Tod eines Bankers

Ich habe meinen ersten Krimi geschrieben. Vielleicht greift ja der ein oder andere zu und unterhält sich leidlich. Zur Anregung hier eine kurze Leseprobe:

Er hielt der Angestellten seinen Ausweis entgegen, nannte Dienstgrad und Namen, nuschelte etwas von rechter Hand und zeigte dabei auf Bettina, die etwas versetzt hinter ihm stand. »Wir interessieren uns für einen weiblichen Passagier, der vor ein paar Tagen auf Sylt gelandet ist.«

Die Angestellte hinter dem Tresen schaute ihn an. Er verstaute seinen Ausweis und sagte: »Die Dame heißt Annika Imhoff. Wenn Sie bitte nachsehen würden. Freitagabend oder Sonnabendvormittag.«

»Die Imhoff?«, kam die Gegenfrage, »die Frau des ermordeten Bankers?«

Lars nickte mit dem Kopf.

»Warten Sie!« Sie griff die Maus mit rechts und vollführte einige Bewegungen auf dem Pad. Kurze Zeit später hatte sie den Namen auf einer der Passagierlisten gefunden und verkündete das Ergebnis: »Ja! Hier! Sonnabend. Lufthansaflug LH222. Ankunft: 8:30 Uhr. Die Maschine war pünktlich.«

Einen Moment war Ratlosigkeit.

»Hören Sie!«, meinte er dann. »Kann man sicher sein, dass alle Passagiere auf der Liste auch wirklich geflogen und angekommen sind?«

»Nein«, war die Antwort, »Es kommt immer mal wieder vor, dass Leute den Flug kurzfristig stornieren oder einfach nicht zum Abflug erscheinen und die Passagierliste nicht angeglichen wird – aus welchen Gründen auch immer.«

»Wollen Sie damit sagen ... «. Er suchte nach Worten. »Wollen Sie damit sagen, es wäre möglich, dass Frau Imhoff doch nicht am Sonnabendmorgen um 8:30 Uhr hier angekommen ist?«

»Genau! Wäre möglich. Theoretisch.«

»Wie kann man das feststellen?«

Man konnte ihr anmerken, dass ihr die Fragerei ein klein wenig auf die Nerven ging. Andererseits aber war ihr klar, wie man Gäste, und die Polizei allemal, zu behandeln hatte. Sie überlegte. »Beim Check-in«, sagte sie dann. Zur Kontrolle warf sie einen Blick auf die Flugverbindung, »in Frankfurt.«

Der Andrang am Flugschalter war überschaubar. Genau genommen gab es keinen, so dass Keller ungeniert weiter fragte: »Würden Sie vielleicht ...? Sie kennen sich aus.«

»Was meinen Sie?« Entweder war sie schwer von Begriff oder sie tat so, weil Lars sich nicht klar ausdrückte.

»Na, da in Frankfurt anrufen und sich nach dem Passagier Annika Imhoff erkundigen. Hat sie eingecheckt oder nicht?«

Wieder überlegte sie einen Augenblick, als gäbe es möglicherweise Gründe, die dagegen sprachen, dem Polizisten zu helfen. Dann aber: »Ja. Warum nicht? Ist ja´n bisschen Luft am Schalter im Augenblick.«
Ein Griff zum Hörer. Und dann wählte sie die Nummer. Immerhin aus dem Kopf, registrierte Keller. Sie musste also oft Kontakt zum Check-in am Frankfurter Airport haben.

Sie trug ihr Anliegen vor und wartete, schaute einige Male hoch und lächelte Keller an, denn es dauerte eine geraume Zeit, bis man an der Reaktion der Frau merken konnte, dass Bewegung in die Sache gekommen war.

»Vielen Dank für Eure Hilfe! Ich revanchiere mich bei Gelegenheit«, sagte sie, beendete das Gespräch und legte den Hörer auf.

Dann schaute sie den Polizisten mit einem kleinen Lächeln an, erhob sich von ihrem Sitz und verließ den Raum durch die Tür hinter dem Tresen.

Lars drehte sich zu Bettina um. Machte eine hilflose Geste. »Was ist los? Was soll das?«, meinte er. »Hat sie verstanden, was ich wollte?«

Kaum hatte er ausgesprochen, erschien die Dame mit einem Schriftstück in der Hand und gesellte sich wieder zu den beiden Ermittlern am Tresen.

»Ich habe hier die Passagierliste vom Frankfurter Check-in für LH222. Haben mir die Kollegen eben gefaxt. Ich darf sie Ihnen natürlich nicht aushändigen. Datenschutz. Sie verstehen. Aber ich sehe sie mir gleich an.«

»Geh´mal vor die Tür«, meldete sich Bettina. »Muss mir die Beine vertreten.« Lars drehte sich zu ihr um und nickte zustimmend. Aha, dachte er. Rauchen.

In der Zwischenzeit hatte die Mitarbeiterin des Sylter Airports die Liste kontrolliert und hob jetzt den Kopf. »Es tut mir leid«, sagte sie, »Annika Imhoff ist nicht mit LH222 auf Sylt gelandet.