der Rhein leckt im Sommer des Jahres 2106 zur Eröffnung des Festivals des deutschen Films schmatzend an der Ludwigshafener Parkinsel. Die Wiese, auf der sonst kleine Zelte aufgebaut sind und den Rheinstrand, wo es sich so wunderbar entspannt auf Liegestühlen sitzen lässt, hat er bereits vollends in Besitz genommen. Aber den leicht höher liegenden Grund, auf den die Filmzelte stehen, lässt er noch frei. Er steht unter Beobachtung, sollte sein Pegel noch weiter steigen, wird es eng werden für das Festival.

So passt es denn, dass es zu Beginn im neuesten Hessen-TATORT mit Felix Murot regnet. Zwischen Gewitter-Szenen immer wieder das Gesicht Ulrich Tukurs in Nahaufnahme, der Schauspieler, der mit seiner Mimik soviel auszudrücken vermag. Gleich wird ihm in der Presse-Konferenz der Mann gegenüber sitzen, nach dem er sucht, der Mann, der fünf Menschen auf dem Gewissen hat. Ein Wahnsinniger, der sich als Erlöser sieht, das wird sich im Verlauf der weiteren Handlung erweisen. Aber wer ist dieser Mann? Er hat seine Spuren geschickt verwischt, und so dauert es eine Weile, bis das Team um Murot ihm auf die Schliche kommt und seine Identität aufdeckt. Nachdem der Mann in eine Falle getappt ist und verhaftet wird, will er einzig mit Murot sprechen – in der Gefängniskapelle. Der Mörder beschattet seine Augen, er ist abhängig von seinen Migräne-Tabletten. Bemerkenswert, wie die Kamera die Lichtempfindlichkeit des Mannes wiedergibt. Den Serienmörder spielt genial und absolut überzeugend Jens Harzer.

Aber es sind lediglich Indizien, die sie gegen ihn in der Hand haben, es fehlen gerichtsverwertbare Beweise. Murot aufgebracht: „Ich habe den Kerl hinter Gitter gebracht, nun sorgen Sie dafür, dass er da bleibt.“ Die Zeit läuft ihnen weg, um gegen diesen kranken Mann Beweise zu sammeln. Aber der weiß ohnehin schon, dass er nicht mehr lange zu leben hat, denn er ist krank. Er sagt sich zu deren Schutz von seiner Familie los, aber er hat noch einen letzten Trumpf in der Hand. Eine Live-Kamera zeigt das Bild einer jungen Frau, die sediert und gefesselt in einer Badewanne liegt. Unaufhaltsam läuft das Wasser, füllt die Wanne und lässt den Pegel ansteigen. Der Mörder bietet Murot einen Deal an: Nur er kann das Mädchen retten. Immer wieder wird das Kreuz aus der Gefängniskapelle eingeblendet, das Kreuz, das im Christentum als Symbol für den Märtyrertod Jesu steht, des Erlösers. Denn so sehr hat Gott die Menschen geliebt, dass er seinen Sohn für sie gab. „Vater, warum hast du mich verlassen?“ Das geht in aufflammenden Flashbacks auch Murot selbst durch den Sinn. Was wird Murot tun? Wird er sich auf den wahnsinnigen Deal, der ihm angeboten wird, einlassen?

Was ist überhaupt los mit Murot? Zu seiner eigenen Geburtstagparty, die die Kollegen für ihn organisiert haben, geht er nicht. Bilder an die Auffinde-Situation seines Vaters, der sich während seiner Kindheit in den Suizid begab, überschwemmen ihn. Murot ist einsam, hat keine Freude mehr am Leben. Wer ihn ausspioniert, kann das leicht erkennen. Ist Murot selbst des Lebens überdrüssig? Genau hier setzt der wahnsinnige Mörder an. Braucht Murot einen Helfer, der ihm den vermeintlich richtigen Weg weist? Jemand, der ihm hilft, ihn von seinem Leiden am Leben zu erlösen? Er könnte sogar jemand erretten mit seinem Tod, denn der Mörder gäbe dann das Versteck des Mädchens preis, das zu ertrinken droht. Lohnt sich sein Opfertod, um „einen Gerechten“ zu retten?

Das HR-TATORT-Team war in Busstärke nach Ludwigshafen gereist. Ein Teil des Teams nahm zum anschließenden, bestens besuchten, Podiumsgespräch auf der Diskussionsbühne Platz: Drehbuchautor Erol Yesilkaya, Schauspielerin Barbara Philipps (Murots Kollegin Magda), Jörg Himstedt (HR), Liane Jessen (HR), Regisseur Sebastian Marka, Produktionsleiter Ulrich Dautel, Kameramann Armin Alker sowie Musiker Thomas Mehlhorn. Eingerahmt von Rüdiger Suchsland und Günter Minas, die das Gespräch moderierten.

Für Drehbuchautor Erol Yesilkaya war es der erste Murot-TATORT, für den er die Vorlage schrieb. Redakteur Jörg Himstedt erzählt, dass beim Entstehen des hessischen TATORTs früh versucht werde, von Anfang an Buch und Regie mit ins Boot zu holen und alles gemeinsam zu entwickeln. Bei MUROT gehe es darum, alles auszuloten, was gehe, das sei auch mit dem Hauptdarsteller Ulrich Tukur so abgesprochen. Liane Jessen ergänzt, sie arbeiten alle in einem kreativen Umfeld zusammen. Die Tukur-Tatorte seien alle Meta-Tatorte, Felix Murot ein Kommissar, der bei der Spurensuche auch die Spur zu sich selbst suche. Wenn er in einen Abgrund schaue, blicke er dabei auch immer in seinen eigenen Abgrund. Des Weiteren erläutert sie die Vorteile, der darin liege, dass der HR selbst den Tatort produziert. Sie säßen alle im Sender und könnten deshalb die wildesten Filme produzieren.

Kameramann Armin Alker klärt das Publikum über den handwerklichen Hintergrund der besonderen Bilder dieses Filmes auf und gibt Einblicke in seine Arbeit.

Sämtliche Infos zum Festival des deutschen Films findet ihr hier

Lebhafte Podiumsdiskussion im Anschluss an die Premiere von "Es lebe der Tod". Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Schauspielerin Barbara Philipp, die die weibliche Hauptrolle im Murot-TATORT spielt, mit Regisseur Sebastian Marka. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Schmatzend leckt der Rhein an der Parkinsel. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz