Sieben Fragen an Roland Spranger

Der Roman- und Theaterautor Roland Spranger. Foto: © Claudia Schmid, Kriminetz

Der Autor Roland Spranger, geboren 1963, lebt in Hof und ist Vater von drei Kindern. Er arbeitet als Betreuer in Wohneinrichtungen für geistig Behinderte und gründete 1987 die Theatergruppe Larpurlahr, in der er bis 2002 als Regisseur und Schauspieler aktiv war. Die meisten seiner Theaterstücke sind im Hartmann & Stauffacher Verlag (Köln) erschienen. Neben Kurzgeschichten hat er drei Romane veröffentlicht.

1994 fand der Autor lobende Erwähnung bei der Vergabe des Dramatikerpreises der Theatergemeinden wegen „besonderer Qualität.“ 1998 folgte eine Einladung zu den Autorentheatertagen am Staatstheater Hannover durch die Jurorin Petra Kohse („TAZ“). Für seinen Kriminalroman Kriegsgebiete, erschienen im Bookspot-Verlag, erhielt Roland Spranger den Friedrich Glauser-Preis 2013 in der Sparte Bester Roman.

Roland Spranger ist Mitglied im Syndikat. Seit 2013 ist er Gastgeber der Talkshow Nachtgebiete – GWAAF zer Nacht.

Für Kriminetz beantwortete Roland Spranger sieben Fragen.

Kriminetz: In deinem Roman „Kriegsgebiete“ thematisierst du die Welt eines Kriegsheimkehrers aus Afghanistan. Die Heimkehrer aus dem 2. Weltkrieg hatten keinerlei Möglichkeit für eine psychologische Aufarbeitung, die Traumatisierung begleitete sie unverarbeitet durch ihr restliches Leben. Ich erinnere mich an einen Lehrer während meiner Grundschulzeit, der im Krieg verletzt worden war. Hattest du auch solche Berührungspunkte?

Roland Spranger: Natürlich. Kriegsversehrte Lehrer hatte ich auch. Als Schüler haben wir schnell den Schalter gefunden. Mal eben die Frage gestellt: „Wie war das eigentlich in Russland?“ - und schon gab es 45 Minuten Kriegserlebnisse statt einer benoteten Abfrage. In der letzten Reihe haben dann immer ein paar Mitschüler Karten gespielt. Allerdings geht es schon noch ein wenig tiefer: Ich stamme mütterlicherseits aus einer sudetendeutschen Familie. Mittlerweile ist ja erwiesen, dass Kriegstraumata unbewusst über Generationen weitergegeben werden. Was das mit mir zu tun hat, wurde mir erst so richtig bewusst, als ich für mein Stück „Hungerleider“ recherchierte, in dem es um Flucht und Vertreibung während oder nach dem 2. Weltkrieg geht. Ich finde übrigens überhaupt nicht, dass wir heute psychologisch gut aufgestellt sind, wenn es um Krieg geht. Und das ist auch gut so. Deshalb wird ja nach wie vor geschönt und gelogen, wenn es um die Darstellung internationaler Konflikte geht. Na, gut – für die Lügen gibt es auch noch andere Gründe.

Kriminetz: Du arbeitest nicht nur als Roman-, sondern auch Theaterautor. Worum geht es dir in deiner Theaterarbeit? Was willst du bei den Zuschauern bewirken?

Roland Spranger: Zunächst mal will ich bewirken, dass die Zuschauer im Theater nicht einschlafen. Da unterscheidet sich meine Haltung beim Verfassen eines Stücks nicht von der eines Romans: Ich mache keinen Bogen um schwierige Themen, aber ich versuche trotzdem den Leser zu unterhalten. Selbst in meinem Stück „Hungerleider“, in dem es ja um Flucht, Vertreibung und Kriegsverbrechen geht, wurde viel gelacht. Bei den Themen bin ich nicht festgelegt: Gerade habe ich ein Jugendstück über „Legal Highs“ (Kräuterdrogen) geschrieben, das im November vom Theater Ansbach uraufgeführt wird. Als nächstes folgt ein Stück zum Themenkomplex „Arbeit & Macht“. Das könnte auch rocken. Das ist mir wichtig. Nachdem ich zu blöd zum E-Gitarre-Spielen bin, muss ich das literarisch kompensieren.

Kriminetz: Wenn Reise- und Hotelkosten keine Rolle spielen würden – wenn hättest du gerne als Gast in deiner Talkshow „Nachtgebiete“? Und was heißt „GWAAF zer Nacht“?

Roland Spranger: „Gwaaf“ ist ein fränkischer Dialektausdruck, den man leichtfertig mit „Quatschen“ übersetzten könnte, aber die emotionale Bedeutung des Begriffs nicht ganz trifft. Es ist tiefsinniger als “Small Talk”. Kann aber mit “Gedankenaustausch” nicht wirklich mithalten, weil es zu oft um einen selbst geht oder um schutzlose Dritte – trotzdem ist GWAAF irgendwie philosophisch. Vor allem nach drei Bier. „Gwaaf“ wird aber auch oft negativ gebraucht, wenn man jemandem widersprechen will, weil er nicht ganz bei der Wahrheit bleibt oder einfach keine Ahnung hat. So geht es in meiner Talk-Show auch in schnellem Wechsel oft informativ, schwachsinnig oder streitlustig zu. Ganz echtes Leben ohne Kamera. Wir haben meistens drei Gäste. Wenn Kosten keine Rolle spielen und auch die Ausgaben für eine Zeitmaschine decken, wären meine nächsten Gäste Oscar Wilde, Buster Keaton und Jeanne d'Arc.

Kriminetz: Du hast einen Beitrag in dem von Petra Steps herausgegebenem Kriminellen Reiseführer „Wer mordet schon im Vogtland?“ verfasst. Wo ist dein Lieblingsplatz im Vogtland?

Roland Spranger: Ich hab sogar zwei Beiträge verfasst. Einer spielt im thüringischen, einer im fränkischen Teil des Vogtlands. Das Vogtland hat viele malerische Ecken und ein paar sind auch ganz schön kafkaesk. Mein Lieblingsplatz ist streng geheim. Ich werde ihn auf keinen Fall verraten, um dort möglichst weiter ungestört zu sein. Leute, ein bisschen Entdeckergeist muss sein: Findet euren eigenen Platz.

Kriminetz: Christiane Geldmacher habe ich kürzlich gefragt, wo sie ihren Glauser-Preis platziert hat. Bei ihr steht er auf dem Schreibtisch. Wo ist deine Skulptur gelandet?

Roland Spranger: Der hatte wechselnde Orte. Manchmal habe ich ihm sogar Auslauf auf der Terrasse gegeben. Derzeit steht er griffbereit über dem Schreibtisch. Falls der Einbrecher kommt. Ich hab ja noch das klassische Design mit der behandschuhten Hand, die nach dem … ähm … Monolithen greift. Liegt gut und schwer in der Hand.

Kriminetz: Der Vogtland-Stammtisch des Syndikats scheint sehr rege zu sein. Was macht ihr alles im Kollegenkreis gemeinsam?

Roland Spranger: Gemeinsame Restaurantbesuche. Gemeinsame Lesungen. Es gibt sogar bedruckte Tassen für alle. Spaß beiseite. Ich besuche ja regelmäßig einen weiteren Krimiautoren-Stammtisch: Nämlich den fränkischen. Naturgemäß mit wesentlich mehr Teilnehmern. Zu zwei Stammtischen zu gehören , ist schon irgendwie bemerkenswert. Vielleicht sollte ich mal mit meiner Therapeutin darüber sprechen. Das Besondere am Vogtland-Stammtisch ist vermutlich nicht, was wir machen, sondern dass diese kleine Schar überhaupt zusammenkommt. Das Vogtland ist ja eine Region in mehreren Bundesländern (Bayern, Sachsen, Thüringen) und einem winzigen Teil von Tschechien. Sie war jahrzehntelang durch den Eisernen Vorhang getrennt. Das merkt man zum Teil auch jetzt noch. Bei einer Lesung letztes Jahr in Sachsen sagte der sehr nette Veranstalter zu mir: „Für uns war das ja auch eine Premiere“. Zunächst verstand ich nicht so recht, was er damit meinte. Wie sich herausstellte, war ich der erste Künstler aus dem „Westen“.

Kriminetz: Welches Thema treibt dich zurzeit um?

Roland Spranger: Jetzt mal außer Fußball? Das Schicksal der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer. Warum kriegen Menschen in sozialen Berufen keine Bonuszahlungen? Und leider als Dauerthema: Warum ist die Trennlinie zwischen Zivilisation und Barbarentum eigentlich so durchlässig?

Vielen Dank, Roland Spranger, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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