Volker Kutscher im Karlstorbahnhof

Volker Kutscher im Heidelberger Karlstorbahnhof. © Claudia Schmid, Kriminetz

Der Schriftsteller Volker Kutscher las in der neu eröffneten Krimi-Reihe im Heidelberger Karlstorbahnhof. Er hatte „Märzgefallene - Gereon Raths fünfter Fall“ ins Kulturhaus mit dem besonderen Ambiente mitgebracht. Die Serie um den Kriminalkommissar Gereon Rath handelt im Berlin der 30er-Jahre. Politisch spannende Jahre, in denen viel passierte. Kutscher fängt die Stimmung, gespiegelt in den Personen, gekonnt in seinen Romanen ein. Die Lesung beginnt mit einer Passage über den Journalisten Berthold Weinert, der, nebenbei bemerkt, auf einer Remington schreibt. Weinert hört, in seinem Büro sitzend, die Feuerwehr. Sofort ahnt er, auf der Spur einer todsicheren Geschichte zu sein und radelt hinterher. Gegen starken Wind geht es in Richtung Reichstag. Die riesige Kuppel leuchtet in die diesige Winternacht. Der Reichstag brennt.

Problemlos kommt er ins Gebäude, denn Weinert versteht es, sich wie ein Bulle zu geben, das hat er sich von seinem Nachbarn Gereon abgeschaut. Im Abgeordnetensaal erwartet ihn ein Szenario, das der Vorstellung gleicht, die Weinert von der Hölle hat. Mitten in dem Durcheinander trifft er auf Göring, den Reichstagspräsidenten, der ihn auch prompt wutschnaubend packt.

Volker Kutscher trägt souverän und mit angenehmer Stimme vor. Die Sprache seines Textes ist klar und präzise. Er stellt nun eine weitere seiner Figuren vor: Charly, die Verlobte Gereons. Sie ist ebenfalls bei der Polizei. Denn damals gab es im Berliner Polizeipräsidium bereits weibliche Kriminalpolizistinnen, die sich jedoch hauptsächlich um „gefallene“ Jugendliche zu kümmern hatten. Charly macht das relativ lustlos. Deshalb freut sie sich auch sehr über eine Anfrage der Mordkommission. Wenige Tage vor dem Reichstagsbrand wurde ein Mordopfer gefunden. Charly wird angefragt, um in diesem Zusammenhang ein 16jähriges Mädchen zu vernehmen.

Charly ist eine spannende Figur, die einem schon beim Zuhören während der Lesung in ihren Bann zieht. Während in Berlin der Reichstag brennt, brennt in Köln etwas anderes! Gereon ist in seine alte Heimatstadt gefahren, um dort ausgiebig Karneval zu feiern. Was ihm denn auch gelingt. Eigentlich will er mit seinem Trauzeugen Paul die anstehende Hochzeit mit Charly vorbereiten, da bricht eine der „schlechten“ Seiten aus Gereon hervor, mit denen der Autor ihn ausgestattet hat. „Es war einmal ein treuer Husar“ schmettert es noch in der Kneipe, als Gereon bereits mit der „wilden Hilde“ an der Hand nach draußen geht und sich auf eine nicht ganz legale Weise einen Übernachtungsort für seinen Seitensprung organisiert. Der Morgengang durch das verschmutzte Köln verlangt denn auch nach einem kräftigen, reinigenden Regenguss.

„Reichstag in Flammen – Holländischer Kommunist verhaftet“, so lautet die Schlagzeile auf Gereons Morgenlektüre. Bald schon wird er von Köln in seine neue Heimat zurückbeordert, denn für die Berliner Polizei gilt Urlaubssperre. Vor der letzten Passage, die der Autor an diesem Abend vorträgt, kündigt er an: „Hier kriegen Sie endlich Ihren Mord, den Sie bei einer Krimi-Lesung erwarten“, und entführt das Publikum nach Potsdam, wo der Mörder „sein Werk wie ein Maler ein abgeschlossenes Gemälde betrachtete“.

Im anschließenden Gespräch mit dem Publikum gibt der Schriftsteller bereitwillig und bestens gelaunt Einblick in seine Arbeit und ihm ist anzumerken, dass er sie gerne macht. Er erzählt von der anstehenden Verfilmung: Tom Twyker wird eine Adaption von „Der nasse Fisch“ verfilmen, mehr Details dazu wird auf einer Pressekonferenz im Februar bekannt gegeben. Volker Kutscher räumt aber bereits ein, dass er mit der Auswahl der Darsteller, die er noch nicht verrät, sehr zufrieden sei. Nachdem auf alle Fragen ausgiebig eingegangen wurde, nimmt er vor der schwarzen Bühne, in deren Hintergrund rotes Licht leuchtete, am Signiertisch Platz. Der wird prompt sofort vom begeisterten Publikum umlagert, das ihm lang anhaltenden Applaus spendet.

Ein Interview mit Volker Kutscher auf Kriminetz folgt demnächst.

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