Sieben Fragen an Markus Stromiedel

Porträt von Markus Stromiedel. Fotograf: Volker Lannert (Bonn, 2008)

Die Drehbücher von Markus Stromiedel sind aus dem deutschen Krimifernsehen nicht mehr wegzudenken. Für die beliebte Reihe „Stubbe: Von Fall zu Fall“ hat er bereits mehrere Drehbücher verfasst, ebenso für die Reihen „Tatort“, für „Soko Leipzig“, für„Großstadtrevier“ und viele andere. Er ist der Erfinder des Tatortkommissars Borowski, gespielt von Axel Milberg, und des „Staatsanwalts“, verkörpert von Rainer Hunold. Mit „Die Kuppel“ ist nun Stromiedels aktueller Thriller im Droemer-Verlag erschienen.

Für Kriminetz.de beantwortete der Autor sieben Fragen.

Kriminetz: : Ist der Rahmen, der beim Drehbuchschreiben vorgegeben ist, eine Hilfe oder eine Begrenzung bei der Arbeit?

Stromiedel: Ich empfinde den festen Rahmen eines Drehbuches nicht als Begrenzung, sondern als eine Herausforderung. Der grundsätzliche Ablauf eines TV-Krimis steht fest, mit seinen Regeln und mit seinen Zwängen – hier trotzdem eine spannende Geschichte zu finden, das ist der Reiz! Die Zuschauer sind sehr trainiert, sie zu überraschen ist nicht einfach. Wenn man erst einmal die Regeln eines TV-Krimis drauf hat und die technischen Zwänge einer Filmproduktion kennt, dann können diese Regeln durchaus Hilfe sein, weil sie wie ein Geländer wirken, an dem man während seines Krimis entlanggeht. Aber bloß nicht zu fest daran festhalten! Meine größten Erfolge im Fernsehen habe ich mit jenen Filmen gehabt, die die festgesetzten Regeln gezielt brechen und Grenzen überschreiten.

Kriminetz: Freut sich der Regisseur über die Anwesenheit des Drehbuchautors am Set oder wird das eher skeptisch gesehen?

Stromiedel: Wenn die Bucharbeit mit dem Regisseur gut und konstruktiv war, dann ist der Drehbuchautor am Set gerne gesehen – allerdings als Besucher, nicht als Kommentator! Denn jetzt ist der Regisseur am Zug, das Set ist sein Revier, hier tobt er sich mit seinem Team kreativ aus. Allerdings wird sich jeder gute Regisseur der kritischen Meinung des Autors nicht verschließen, so lange das Gespräch unter vier Augen und nicht vor den Ohren des Filmteams stattfindet. Mein Verhältnis zu den Regisseuren ist in der Regel sehr gut. In einigen Filmen habe ich sogar kleine Rollen übernommen.

Kriminetz: Welches ist die reizvollere Aufgabe: Drehbuch oder Krimi?

Stromiedel: Ich möchte keinen der beiden Arbeitsbereiche missen. Ich liebe es, Drehbücher zu schreiben, weil ich Filme mag und den Arbeitsprozess mit kompetenten kreativen Partnern gut finde. Als Krimiautor arbeitet man monatelang alleine an einer Geschichte – das kann ganz schön einsam sein, und da freue ich mich irgendwann, wenn ich mal wieder ein Drehbuch schreiben kann. Als Drehbuchautor trifft man sich immer wieder zu Gesprächen, das ist in der Regel sehr inspirierend. Nach einer Drehbucharbeit jedoch bin ich meistens froh, wenn ich wieder in aller Ruhe einen Krimi scheiben kann und mir niemand in meine Geschichte hineinredet ...

Kriminetz: „Tatort Hexentanz“, Wiederholung auf NDR am 21.4.2012. Nochmals angeguckt?

Stromiedel: Nein, leider nicht. Eigentlich schade. Ich muss unbedingt die DVD mal wieder rausholen und ansehen …

Kriminetz: Der aktuelle Roman „Die Kuppel“ spielt im Jahre 2035. Wie entstand die Idee, einen Zukunftsroman zu verfassen?

Stromiedel: Ich finde es wahnsinnig faszinierend, mir vorzustellen, wie sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt. Wie werden wir in Zukunft leben? Wie verändert sich Europa und die Welt, wenn all die Dinge, die von Wissenschaftler vorhergesagt werden, tatsächlich eintreten? Das finde ich spannend, und deshalb ist die nahe Zukunft für mich der perfekte Ort für einen packenden Thriller. Denn zur eigentlichen Thrillerhandlung kommt der Kitzel hinzu, diese fremde und doch vertraute Welt kennenzulernen. Wie schnell sich unsere Gesellschaft entwickelt, merke ich übrigens an meinen ersten beiden Büchern „Zwillingsspiel“ und „Feuertaufe“: Vieles von dem, was ich dort entworfen habe, ist heute fast schon Realität. Ich bin sehr gespannt, wie lange es dauern wird, bis „Die Kuppel“ von der Wirklichkeit eingeholt wird.

Kriminetz: Wie realistisch sind die Überwachungsmöglichkeiten, welche in „Die Kuppel“ visioniert werden?

Stromiedel: Sehr realistisch, schon heute. Wir sind längst zum gläsernen Bürger geworden, dank der freiwillig von uns getragenen „Ortungswanzen” (so nennt der „Chaos Computer Club” treffenderweise unsere Handys). Und wir helfen auch noch weiter mit dabei, dass sie vieles von uns wissen, dank Twitter und Facebook. Was das konkret bedeutet, kann man sich gut auf einer Seite der Wochenzeitung »Die Zeit« ansehen ...

Kriminetz: Was liest der Autor Markus Stromiedel selbst zur Entspannung?

Stromiedel: Ich lese leider viel zu wenig, da ich nichts lesen darf, wenn ich selber schreibe – ich habe nämlich bemerkt, dass ich beim Schreiben unbewusst den Stil des Autors übernehme, den ich lese. Und das geht natürlich nicht. Daher lese ich nur in den Pausen zwischen zwei Büchern oder in den Ferien, und dann meistens Bücher von netten Kollegen, die ich kenne und deren neusten Werke mich interessieren. Aktuell warten auf meinem Bücherstapel Bücher von Kai Hensel („Das Perseus Protokoll“) und von Markus Heitz („Oneiros“). Bin sehr gespannt!

Kriminetz: Vielen Dank, Markus Stromiedel, für das Interview!

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Im Gespräch mit Markus Stromiedel (Criminale 2016). Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz